Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
Spaß an der Sache zu haben. In glücklicheren Zeiten hatten sie und ihre Schwestern zu Weihnachten für ihre Eltern Pantomimen und kleine Stücke einstudiert. Mit elf hatte sie eine sehr überzeugende Kate in Der Widerspenstigen Zähmung gegeben, im Gegenpart zu Ernestines lispelndem Petruccio. »Ihre Schafe finden Ihre unbeholfene Werbung vielleicht unwiderstehlich, mein Herr, aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie Ihre dreckigen Sinclair-Hände von mir ließen!«
Er schenkte ihr einen unverhohlen lüsternen Blick. »Es überrascht Sie vielleicht zu erfahren, dass ich gewöhnlich keine Beschwerden von Damen darüber, wo ich meine schmutzigen Sinclair Hände hintue, zu hören bekomme.«
»Damen? Ha! Wirtshausdirnen und Gänsemägde zählen wohl kaum als Damen, besonders nicht, wenn Sie sie mit gestohlenem Geld bezahlen müssen, um sich ihrer Bereitwilligkeit zu versichern. Eine echte Dame würde die Annäherungsversuche eines rüpelhaften bräutestehlenden Grobians wie die Ihren niemals willkommen heißen.«
Er senkte die Hand, um ihr eine lose Locke aus dem Gesicht zu streichen, und seine Finger strichen dabei in einer spöttischen Liebkosung über ihre Wange. »Du kannst so viel protestieren, wie du willst, Mädchen, aber ich habe nur versucht, dir eine Kostprobe auf das zu geben, was sich jede Frau wünscht – Dame hin oder her. Etwas, wozu dein steinalter Bräutigam niemals imstande sein wird.«
Wegen des Körnchens Wahrheit in seinen Worten musste Emma darum ringen, wütend auszusehen statt jammervoll, während sie beobachtete, wie er sich umdrehte und sich mit selbstsicheren Schritten entfernte. Als seine Männer die Blicke abwandten und sich rasch angelegentlich mit anderen Sachen befassten, berührte sie mit bebenden Fingern ihre Lippen und fragte sich, ob sie, indem sie ihren Ruf verteidigte, am Ende etwas wesentlich Verletzlicheres in Gefahr gebracht hatte.
Kapitel 9
Zu Emmas großer Erleichterung erlaubte Jamie es dem schlaksigen Burschen mit dem safrangelben Haarschopf, Wache zu stehen, während sie sich am Ufer eines nahen Baches wusch. Nachdem sie so zutiefst erschüttert gewesen war von dem, was nur als Hohn eines Kusses gedacht gewesen war, bezweifelte sie, dass sie den Mut aufgebracht hätte, sich zu entkleiden, solange Jamie in der Nähe war.
Die letzten Wolken hatten sich in der Nacht verzogen, sodass der Himmel nun in ungetrübtem Azurblau erstrahlte. Obwohl immer noch Kälte in der Luft lag, drangen durch die Zweige der schlanken Birken, die entlang des Baches wuchsen, goldene Sonnenstrahlen und entlockten mit ihrer Wärme der Erde den würzigen Duft erwachenden Lebens. Emma konnte nicht widerstehen, die frische Luft tief einzuatmen. Es war fast möglich zu glauben, dass es wirklich Frühling wurde, auch in diesen rauen Gefilden.
Nachdem sie sich um ihr drängendstes Bedürfnis gekümmert hatte, kniete sie sich neben den Bach und spritzte sich mehrere Hände eisiges Wasser ins Gesicht. Die zerrissenen Fetzen, die einmal ihr Hochzeitskleid gewesen waren, wollte sie unbedingt loswerden, daher stellte sie sich hin und blickte sich rasch um. Nachdem er einen Stapel Kleidungsstücke auf einen Baumstumpf in der Nähe gelegt hatte, hatte der Bursche sich zurückgezogen und stand nun mit dem Rücken zu ihr und ganz steif zwischen den Bäumen am Rand.
»Du wirst nicht heimlich hinsehen, oder?«, rief sie ihm zu.
»Oh nein, Mylady«, versicherte er ihr, und sein nervöses Schlucken war noch über das Gluckern des Baches hinweg zu hören. »Jamie hat mir gesagt, wenn er mich dabei erwischt, würde er mir eine Tracht Prügel verpassen.«
Emma runzelte die Stirn. »Droht Jamie damit oft?«
»Nur wenn ich es verdiene«, antwortete er, während sie umständlich hinter sich griff, um die endlose Reihe aus kleinen Perlmuttknöpfen zu öffnen, die das Oberteil im Rücken verschlossen. Es wäre viel besser, wenn Jamie auch ihre Zofe entführt hätte.
Nach einem kurzen und größtenteils vergeblichen Kampf schob sie die Finger unter die Knöpfe und riss daran. Die kostbare Seide gab an den Nähten nach, und die Knöpfe flogen in alle Richtungen. Sie verspürte eine verräterische Befriedigung, gefolgt von Schuldgefühlen. Der Earl hatte vermutlich ein Vermögen für das Kleid bezahlt. Er hatte darauf bestanden, ihr die gesamte Brautausstattung zu besorgen, entworfen von der besten Modemacherin in London. Ihre Schwestern waren ebenfalls in den Genuss seiner Großzügigkeit gekommen. Eine Truhe randvoll
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