Eine Versammlung von Krähen (German Edition)
für Levitation und Wünschelruten sowie zahlreiche andere magische Werkzeuge. Am Boden lag eine schwarze Stoffweste mit tiefen Taschen.
Er zog die Weste an. Um den Bund saß sie etwas eng, aber es würde gehen. Levi entschied sich für den Kompass, ein kleines Bündel mit getrocknetem Salbei, ein weiteres mit getrockneten Rosenblüten, eine Büchse mit Paprika, eine zweite mit Salz, Öl und Wasser, das Feuerzeug sowie ein Messer. Er stopfte die Gegenstände in die Weste und in seine Hosentaschen. Als er fertig war, wölbte sich die Hose um die Oberschenkel, und er musste den Gürtel enger schnallen, um zu vermeiden, dass sie ihm bis auf die Knöchel hinunterrutschte. Anschließend schloss und sicherte Levi die Truhe rasch wieder. Das Vorhängeschloss schnappte mit einem Geräusch von Endgültigkeit ein.
Die Achse des Pferdewagens ächzte erneut, als er auf den Boden sprang, kurz innehielt und zum Mond hinaufschaute. Hell, voll und kalt leuchtete er vom Himmel. Der leichte Wind fuhr Levi über das Gesicht und zerzauste ihm das Haar. Er senkte den Kopf und murmelte ein Gebet.
»Möge das Kreuz Christi mit mir sein. Das Kreuz Christi überwindet alles Wasser und jedes Feuer. Das Kreuz Christi überwindet jede Waffe. Das Kreuz Christi ist ein vollkommenes Zeichen und ein Segen für meine Seele. Ich bete, dass mich der heilige Leichnam Christi gegen alle bösen Wesen, alle bösen Welten und alles böse Wirken schützen möge.«
Er hoffte, das Gebet und die Gegenstände rüsteten ihn ausreichend dafür, sich dem Bösen zu stellen, das in diese Stadt Einzug gehalten hatte. Idealerweise hätte Levi mehrere Tage gefastet, ehe er die Aufgabe in Angriff nahm, doch dies waren alles andere als ideale Umstände. Die Schreie wurden lauter und zahlreicher. Gewappnet gegen die unbekannten Verursacher des Gebrülls marschierte Levi in die Nacht, entschlossen, sich dem Gefecht zu stellen.
Fünf
Trish Chambers tanzte durch ihr dunkles Wohnzimmer und trällerte mit atemloser Falsettstimme ELOs Shine A Little Love . Ihr Laufband war zum Stehen gekommen, als der Strom ausfiel, und ihr iPod hatte ebenfalls den Geist aufgegeben, doch das hielt sie nicht davon ab, sich in Form zu bringen. Sie trug ein ausgebleichtes graues T-Shirt und eine ausgeleierte schwarze Jogginghose. Die Hose war nicht immer so weit gewesen, und genau dieser Umstand sorgte dafür, dass sie durchhielt – ganz gleich, wie erschöpft sie vom Training oder wie desillusioniert sie von ihrer Diät war.
Nach zwei Monaten, in denen sie jeden Abend trainiert hatte – entweder auf dem Laufband oder mit Richard Simmons Sweatin’ to the Oldies im DVD-Player –, zeigten sich erste Ergebnisse. Sie brauchte nur weiterzumachen, und genau das tat sie. Pfeif auf den Stromausfall. Trish war geschieden, 32 Jahre alt, und sie wollte unbedingt wieder eine feste Beziehung haben.
Nicht dass Brinkley Springs eine allzu große Auswahl bot, wenn es darum ging, Männer im heiratsfähigen Alter aufzutreiben, mit denen man ausgehen konnte. Trish arbeitete in der Bank in Lewisburg, und dort sah es kaum besser aus. Alle männlichen Mitarbeiter waren entweder verheiratet oder schwul. Eine Freundin hatte ihr vorgeschlagen, es mal mit einer Website für Online-Dating zu versuchen, doch bisher hatte sich Trish nicht dazu durchringen können. Sie hatte beschlossen, damit so lange zu warten, bis sie sich in ihrem Körper wohlfühlte.
Immerhin hatte sie die vergangenen zwölf Jahre ihres Lebens damit zugebracht, einen anderen Menschen zufriedenzustellen – ihren Exmann Darryl. Nun wurde es höchste Zeit für ein bisschen gesunden Egoismus. Wenn sie mit sich selbst zufrieden war, fiel es ihr auch leichter, jemanden zu finden, der mit ihr zufrieden war. Einen Mann, von dem sie immer geträumt hatte. Bei dem ihr die Luft wegblieb, wenn er vor ihr stand.
Sie wechselte von ELO zu Garth Brooks’ Friends in Low Places, sang den Text übertrieben gedehnt und vollführte dazu wilde Hampelmannsprünge. Der Krimskrams in den Regalen wackelte mit, und der Deckenventilator schaukelte hin und her, doch Trish achtete nicht darauf. Sie überwand sich zu weiteren drei Minuten und hörte erst auf, als sie den Schuss hörte.
An sich galten Schüsse als eine normale Geräuschkulisse in Brinkley Springs. Viele Leute jagten in den Bergen rings um die Stadt oder führten gelegentlich Schießübungen im Garten hinter dem Haus durch. Am 4. Juli feierten viele Bewohner, indem sie mit ihren Waffen Salutschüsse in
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