Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
hatte er nicht oft gebetet. Er hatte angenommen, es wäre am besten, wenn er und der Allmächtige ihre Meinungsverschiedenheiten nicht diskutierten.
Denn wie konnte Gott die Rache für sich beanspruchen, wenn Jamie ihr Gewicht so schwer auf seinen Schultern lasten fühlte? Sie waren zwar immer stark genug gewesen, in der Vergangenheit die Bürde zu tragen, aber jetzt hatte er das Gefühl, als liefe er Gefahr, dass die Last ihm das Herz zerdrückte. Morgen würde er Emma den Berg hinabschicken. Er würde nie wieder mit ihrem warmen Körper an seinen geschmiegt schlafen. Nie wieder seinen Namen von ihren Lippen hören. In ein paar Tagen würde sie vor dem Altar stehen, so wie diesem hier, und sich anschicken, die Frau des alten Hepburn zu werden.
Er umklammerte den Stein und wünschte sich, den Altar mit bloßen Händen zertrümmern zu können.
»Jamie?«
Zuerst dachte er, er hätte sich die melodischen Silben nur eingebildet – als seien sie nur das Produkt seiner Einbildung, seines fieberhaften Verlangens.
Er ließ den Altar los und drehte sich langsam um.
Emma stand da, im Mondschein, wie der Geist aller Bräute, die an diesen Ort gekommen waren, um dem Mann, den sie liebten, ihr Herz zu schenken und ihm Treue zu versprechen.
»Was willst du?«, fragte er mit heiserer Stimme, denn er war nicht länger imstande, so zu tun, als ob ihre Antwort ihm gleichgültig wäre.
Sie reckte das Kinn, und ihr Blick war kühl und fest, wie in der Nacht, als sie seine eigene Pistole auf sein Herz gerichtet hatte. »Ich möchte, dass du mich ruinierst.«
Kapitel 23
Emma schluckte ihre Vorbehalte und Sorgen hinunter und ging zu Jamie. Dabei trat sie in den Lichtkreis des fahlen Mondlichts und unter seinen brennenden Blick. In dem Moment sah er aus wie der schlimmste Albtraum einer jeden Jungfrau – verzweifelt und gefährlich und als ob man sich ihm besser nur mit größter Vorsicht näherte.
»Ich bin immer ein braves Mädchen gewesen«, erklärte sie, und jeder ihrer Schritte brachte sie näher zu ihm, »und eine pflichtschuldige Tochter – diejenige, die für meine jüngeren Schwestern immer mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Es war immer nur ›Ja, mein Herr‹ und ›Nein, Madam‹ und ›Wie Sie wünschen‹. Ich habe getragen, was meine Mutter für mich ausgesucht hat. Ich habe alles gegessen, das mir vorgesetzt wurde, ob ich es nun mochte oder nicht. Ich bin überallhin gegangen, wohin ich geschickt wurde, und habe alles getan, was von mir verlangt wurde.« Sie blieb gerade außerhalb von Jamies Reichweite stehen. »Aber ich werde den Earl nicht heiraten. Und du und ich wissen, es gibt nur einen Weg, ihn davon zu überzeugen, dass ich nicht länger die geeignete Braut für ihn bin.«
Jamie sagte kein Wort. Er starrte sie nur weiter an, seine Miene unlesbar wie die Seiten der versteinerten Bibel, die in der Ecke vor sich hin moderte.
Ihr gelang ein unbeholfenes Lachen. »Bon hatte recht, nicht wahr? Ich weiß, du hast dir eingeredet, du müsstest dich damit zufriedengeben zu beweisen, dass Hepburn deine Eltern ermordet hat. Aber wäre deine Rache nicht viel befriedigender, wenn du ihm seine Braut zurückbringst, nachdem sie sich von einem Sinclair hat verführen lassen? Besonders von einem Sinclair, der zufälligerweise auch noch sein unehelicher Enkel ist?«
»Befriedigender wäre es auf jeden Fall für mich.« Jamie verschränkte die Arme vor der Brust, und unter der rauchigen Hitze seines Blickes erschauerte sie tief innerlich. »Was ist mit dem heruntergekommenen Herrenhaus in Lancashire, das du so liebst? Wenn der Earl sein Geld zurückverlangt, wie will da dein Vater seine Gläubiger davon abhalten, das Haus zu versteigern und euch alle ins Armenhaus zu schicken?«
»Ich bin zuversichtlich, dass der Earl edelmütig darauf bestehen wird, dass wir das Geld behalten. Besonders wenn nicht ganz London erfahren soll, dass er unter dem Verdacht steht, seinen eigenen Sohn – und die Mutter seines Enkels – kaltblütig ermordet zu haben.«
Jamie legte den Kopf schief und betrachtete sie mit zögernder Bewunderung. »Ich hätte nie erraten, dass sich hinter einem so hübschen Gesicht so ein rücksichtsloser Zug verbergen könnte.«
Sie schenkte ihm ein bitteres Lächeln. »Seit ich in die Highlands gekommen bin, hatte ich die Gelegenheit, von den Besten zu lernen.«
»Dein Zuhause könnte verschont bleiben und dein Vater das Schuldgefängnis vermeiden, aber hast du auch die Konsequenzen bedacht, die du zu
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