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Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Titel: Eine Versammlung von Krähen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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kolonialisieren, wurde 1587 unternommen, und viele der ursprünglichen Siedler kehrten mit jener zweiten Gruppe ihrer Landsmänner zurück, fest entschlossen, diesmal erfolgreich zu sein. Männer. Frauen. Kinder. Familien. Bedauerlicherweise erging es ihnen kaum besser. Sie brachten Vieh mit, aber etliche der Tiere starben schon bei der Überfahrt. Sie hatten Saatgut und Werkzeug dabei, dennoch gelang es ihnen nicht, genug zu ernten, um sich ernähren zu können. Die Nutzpflanzen verwelkten, das Werkzeug ging kaputt.
    Wieder wurden die Vorräte knapp, deshalb segelte ein Mann namens John White nach England, um Nachschub zu beschaffen. Er ließ seine Tochter Eleanor und deren Tochter Virginia zurück. Letztere war das erste englische Kind, das in der Neuen Welt geboren wurde. Ich vermute, sie wurde nach der Königin getauft. Es kann White nicht leicht gefallen sein, Freunden und Familien den Rücken zu kehren, geschweige denn seiner Enkeltochter, aber offenbar ging er davon aus, spätestens nach drei Monaten zurückzukehren. Für den Fall, dass sich die Situation verschlimmerte und die Siedler gezwungen wären, die Siedlung während seiner Abwesenheit aufzugeben, forderte er sie auf, den Namen ihres neuen Ziels zu hinterlassen und mit einem Johanniterkreuz zu kennzeichnen. So würde er wissen, wo er sie finden konnte, wenn er zurückkam. Und mit dieser letzten Anweisung brach er auf.«
    Donny neigte den Kopf von einer Seite zur anderen, knackte mit den Halswirbeln und reckte die Schultern. »Nichts für ungut, Levi, aber ich verstehe nicht, wie uns das weiterhilft.«
    »Das werden Sie gleich, nur Geduld. White schaffte es wohlbehalten zurück nach England, aber als er dort eintraf, fand er sein Heimatland im Krieg mit Spanien vor. Ungeachtet aller Proteste wurde sein Schiff von den Behörden für Kampfeinsätze beschlagnahmt. White war völlig verzweifelt und machte sich für die Herausgabe des Schiffes stark, allerdings ohne Erfolg. Die Siedler waren auf sich allein gestellt. Erst 1590 gelang es ihm, zur Kolonie zurückzukehren – drei Jahre nach seiner Abreise.«
    »Drei Jahre statt drei Monaten«, meinte Esther. »Diese armen Leute. Sie müssen Gott gedankt haben, als er endlich bei ihnen eintraf.«
    Levi schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil. Wie Myrtle vorhin erwähnte, fand man die Siedlung menschenleer vor. Es war niemand übrig, der Gott hätte danken können. Als White von Bord ging, begegnete er nicht einem einzigen Kolonisten. Ihre Wertgegenstände, ihr Geld und sogar ihre Kleider hatten sie zurückgelassen. In vielen Häusern standen sogar von Spinnweben überzogene Teller mit verrottetem Essen auf den Tischen, als wären die Leute überstürzt während einer Mahlzeit aufgebrochen. Er entdeckte keine Menschenseele. Von den Bewohnern fehlte auch nach längerer Suche jede Spur. Es gab weder Leichen noch Anzeichen eines Kampfes. Es war, als hätten sich die Menschen in Luft aufgelöst.«
    Esther gab einen Laut des Unbehagens von sich.
    »Im verzweifelten Versuch, sie zu finden«, fuhr Levi fort, »durchsuchten White und seine Männer die Kolonie auf Hinweise für ihren Verbleib. Erinnern Sie sich daran, was White vor seiner Abreise zu ihnen gesagt hatte – für den Fall, dass sie die Siedlung aufgeben müssten, sollten sie den Namen ihres neuen Ziels irgendwo einritzen und mit einem Johanniterkreuz kennzeichnen. Tja, White stieß zwar nicht auf ein Johanniterkreuz, sehr wohl jedoch auf zwei Schnitzereien. Zum einen die Buchstaben C-R-O, die in einen Baum gekerbt waren. Das zweite Wort fand sich in einen Zaunpfahl geschnitzt. Es lautete Croatoan – genau, wie Randy es heute Nacht an diesem Baum entdeckt hat.«
    »Aber was bedeutet ›Croatoan‹?«, fragte Randy und setzte sich auf. »Was steckt dahinter?«
    »Es kann viele unterschiedliche Orte bezeichnen. White sprach von einer gleichnamigen Insel südlich von Roanoke. Heute heißt das Eiland Hatteras, aber damals nannte man sie Croatoan, und sie wurde von einem freundlich gesinnten Indianerstamm bewohnt. Auf dieser Grundlage ging White davon aus, dass seine Leute Zuflucht bei den Indianern gesucht hatten, wenngleich diese Vermutung nicht die halb aufgegessenen Mahlzeiten und andere Hinweise auf einen überstürzten Aufbruch der Kolonisten erklärte. Überzeugt davon, dass sie sich auf Croatoan aufhielten, wollte White zu ihnen, wurde aber erneut aufgehalten. Diesmal verhinderten mehrere Hurrikane, dass er die Insel erreichte, und er musste stattdessen

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