Eine verlaessliche Frau
den schweren Brokatvorhängen schüttelte. Und in der ganzen Zeit vergaà sie es nicht. Ihr Zorn lieà nie nach. Das blaue Fläschchen war ihre Waffe, der Schlüssel zu der endlosen Pracht, der schläfrigen Majestät des Hauses.
Sie nähte ihr graues Seidenkleid nach einem harmlosen Schnittmuster aus einem Handbuch für Damen. Sie kam sich tölpelhaft vor, als sie in den Spiegel schaute, als wüsste sie nicht mehr, wofür sie sich ankleidete. Die Tage krochen vorüber. Nie hörte es auf zu schneien.
Sie wurden von einem Friedensrichter getraut, im Wohnzimmer des Farmhauses. Im Kamin brannte ein mittägliches Feuer. An diesem Tag klarte das Wetter auf, und im Hof standen zwei Kutschen. Zwei Paare sahen schweigend zu, während sie die Worte sagten. Sie unterzeichneten im Buch des Friedensrichters mit ihren Namen als Trauzeugen. Sie aÃen mit ihnen zu Mittag und fuhren wieder. Es hätten auch völlig Fremde sein können.
Ralph Truitt sah sie nicht an. Sie war nur der erste Schritt. Sie selbst war unwichtig, unbedeutend für ihn jetzt. Dass sie schön war, war gleichzeitig anziehend und irritierend, ein Aspekt ihrer Nützlichkeit. Er wollte seinen Sohn zurück.
Der Nachmittag war endlos. Sie waren beide verunsichert. Es schien, als wären sie Fremde. Sie sprachen nicht miteinander. Catherine versuchte, etwas Klavier zu spielen, aber sie war so erschöpft, dass sie kaum ihre Finger rühren konnte. Der gelbe Diamant funkelte an ihrem Finger, die erste Beute ihres Diebstahls. Ralph las am Kamin, steif in seinem Hochzeitsanzug. Im Haus war es kalt. Der Schnee reflektierte die Sonne. Truitt starrte in die endlose Landschaft, während das Licht schwächer wurde. Beim Abendessen stocherten sie in dem Essen herum, das von der schweigenden Mrs. Larsen aufgetragen wurde. Dann gingen sie die Treppe hoch und gemeinsam ins Bett.
»Du musst mir helfen. Ich bin nicht â¦Â«
Er hörte sie nicht, und er konnte sie nicht hören. Ganz still lag sie im Bett seines Vaters, und er drang in sie ein und glaubte fast, dass sie noch Jungfrau war.
Sie war sein, sie war unendlich, sie war ein ganzes Reich von Düften und Flächen und kleinen Seufzern.
Sie war seine Frau. Er berührte sie mit seinen Händen, er küsste sie mit der Zunge, und sie bewegte sich so geschmeidig wie Wasser unter ihm, so warm wie ein Bad. Die erste Berührung ihrer nackten Haut lieà ihn nach Luft schnappen, weil er sich wieder an alles erinnerte, was er sich so viele Jahre versagt hatte.
Jedes Mal fragte er sie um Erlaubnis, wenn er weitermachen wollte, und sie flüsterte ihm schüchtern ein »Ja« ins Ohr. Er hatte die Tiefe und die Kompliziertheit seiner eigenen Leidenschaft tatsächlich vergessen, und jetzt überflutete sie ihn mit Wärme und Güte.
Catherine kämpfte gegen ihre eigenen Begierden an. Sie vergaà ihre vielen gekonnten Lockmittel. Hier ging es nicht um sie, und das war auf einmal eine Erleichterung. Sie erinnerte sich daran, dass sie eine Rolle spielte, und sie spielte sie gut.
Sie hatte sich daran gewöhnt, die Frau zu sein, die die Männer sich wünschten, und sie wusste, dass Ralph noch einmal von vorn beginnen wollte, mit einer Frau, die naiv und schüchtern war und sich nur in kleinen, vorsichtigen Schritten hingab, und sie machte es so gut, ja, so gut, dass sie an ihre eigene Lüge zu glauben begann. Er war nicht der erste Mann, der wollte, dass seine eigene Begierde im Mittelpunkt stand und dabei wenig an sie dachte, sie nur als ein notwendiges Mittel für sein eigenes blindes Tasten betrachtete. Sie wurde das, was er wollte, und war dann überrascht, dass sie, in gewisser Weise, genau das Gleiche wollte.
Seine Wärme überflutete sie. Seine Meisterschaft in den Wegen und Techniken der Liebe erregte sie. Sie hatte, selbst nach der Geschichte über seine jugendlichen Exzesse, erwartet, sich zu langweilen, sich so zu langweilen, wie sie es immer tat, aber die Landschaft seines Körpers war vielfältig und abwechslungsreich und erregend auf eine Weise, die sie, ohne nachzudenken, sofort empfand. Sie wusste, dass ihn einstweilen ihre Schlichtheit erregte und ihn glauben machte, dass er wieder jung sei und dass ihm all der Zauber und der Charme blinder Zuneigung wieder zur Verfügung stünden.
Er war Sicherheit. Er war Schutz. Er war leidenschaftlicher und liebevoller, als sie gedacht hatte, und sie spürte,
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