Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)
nie nervös, genau genommen zeigte er überhaupt keine Reaktion.
Das war nicht normal. Unschuldige Leute reagierten sehr heftig auf eine falsche Anschuldigung. Nicht so Morgan.
Eine Weile hatte Mendez ihn für den Sekundenklebermörder gehalten. Steve Morgan hatte beinahe genauso viel mit den Mordopfern zu tun gehabt wie Peter Crane. Crane und Morgan waren Freunde und spielten Golf miteinander. Es hatte den Verdacht gegeben, dass Peter Crane einen Komplizen hatte …
Als sie Morgan sagten, dass sie auf Lisa Warwicks Bettwäsche Spermaspuren gefunden hatten, die eine Bestimmung der Blutgruppe ermöglichten, hatte er nicht mit der Wimper gezuckt. Bei der Untersuchung des Spermas stellte sich heraus, dass es von einem Nichtsekretor stammte. Dessen Körperflüssigkeiten enthielten keine Antigene wie im AB 0-Blutgruppensystem. Die Blutgruppe ließ sich nicht bestimmen. Hatte Steve Morgan das gewusst? War er deshalb so ruhig geblieben?
Lisa Warwicks Bettwäsche befand sich immer noch im Asservatenraum. Wenn sie mit dem Sperma doch nur eine DNA -Analyse durchführen könnten. Aber die Wissenschaft war noch nicht so weit. Sie würden eine Blutprobe von Morgan brauchen oder eine weitere Spermaprobe, um eine Übereinstimmung feststellen zu können. Und sie hatten keine rechtliche Handhabe, um ihn dazu zu zwingen.
Morgan hatte Marissa Fordham gekannt, er hatte im Thomas Center mit ihr zusammengearbeitet und ihr bei der Einrichtung des Treuhandfonds für ihre Tochter geholfen. Sie war schön, sexy, alleinstehend. Wenn er früher schon in Versuchung geraten war – und ihr nachgegeben hatte …
Sicher, dieser Mord unterschied sich von den anderen. Die Opfer des Sekundenklebermörders waren gefangen gehalten und systematisch gequält worden. Augen zugeklebt, Mund zugeklebt, Trommelfell durchstochen. Die Verletzungen waren bei allen Leichen identisch gewesen – charakteristische Schnittwunden in der gleichen Länge und an den gleichen Stellen. Zum Schluss waren die Frauen erwürgt worden, immer auf die gleiche Art und Weise.
Marissa Fordhams Tod war das Ergebnis blinder Wut, unkontrolliert, nicht systematisch. Aber wenn Crane einen Komplizen gehabt hatte, dann konnte dieser Komplize jetzt mit einer eigenen Handschrift töten. Vielleicht hatte das Ritual nur für Crane eine Bedeutung gehabt.
Konnte er sich Steve Morgan dabei vorstellen, wie er einer Frau die Brüste abschnitt?
Seine Gedanken wanderten zu Sara Morgan. Sie war zutiefst verstört gewesen. Sie und Marissa Fordham waren befreundet. Er versuchte sich an ihr Gesicht und ihre Körpersprache zu erinnern, als er sie gefragt hatte, ob Marissa einen Freund oder einen Liebhaber hatte.
Sie hatte ihn nicht angesehen. Sie hatte auf ihre Hände geblickt und nein gesagt. Das gehe sie nichts an. Sie quetsche die Leute nicht über ihr Privatleben aus. Aber sie waren doch Freundinnen gewesen. Frauen redeten über Männer – und sei es auch nur, um sich gegenseitig zu versichern, sie bräuchten oder wollten keinen. Mendez hatte Schwestern, seine Schwestern hatten Freundinnen. Er war oft genug mit Frauen zusammen, um zu wissen, dass Männer immer ein interessantes Thema waren.
Er fragte sich, wie lange Sara Morgan mit Marissa Fordham befreundet gewesen war. Hatte diese Freundschaft begonnen, bevor Marissa Steve Morgan kennengelernt hatte oder danach?
Sara sah nicht wohl aus, dachte er. Sie war schmaler als vor einem Jahr. Blass. Erschöpft. Unter ihren kornblumenblauen Augen lagen dunkle Ringe. Sie hatte regelrecht verwirrt gewirkt, aber auf normale Bürger hatte ein Tatort oft diese Wirkung.
Er würde ihr morgen früh einen kurzen Besuch abstatten. Nur um nach dem Rechten zu sehen. Sich zu erkundigen, wie es ihr ging. Nachdem ihr Mann und Wendy das Haus verlassen hatten. Er würde ein bisschen Druck auf sie ausüben. Mal sehen, was dabei herauskam.
Er mochte Steve Morgan nicht …
23
Der Aufmacher der lokalen Fernsehnachrichten war der Mord an Marissa Fordham. Dem Bericht folgte ein Live-Interview mit Milo Bordain.
»Was soll denn der Scheiß?«, fluchte Mendez und blieb mit dem Kaffeebecher in der Hand auf halbem Weg zu seinem Stuhl stehen.
Dixons Gesichtsausdruck sagte dasselbe.
Sie hatten sich im Besprechungsraum versammelt, um sich über ihre neuesten Erkenntnisse auszutauschen und zu vereinbaren, wer was als Nächstes tun sollte. Jemand hatte den Fernseher angeschaltet, auf dem sie sich normalerweise Videos von Tatorten und Vernehmungen ansahen.
Bordain machte
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