Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
wollte, würde er erst einmal mit Anne fertigwerden müssen.
Mit der Löwenmutter.
52
Bis auf Vince und Hicks hatten sich nach der Besprechung alle wieder hinter ihre Schreibtische geklemmt, um Papierkram zu erledigen und die Informationen durchzugehen, die im Laufe des Tages zu den anderen Fällen, an denen sie arbeiteten, hereingekommen waren.
»Du kannst echt von Glück sagen, dass du keine Frau hast, die dir ständig vorwirft, dass du nie zu Hause bist, zu viel arbeitest oder so tust, als würdest du zu viel arbeiten, um dir nebenher eine Geliebte zu halten«, stöhnte Campbell und reichte Mendez einen Stapel Dokumente rüber.
»Ich verstehe nicht, wie jemand nebenher eine Geliebte haben kann«, sagte Mendez. »Ich habe ja nicht mal Zeit für eine Frau.«
»Tony würde sich nie nebenher eine Geliebte halten«, warf Trammell ein. »Dafür ist er viel zu anständig.«
»Stimmt«, sagte Campbell. »Sei ehrlich. Hast du Steve Morgan wirklich eins auf die Mütze gegeben, weil er seine Frau betrügt?«
»Ich habe ihn geschlagen, weil er mich geschlagen hat«, sagte Mendez und las konzentriert seine rosafarbenen Telefonnotizen.
Seine Mutter hatte ihn für Sonntag zum Essen eingeladen. Das Opfer in einem Fall von häuslicher Gewalt wollte ihn sprechen. Staatsanwältin Worth wollte mit ihm über den Prozess zu einem Fall reden, den er vor sechs Monaten bearbeitet hatte.
Sara Morgan hatte angerufen.
Sein Herz klopfte schneller. Aus Freude? Aus Nervosität? Wie alt war er eigentlich – vierzehn?
Der Anruf war um zwanzig nach sieben eingegangen. Sie hatte keine Nachricht hinterlassen.
Der Chef hatte ihm untersagt, sich Sara Morgan oder irgendeinem anderen Morgan zu nähern. Von Anrufen hatte er nichts gesagt. Aber er wollte nicht von seinem Schreibtisch aus telefonieren, wo das halbe Büro mithören konnte. Eigentlich albern. Er hatte ja schließlich nichts mit ihr. Er hatte kein Problem damit, sich ihr gegenüber absolut professionell zu verhalten. Dennoch hatte er das Gefühl, dass alle, kaum dass er den Hörer eingehängt hätte, rufen würden: »Tony hat ’n Mädchen!«
Wie sich zeigte, hätte er sich diese Überlegungen sparen können. Dixon betrat den Raum und deutete auf ihn.
»Kommen Sie bitte mit, Tony«, sagte er. »Jemand hat gerade versucht, Milo Bordain von der Straße abzudrängen.«
Es goss wie aus Kübeln. Die Landstraße, die zur Ranch der Bordains führte, war nur spärlich beleuchtet. Zischende Warnfackeln, die der Polizist, der als Erster an der Unfallstelle eingetroffen war, aufgestellt hatte, und die roten und blauen Lichter des Streifenwagens ließen sie das Tempo drosseln.
Die Scheinwerfer waren auf Milo Bordains riesigen weißen Mercedes gerichtet. Das Auto stand quer, das hintere Ende im Straßengraben, die Scheinwerfer nach oben in die Dunkelheit gerichtet.
»Da hat sie sich ja die richtige Nacht ausgesucht«, sagte Dixon, als er die Kapuze seiner Windjacke über seine Mütze zog.
Mendez folgte seinem Beispiel und wünschte sich im Stillen, er hätte gemeinsam mit Vince und Hicks das Büro verlassen. Wenn er Frau und Kind hätte, die zu Hause auf ihn warteten, würde er nicht den halben Abend hinter seinem Schreibtisch herumhängen, nur um dann bei diesem beschissenen Wetter zu einem Unfall abkommandiert zu werden.
Eiskalter Regen prasselte auf sie ein, und der Wind fuhr unter seine Kapuze und in seinen Kragen. Innerhalb von Minuten waren seine Hosenbeine und seine Socken pitschnass.
»Sie hat gesagt, sie sei auf dem Heimweg gewesen!« Der Deputy musste brüllen, damit sie ihn verstehen konnten. Er deutete in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Sie merkte, dass ein hinter ihr fahrendes Auto immer näher kam, bis es ihr praktisch an der Stoßstange hing. Sie tippte kurz auf die Bremse, um dem Fahrer einen kleinen Schreck einzujagen. Daraufhin fuhr er neben sie und drängte sie von der Fahrbahn. Sie geriet in Panik, stieg voll auf die Bremse, und ihr Auto kam ins Schleudern.«
»Wo ist sie?«, rief Dixon.
»In der Notaufnahme.«
»Wo?«
»Notaufnahme!«
»Schlimm?«
Der Deputy schüttelte den Kopf. »Nicht allzu schlimm. Sie hat sich den Kopf angestoßen«, sagte er und stieß zur Illustration mit der Stirn gegen seine Hand, »… und sich eine blutige Nase geholt.«
Mendez lief zu dem Mercedes und ließ den Strahl seiner Taschenlampe über die Fahrerseite gleiten. Der Airbag hing schlaff vom Lenkrad, und man sah Blut darauf. Vermutlich war das Ding die Ursache
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