Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
eines hat, das es verdient, nicht verraten zu werden.«
»Wir würden ihm nichts nicht gönnen, was er haben will«, bekannte Bon. »Er hat für uns viel zu viel geopfert. Er ist immer schon ein kluger Bursche gewesen, wissen Sie, der ständig Bücher mit sich herumgeschleppt hat, die er kaum anheben konnte. Er hätte dort drunten im Flachland bleiben können und sein Glück machen, ein feiner Herr werden. Aber als er hörte, dass sein Großvater krank war, kam er zurück. Um sich um uns zu kümmern. Sich um alle auf diesem Berg zu kümmern, die auf die Sinclairs angewiesen waren, um zu überleben.« Bon zögerte, als wollte er noch etwas sagen. Mehr. Aber schließlich zog er nur den Kopf ein und blickte auf seine Füße. »Ich bin nur gekommen, um zu sagen, dass es uns leidtut, wenn wir Ihre Hochzeit ruiniert haben. Und ich hoffe, Sie und der Earl« – er räusperte sich, musste sich die Worte unverkennbar abringen – »werden glücklich miteinander.«
»Danke«, flüsterte Emma, und die plötzliche Enge in ihrer eigenen Kehle machte es ihr unmöglich, ihn weiter zu beruhigen.
Nachdem er die Stufen hinabgegangen war und sie wieder allein gelassen hatte, wandte sie ihr Gesicht dem Mond zu, den sie aber irgendwie nur wie hinter einem wässrigen Schleier sah. Das junge Mädchen, das ebendiesem Mond von ihrem Schlafzimmerfenster aus zugeschaut hatte, wie er über den Obstgarten ihres Vaters zog, schien ihr jetzt wie eine Fremde – ein naives Kind, das geglaubt hatte, der wahre Wert eines Mannes ließe sich an seiner Wortgewandtheit oder dem eleganten Schnitt seines Rockes erkennen.
Wie sollte sie morgen mit den Männern des Earls in die Burg am Fuße des Berges zurückkehren und so tun, als sei sie immer noch die Unschuld vom Lande, die nie Jamies Kuss erfahren hatte, nie gespürt hatte, wie ihr Körper unter der sengenden Hitze seines Verlangens nach ihr zu schmelzen begann? Wie konnte sie zufrieden sein mit Juwelen und Pelzen, Gold oder gar einem gut gefüllten Kinderzimmer, wenn ebendiese Kinder nicht in Liebe oder Leidenschaft gezeugt wurden, sondern in Verzweiflung und Pflichterfüllung?
Nachdem sie gefühlt hatte, wie ihr Körper unter Jamies Berührung lebendig wurde, wie wäre es da möglich, Nacht für Nacht in stummem Schweigen dazuliegen, während der Earl auf ihr keuchte und schnaufte und sie die Zähne zusammenbeißen musste, damit sie nicht schrie? Besonders jetzt, da sie wusste, dass er am Ende wirklich gar kein netter alter Mann war, sondern ein Mörder, der böse genug war, seinen eigenen Sohn zu töten, nur weil er es gewagt hatte, die falsche Frau zu lieben.
Sie blinzelte ihre Tränen zurück, sodass sie den Mond wieder scharf umrissen sehen konnte. Sie war nicht mehr dasselbe Mädchen, das sie gewesen war, und sie würde es auch nie mehr sein. Gleichgültig, wie teuer es sie zu stehen kam, sie war nicht länger bereit, ihre Wünsche und ihre Leidenschaft zu leugnen, einfach um des lieben Friedens willen. Ihre Mutter hatte Emmas ganzes Leben lang versucht, so eine Lüge zu leben, ihr eigenes Glück zu opfern und weiterhin Entschuldigungen für Emmas Vater zu finden.
Aber sie war nicht ihre Mutter. Und sie war auch nicht länger das Mädchen, das vor dem Altar in der Kirche von Hepburn Castle gestanden hatte, bereit, ihr Herz einem Mann zu versprechen, den sie nie lieben würde.
Alles, was sie brauchte, war jemand, der ihr half, das zu beweisen.
Jamie fuhr mit beiden Händen über den rauen Stein des Altars in den Ruinen der Klosterkapelle. Dieser Stein hatte irgendwie die Zerstörung und Jahre der Vernachlässigung überstanden, bewiesen, dass es Dinge gab, denen selbst die Zeit nichts anhaben konnte.
Er fragte sich, wie viele Taufen der Stein gesehen hatte, wie viele Hochzeiten und wie viele Beerdigungen. Wie viele Leben hatten hier begonnen? Wie viele hier geendet?
Die kleine Kapelle war schon, solange er denken konnte, eine Ruine, zweifellos zerstört in einem der vielen Kriege und Scharmützel, die ihre Narben auf diesem rauen, aber wunderschönen Land hinterlassen hatten. Obwohl nicht mehr als dachlose Mauern und moosbedeckte Trümmer übrig waren, lag über dem Ort noch so etwas wie Würde, als ob weder Gott noch die Zeit vergessen hatten, dass dies hier einmal geweihter Boden gewesen war.
Er fuhr mit den Händen über den pockennarbigen Stein und wünschte sich, er hätte die Worte, um den Tumult in seinem Inneren zu beschreiben. Obwohl er immer ein gläubiger Mensch gewesen war,
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