Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
Mann, der nicht kämpfen kann, nicht überleben.«
Ian runzelte nachdenklich die Stirn. Er war immer gezwungen gewesen, sich auf seinen Verstand zu verlassen, um zu überleben. Vielleicht war es an der Zeit, andere Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. »Kannst du es mir beibringen?«
»Wie man sich prügelt?«
Ian nickte.
»Aye, vermutlich schon.« Sin musterte ihn kritisch. »Du bist ein bisschen dürr für deine Größe, aber das ist nichts, was man nicht mit ein paar großen Portionen Kartoffeln und Rüben einrenken kann.« Ein listiges Lächeln breitete sich auf Sins Gesicht aus. »Bis wir etwas Fleisch auf deine Knochen bekommen, kann ich dir ein paar schmutzige Tricks beibringen, damit die hirnlosen Esel es sich in Zukunft zweimal überlegen, bevor sie dich herumschubsen.«
Mit einem Blick auf Sins abgetragene Kleider bot Ian an: »Ich kann dich bezahlen.«
Sin versteifte sich, und sein Lächeln verschwand. »Du kannst deine kostbaren Münzen behalten, Ian Hepburn. Ich bin kein Bettler und brauche deine Mildtätigkeit nicht.« Damit hatte er auf dem Absatz kehrtgemacht und ging weg.
Ian konnte spüren, wie sein Temperament sich regte. »Wenn du zu stolz bist, Highlander, um mein Geld zu nehmen«, rief er ihm nach, »dann kann ich dir vielleicht im Gegenzug etwas beibringen … zum Beispiel, wie man redet.«
Sin blieb stehen und drehte sich langsam wieder zurück, seine Hände ballten sich abermals zu Fäusten. Obwohl Ian fürchtete, er würde gleich diese formidablen Fäuste zu spüren bekommen, blieb er stehen.
Langsam begann Sin zu grinsen. »Ach, Junge, was bringt dich denn auf die verrückte Idee, ich wollte lernen wie ein zimperlicher Geck zu schwafeln, der sich anhört, als ob er einen Gehstock verschluckt hätte?«
Ian blinzelte verwirrt. »Vielleicht hätte ich das besser nicht vorgeschlagen. Es scheint eine Herkulesarbeit zu sein, dir richtige Aussprache und Wortwahl beizubringen.«
Auch auf Ians Gesicht breitete sich ein Grinsen aus, als Sin ihm mit einer Geste antwortete, die keiner Übersetzung bedurfte.
Während Ian jetzt im Arbeitszimmer seines Onkels stand, verblasste sein Lächeln zusammen mit der Erinnerung an jenen schicksalhaften Tag; er befand sich vor dem Fenster mit der herrlichen Aussicht. In der Zeit, in der er in Gedanken in der Vergangenheit geweilt hatte, hatte sich jedoch der Rest des Tageslichtes den dunklen Schatten der Dämmerung ergeben, sodass er in der Fensterscheibe sein Spiegelbild sah.
Er war nicht länger blass oder dünn, sondern ein Mann, mit dem man rechnen musste. Dank des Jungen, den er Sin genannt hatte, wusste er nun, wie er beides, seine Fäuste und seinen Verstand, benutzen musste, um zu überleben. Dennoch ließ er sich wie eh und je von seinem Großonkel herumkommandieren, war nicht minder eine Marionette, die den tyrannischen Launen des Mannes ausgeliefert war, als damals als einsamer Zehnjähriger, der mit der Hoffnung hergekommen war, ein Zuhause und eine Familie zu finden.
Als er dastand und zu dem Berg hochschaute, sich an den Jungen erinnerte, der als sein Feind geboren war, der aber viel zu kurz sein Freund gewesen war, wusste er tief in seinem Herzen, dass es keinen Ort auf der Welt gab, an den einer von ihnen fliehen konnte, um dem gewaltigen Schatten des Ben Nevis zu entkommen.
Kapitel 11
Als der Mond am Nachthimmel höher stieg, ließ Jamie die Zügel seines Pferdes sinken. Seine Arme bildeten eine natürliche Wiege für das Bündel Mensch, das sich an seine Brust schmiegte. Emma hatte seine unregelmäßigen Rasten und das zermürbende Tempo, das er für den größten Teil des Tages angeschlagen hatte, ohne Klage ausgehalten. Als er aber spürte, wie sich ihr Griff um seine Mitte lockerte und ihr Körper mit jedem Schritt des Tieres weiter zur Seite zu rutschen begann, war er gezwungen gewesen, den Platz mit ihr zu tauschen, sodass sie vor ihm reiten konnte.
Sie hatte gegen den Tausch mit nicht mehr als einem unwilligen Stöhnen und einem verärgerten Flattern ihrer Augenlider protestiert, ehe sie sich an seiner Brust wie ein schläfriges Kätzchen zusammengerollt hatte. Gleichgültig wie steif Jamie im Sattel saß, die frechen Locken, die aus dem Lederband gerutscht waren, kitzelten ihn immer in der Nase. Wie gelang es ihr nur, so süß und weiblich zu duften – wie Flieder, frisch gewaschen in einem warmen Frühlingsregen – nach einem kräftezehrenden Tag im Sattel, das war ihm ein Rätsel.
Als sie sich regte und erneut
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