Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
Emma und er ihnen vorhin geboten hatten. Es war nicht wirklich seine Angewohnheit, einer Frau seine Aufmerksamkeiten – oder Küsse – aufzuzwingen, sei sie nun Schottin oder Engländerin. Als er lang genug aufhörte, finster in Richtung Bach zu starren, um seinem Cousin einen Blick zuzuwerfen, winkte Bon ihm geziert zu und warf ihm eine spöttische Kusshand zu.
Statt Bon mit bloßen Händen den Hals umzudrehen, wandte Jamie sich ab und kontrollierte das Zaumzeug seines Pferdes. Sie hatten hier genug Zeit verplempert. Sie mussten die höheren Regionen des Berges erreichen, falls er sich in seiner Einschätzung geirrt hatte und der Hepburn sich doch entschloss, ihnen seine Leute hinterherzuschicken, noch bevor die Lösegeldforderung eintraf.
Er begann sich allmählich Sorgen zu machen, dass Emma Graeme mit einem Stein eins übergezogen hatte und jetzt gerade fröhlich den Berg hinunterlief, als sie am Rand der Lichtung auftauchte, mit ein paar Schritten respektvollem Abstand gefolgt von dem jungen Burschen.
Die Zügel entglitten Jamies Fingern, die mit einem Mal taub geworden waren. Als er die Braut des alten Hepburn das erste Mal gesehen hatte, wie sie vor dem Altar in der Kirche stand, hatte sie so blass und temperamentlos ausgesehen wie ein Lamm, das zum Schlachter geführt wurde. Er hatte angenommen, es sei die Angst vor ihm gewesen, die dafür sorgte, dass ihr alles Blut aus den Wangen wich und sie aussah, als trüge sie ein Sterbehemd statt ihr Hochzeitskleid.
Aber wenn dem so war, dann war sie auf die Lichtung als unerschrockene Frau zurückgekehrt. Die frische Brise hatte Rosen in ihre Wangen gezaubert und in ihren blauen Augen ein Funkeln entzündet. Ihre helle Haut mit dem zarten Hauch kupferfarbener Sommersprossen schien unter dem Sonnenlicht zu strahlen. Auch wenn ihre schmalen Füße von den schweren Lederstiefeln nach unten gezogen wurden, hatte ihr Gang etwas Beschwingtes.
Aus dem Augenwinkel sah er, dass Bon der Mund offen stand. Sein Cousin hatte keine Ahnung gehabt, dass Jamie seine Satteltaschen geplündert hatte, während er kurz im Wald gewesen war. Selbst Bon würde zugeben müssen, dass Emma in den Kleidern um einiges besser aussah, als er das tat. Sie waren an ihrer zierlichen Figur viel kleidsamer, ließen sie wie eine Waldelfe aussehen, die nach einem hundertjährigen Erholungsschlaf gerade erst aus einem hohlen Baumstamm gestiegen war.
Als sie näher kam, glitt Jamies Blick zu ihren Lippen. Lippen, die nun schon zweimal unter seinen praktisch dahingeschmolzen waren, und das mit einem Eifer, den er nie erwartet hätte. Dabei hatte sie ihm einen verführerischen Vorgeschmack auf eine Unschuld und zugleich einen Hunger gegeben, die sich in ihren Augen widerspiegelten, wann immer sie ihn ansah. Sein Körper schmerzte noch von der Erinnerung daran. Es war sehr lange her, seit er eine Frau geküsst hatte, ohne mehr zu erwarten – oder zu empfangen.
Sie kam noch näher, und er setzte eine unbeteiligte Miene auf.
»Ich nehme an, ich muss Ihnen für das Haarband danken, Sir«, bemerkte sie. »Der Wind hatte mein Haar völlig zerzaust.«
»Es war nicht als Geschenk für Mylady gedacht«, erwiderte er absichtlich spöttisch. »Ich habe nur gehofft, wenn uns jemand unterwegs auf der Straße sieht, dass Sie dann vielleicht eher für einen Jungen gehalten werden, wenn Ihre Haare zusammengebunden sind.«
Als ob die Menschen dumm wären. Und blind.
»Welche Straße?«, fragte sie spitz und warf einen beredten Blick auf die Wildnis um sie herum, als sei er derjenige, der dumm war.
Die Frage ignorierend nahm er die Zügel seines Pferdes, schwang sich in den Sattel und hielt ihr seine Hand hin.
Sie wich einen Schritt zurück, fürchtete offenkundig, dass er sie wieder über den Sattel werfen würde, wie er es in der Kirche getan hatte.
»Wenn Sie mir Ihre Hand geben«, sagte Jamie, »können Sie sich daran hochziehen und hinter mich setzen.«
Sie blickte ihn zweifelnd an und kam näher. Ihre Nervosität spürend wieherte das Pferd und tänzelte ein wenig zur Seite, was Emma nur dazu veranlasste, sich weiter zurückzuziehen.
Jamie seufzte. Allerdings musste er zugeben, dass man ihr nicht unbedingt einen Vorwurf daraus machen konnte, wenn sie ihnen beiden gegenüber argwöhnisch war.
»Ich verspreche, ich werde nicht zulassen, dass das Pferd Sie niedertrampelt. Oder frisst«, versicherte Jamie ihr und bot ihr erneut seine Hand. Ihn weiter mit kaum verhohlenem Misstrauen musternd ergriff sie
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