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Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)

Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition)

Titel: Eine verräterische Spur: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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und wich Vinces Blick aus. »Bis jetzt hat sich noch keiner sehen lassen.«
    »Wie wär’s, wenn du noch mal anrufst?«, sagte Vince in scharfem Ton.
    »Mein Gott«, murmelte Anne. Sie schob sich an den beiden Männern vorbei und betrat das Zimmer.
    Vince stieß Mendez einen Finger gegen die Brust. »Ich will nicht, dass sie da mit reingezogen wird.«
    Mendez zuckte mit den Schultern. »Warum hast du sie dann mitgebracht?«
    »Ich sollte dir einen Tritt in den Hintern verpassen, Junior.«
    »Klar, vielleicht hält Bill deinen Gehstock, während du es versuchst, alter Mann.«
    »Haha, ich lach mich tot.« Vince warf einen Blick in das Zimmer, wo seine Frau gerade eine Hand nach Haley Fordham ausstreckte. »Du bist ja nicht derjenige, der sie nach den Alpträumen im Arm hält«, sagte er leise.
    »Tut mir leid«, sagte Mendez zerknirscht. »Daran habe ich nicht gedacht. Ich hatte den Eindruck, es geht ihr gut.«
    »Der Eindruck täuscht.«
    »Dann rufe ich mal beim Jugendamt an.«
    »Tu das.«
    Mendez begab sich auf die Suche nach einem Telefon.
    Vince blickte in das Zimmer des kleinen Mädchens und sah, dass es bereits zu spät war. Anne stand neben dem Bett, die Arme um das schluchzende Kind geschlungen, das sich verzweifelt an sie klammerte.

21
    Haley Fordhams Schreie bohrten sich in Annes Trommelfell, als sie das Krankenzimmer betrat. Sie ging schnurstracks zu dem Arzt, der am Fußende des Bettes stand, ein kleiner dunkelhaariger Mann mit gestutztem Bart. Er notierte etwas auf Haleys Krankenblatt und wirkte erstaunlich ruhig.
    »Anne Leone«, sagte sie und streckte die Hand aus. »Ich bin vom Gericht bestellte Verfahrenspflegerin. Detective Mendez hat mich gebeten zu kommen.«
    Das klang zumindest offiziell, dachte sie, auch wenn nichts daran offiziell war. Sie verstießen in mindestens acht Punkten gegen die Vorschriften. Es war niemand vom Jugendamt anwesend. Haley Fordhams Fall war Anne nicht zugewiesen worden. Sie hatte nicht mit ihrem Supervisor gesprochen, um Informationen einzuholen. Sie wusste nicht, ob Verwandte von Haley benachrichtigt worden waren. Die Liste ließ sich noch fortsetzen. Aber sie war einzig und allein von der Sorge um das verängstigte kleine Mädchen in dem Bett vor ihr erfüllt.
    »Dr. Silver«, sagte er, klemmte den Stift am Krankenblatt fest und schüttelte ihr die Hand.
    »Warum lassen Sie sie schreien?«, fragte Anne. »Können Sie ihr denn nicht etwas zur Beruhigung geben?«
    »Sie ist gerade erst aus dem Koma aufgewacht. Sie hat auf niemanden reagiert. Es ist gerade so, als wären wir nicht da. So etwas kommt bei hirngeschädigten Patienten manchmal vor«, erklärte er. »Wahrscheinlich ist ihr nicht einmal bewusst, dass sie schreit.«
    Anne blickte von dem Arzt zu dem Kind und wieder zurück. »Tut mir leid«, sagte sie leise. »Aber Sie sind ein Idiot.«
    Es war ihr egal, dass Dr. Silver sie beleidigt ansah. Sie machte sich auch nicht die Mühe, sich der elegant gekleideten älteren Frau vorzustellen, die wie erstarrt an der Wand stand. Sie ging ans Kopfende des Bettes, wo sich Haley Fordham zusammengerollt hatte und schrie.
    »Haley?«, sagte sie leise und streckte die Hand nach dem Mädchen aus. »Haley, Kleines, alles ist gut. Ich weiß, dass du Angst hast. Aber du musst keine Angst haben. Wir sind alle hier, um dir zu helfen.«
    Immer noch schreiend, blickte das kleine Mädchen zu ihr hoch. Seine Augen waren blutunterlaufen, petechiale Blutungen hatten das Weiße um die dunkle Iris herum rot gefärbt. Das war eine Folge der Strangulation, wie Anne wusste, und doch erschrak sie bei dem Anblick.
    »Alles ist gut«, flüsterte sie und strich dem Mädchen die feuchten dunklen Locken aus der Stirn. »Es ist alles gut, Haley. Du bist nicht allein. Ich bin für dich da.«
    Haley sah sie an und verstummte. Ihr Atem ging keuchend und unregelmäßig, von Schluckauf unterbrochen, und sie zitterte in dem dünnen Krankenhaushemd. In ihrem Ärmchen steckte eine Kanüle, die von weißem Klebeband festgehalten wurde.
    An ihrem Hals waren dunkelrote Würgemale zu sehen. Anne spürte, wie es ihr die Kehle zuschnürte. Sie wusste nur zu genau, wie es sich anfühlte, gewürgt zu werden, in das Gesicht von jemandem zu blicken, der einen umbringen wollte. Hatte Haley denjenigen gekannt, der ihr das angetan hatte? Wie viel Verwirrung und Angst all das bei ihr hervorgerufen haben musste …
    Marissa Fordham war zu diesem Zeitpunkt mit ziemlicher Sicherheit bereits tot. Keine Mutter würde tatenlos

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