Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
während die Kleine hier dich ins Jenseits befördert?«
»Runter mit den Waffen!«, brüllte Jamie. »Das war kein Vorschlag.«
Nachdem sie einander zweifelnd angesehen hatten, gehorchten seine Männer widerstrebend. Sie senkten die Pistolen, hielten sie jedoch an ihrer Seite.
Emma ging weiter rückwärts, bis gut zehn Schritte zwischen ihr und ihm lagen. Sie hatte gehofft, sie wäre in der Lage, klarer zu denken, wenn sie außerhalb seiner Reichweite war, aber die unsichtbare Kette seines Blickes band sie weiter aneinander, sodass es beinahe unmöglich war, über ihren rasenden Herzschlag hinweg ihre eigenen Gedanken zu hören.
Sie brauchte ein Pferd. Sie hatte bereits bewiesen, dass sie wenig bis gar keine Chancen darauf hatte, zu Fuß den Berg hinabzusteigen. Aber mit einem Pferd und einem Vorsprung …
Ehe sie ihren Plan zu Ende denken konnte, breitete Jamie seine Arme aus, als wollte er ein noch besseres Ziel abgeben. »Was genau hast du jetzt vor, Kleines?« Der schmeichelnde Unterton in seiner Stimme verlieh ihr mehr Überredungskraft. »Mich gefangen nehmen und der Obrigkeit übergeben? Mich erschießen?«
Emma umfasste die Pistole fester. Zu ihrer Bestürzung verminderte das das Zittern in ihren Händen nicht, sondern machte es nur schlimmer. »Vielleicht wollte ich nur, dass Sie wissen, wie es sich anfühlt, wenn jemand mit einer Pistole auf das eigene Herz zielt.«
»Der alte Hepburn hält seit siebenundzwanzig Jahren eine Pistole auf mein Herz gerichtet. Ich weiß genau, wie es sich anfühlt.«
Sie bemerkte am Rande ihres Sichtfeldes, wie sich einer von Jamies Männern verstohlen auf sie zubewegte. Sie schwang die Pistole herum, zu den Männern, die im Kreis um sie standen, sodass sie neuerlich erstarrten. »An Ihrer Stelle würde ich meine Entschlossenheit nicht auf die Probe stellen. Es wird Sie überraschen zu erfahren, dass ich weiß, wie man mit einer Pistole umgeht. Wenn ich einen Fasan auf fünfzig Schritte treffen kann, werde ich Sie ganz bestimmt nicht verfehlen.« Als sie die nervösen Blicke betrachtete, die die anderen einander zuwarfen, kam ihr eine Idee. »Wer von Ihnen ist Bon?«
Die Männer standen einen Moment still, dann zeigten sie zugleich auf einen kleinen drahtigen Mann in ihrer Mitte. Dieser hob rasch seinen Arm und deutete auf den Kerl neben sich.
Emma kniff die Augen zusammen, während sie ihn musterte. Er wirkte wie der kleinste Wicht in einer Familie Wichtel. Sein kurz geschnittenes tintenschwarzes Haar stand in alle Richtungen ab, als hätte er es von einer riesigen Katze lecken lassen, statt einen Kamm zu benutzen. Ein schmaler dunkler Bart bedeckte sein spitzes Kinn. Als die anderen Männer vor ihm zurückwichen, ihn allein mit ihrer blutrünstigen Musterung ließen, grinste er verlegen und gab den Blick frei auf einen Mundvoll schiefer Zähne.
»Er-erfreut, Ihre B-bekanntschaft zu machen, Mylady«, stammelte er und machte eine nervöse Verbeugung, die mehr wie ein Knicks aussah.
»Nun, ich bin nicht im Geringsten erfreut, Ihre zu machen«, teilte Emma ihm mit. »Sie haben ein paar grässliche Sachen über mich zu Mr Sinclair gesagt. Ich schätze Sie kein bisschen. Ich denke, ich erschieße Sie zuerst.«
Bons fahles Gesicht verlor den letzten Rest von Farbe. »Nein, Mädchen, ich habe doch nichts von den Sachen, die ich gesagt habe, ernst gemeint. Ich habe doch nur den Jungen aufgezogen. In all den Jahren, die ich nun schon mit Jamie reite, habe ich nie gesehen, dass er einer Frau auch nur ein Haar gekrüm…«
»Bon«, fuhr Jamie ihn an. »Das reicht.«
Bon warf ihm einen hilflosen Blick zu, versuchte offenkundig zu entscheiden, ob es gefährlicher wäre, ihn zu beleidigen oder das Mädchen mit dem stählernen Ausdruck in den Augen und der Pistole in der Hand. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Emma, hob flehentlich seine Hände. »Himmel, ich empfinde nichts als Respekt für ein hübsches junges Ding wie Sie. Sie können jeden von den Jungs hier fragen, sie werden das bestätigen. Wenn irgendwer in diesem Teil der Welt weiß, wie man eine Dame behandelt, dann bin ich das. Das stimmt doch, oder? Malcolm? Angus?«, wandte er sich bittend an die beiden Männer neben ihm, von denen einer der war, den er an seiner Stelle hätte erschießen lassen.
Emma musste zweimal hinschauen. Malcolm und Angus waren nicht nur Brüder, sondern Zwillinge – beide mit langem wildem Haar, vollen Lippen und leicht unregelmäßigen, aber ansprechenden Zügen, die
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