Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
erleiden hast, wenn du mit deiner Familie nach England zurückkehrst?« Jamie trat vor und umkreiste sie, während er sprach, und seine heisere tiefe Stimme wob ein Netz um sie, dem sie nicht entfliehen wollte. »Der Earl hat eine Zunge wie eine Viper. Statt irgendwen in dem Glauben zu lassen, er sei so dumm gewesen, sich seine junge Braut unter der Nase wegstehlen zu lassen, wird er anfangen, Gerüchte zu verbreiten, dass du freiwillig in meine Arme – und in mein Bett – gekommen bist. Und selbst wenn nicht, wird es der guten Gesellschaft herzlich egal sein, ob du nun verführt oder vergewaltigt wurdest. Der Schatten, den dein erster Verlobter auf deinen Ruf geworfen hat, wird im Vergleich hierzu nichts sein. Anständige Leute werden den Kopf abwenden, wenn du auf der Straße an ihnen vorbeigehst. Niemand wird dich empfangen. Du wirst eine Ausgestoßene in der Gesellschaft sein, und du wirst alle Hoffnung aufgeben müssen, je einen Ehemann zu finden oder eine eigene Familie zu haben.«
»Dann kann ich nach Lancashire zurückkehren und dort in Frieden leben.« Sie sah ihm ins Gesicht und schüttelte ihre Locken aus. »Wenn ich mich zu langweilen beginne, kann ich mir immer noch einen strammen jungen Liebhaber suchen – oder zwei.«
Er durchschaute ihre aufgesetzte Tapferkeit, so wie beim ersten Mal auch, als sie es ihm gesagt hatte. Mit dem Fingerrücken fuhr er die zarten Linien ihres Kinns nach, und seine Stimme war noch sanfter als seine Berührung. »Es gibt noch etwas zu bedenken, Kleines. Was, wenn du mit meinem Baby schwanger wirst?«
Emma verzichtete darauf, den Kopf zu senken, um die Röte zu verbergen, die sie in ihre Wangen steigen fühlte. Sie wusste, das wäre witzlos. »Du findest mich vielleicht besorgniserregend naiv, aber dank der Erläuterungen meiner Mutter bin ich nicht völlig unwissend auf dem Gebiet. Oder was Männer betrifft. Wenn es nicht Wege gäbe, das zu verhindern, gäbe es wohl mehr uneheliche Kinder als ehelich geborene Erben, um Londons Straßen zu bevölkern.«
Er musste ihr recht geben. »Also glaubst du wirklich, das hier ist der einzige Weg, dir die lüsternen Hände Hepburns vom Leib zu halten? Um sicherzustellen, dass du die Herrin über dein Schicksal bist?«
Sie nickte, und ihre Stimme ließ sie schließlich doch noch im Stich, jetzt, da ihr Mut aufgebraucht war. Es gab tausend andere Gründe, in sein Bett zu kommen, die sie ihm vielleicht in diesem Augenblick gestanden hätte, hätte ihr Stolz es ihr nicht verboten. Sie hätte ihm sagen können, sie wollte sich wenigstens ein letztes Mal lebendig fühlen, ehe sie unter dem Gewicht der Verachtung der Gesellschaft begraben wurde. Dass sie nicht dachte, sie würde den Rest ihres Lebens allein überstehen, ohne nicht wenigstens eine Nacht in seinen Armen verbracht zu haben.
»Welche Wahl habe ich dann?« Er beugte sich vor, und seine Lippen streiften ihre zart wie mit Engelsflügeln.
Emma stockte der Atem. Wie kam es, dass sie sich mehr wie eine Braut fühlte, hier in den halb verfallenen Ruinen einer Kapelle, als je in der prächtigen Kirche der Hepburns?
»Warte hier«, flüsterte er und löste sich mit sichtlichem Widerstreben von ihr.
Sie wartete in schmerzlicher Anspannung, bis er mit Decken von ihrem Lager im Arm zurückkehrte. Als er dieses Mal ihre Hand nahm, kam sie willig mit. Als er sie aus dem Mondschein in die Schatten führte, verschränkte sie ihre Finger fest mit seinen, wollte keinesfalls, dass er merkte, dass sie am ganzen Körper bebte.
Er brachte sie in die Ecke einer kleinen Kammer, von der noch zwei Mauern standen und dem Verfall trotzten. Sie hatten ihr Lager zwischen den Bäumen unweit der Felsklippen aufgeschlagen, sodass Emma wusste, Jamie hatte diese Stelle mit Absicht gewählt, um sie vor den neugierigen Blicken seiner Männer zu schützen.
Aber ehe er die Decken ausbreiten konnte, packte sie seinen Arm. »Warte!«
Er sah sie argwöhnisch an. Unverkennbar fürchtete er, sie könnte ihre Meinung geändert haben.
Sie deutete mit dem Kopf zu dem schiefen Steinbogen, der einmal eine Tür beherbergt hatte, und gab ihm zu verstehen, dass er jetzt an der Reihe sei, ihr zu folgen. Dem Ausdruck in seinen Augen nach zu schließen wäre er ihr ans Ende der Welt gefolgt.
Sie stiegen die ausgetretenen Stufen zum alten Glockenturm hinauf und traten in einen verschwommenen Kreis Mondlicht. Sie nahm Jamie die Decken ab und breitete sie in der Ecke des Turms aus, sodass nur der Himmel und der Mond
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