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Eine Vielzahl von Sünden

Eine Vielzahl von Sünden

Titel: Eine Vielzahl von Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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jeder Hinsicht und wünscht, er wäre in Sandusky geblieben. Aber sie konnte die kleinen Mädchen doch nicht ohne ihn einladen. Dass er Faith für alles bezahlen lässt, ist Rogers Art, sich zu bedanken.
    »Da. Jetzt wisst ihr’s, kleine Mädchen. Hier habt ihr es zum ersten Mal gehört«, sagt Roger mit einer lieb-fiesen Stimme, bevor er weiterliest. »Euer ganzes Leben werdet ihr euch daran erinnern, wo euch zum ersten Mal erklärt wurde, was ein Florett ist, und von wem. Wenn ihr in Harvard seid …«
    »Du hast es nicht gewusst«, sagt Jane.
    »Falsch. Natürlich hab ich’s gewusst. Absolut«, sagt Roger. »Ich hab nur ein bisschen Spaß gemacht. Weihnachten ist doch die Zeit, wo man Spaß hat, wisst ihr das nicht?«
    Faiths Liebesleben ist nicht besonders gut gelaufen. Sie hat sich immer Kinder-mit-Ehe gewünscht, aber weder das eine noch das andere hat sich bislang so recht einstellen wollen. Entweder mochten die Männer, die sie mochte, keine Kinder, oder die Männer, die sie liebten und ihr alles geben wollten, wovon sie träumte, waren es nicht wert. Die Rechtsabteilung eines Filmstudios zu sein ist daher eine sehr vereinnahmende Angelegenheit geworden. Zeit ist vergangen. Eine Reihe meistenteils liebenswürdiger Männer hat ihren Auftritt gehabt, aber auch ihren Abgang – alle waren aus dem einen oder anderen Grund unbrauchbar: verheiratet, verängstigt, geschieden, alles drei zusammen. »Ich hab immer Glück«, so sieht sie sich im Wesentlichen. Sie geht jeden Tag ins Fitness-Studio, fährt ein teures Auto, lebt allein in Venice Beach als Mieterin eines Teenager-Filmstars, mit dessen Schwester sie befreundet ist und der HIV hat. Ein Schnäppchen.
    Im Spätfrühling hat sie einen Mann kennen gelernt. Einen Börsentraumprinzen mit Haus auf Nantucket. Jack. Jack pendelt mit dem eigenen Flugzeug zwischen der City und Nantucket und ist mit zirka sechsundvierzig immer noch unverheiratet. Sie war ein paarmal an der Ostküste und ist mit ihm hochgeflogen, hat seine streng dreinschauenden Schwestern und die hübsche High-Society-Mom kennen gelernt. Es gab ein großes blaues weiträumiges Strandhaus direkt am Meer, mit Rosenhecken und Sandwegen zu verstohlenen Dünen, wo man nackt schwimmen konnte – was ihr besonders viel Spaß machte, obwohl die Schwestern verblüfft waren. Auch der Vater war dort, aber krank, er würde bald sterben, daher waren das Leben und die Pläne im Allgemeinen auf Warteschleife. Jack hatte mucho Business in London zu erledigen. Geld war kein Problem. Vielleicht wenn der Vater dahingeschieden sei, dann könnten sie heiraten, hatte Jack einmal beinahe vorgeschlagen. Bis dahin jedenfalls durfte sie mit ihm reisen, wann immer sie sich freimachen konnte – die Erwartungen ein Stückchen zurückschrauben. Er wollte Kinder, hatte oft in Kalifornien zu tun. Das konnte klappen.
    Eines Abends rief eine Frau an. Greta, stellte sie sich vor. Greta liebte Jack. Sie und Jack hatten sich gestritten, aber er liebte sie immer noch, sagte sie. Wie sich herausstellte, hatte Greta Fotos, Faith und Jack zusammen. Wer wusste schon, wer die gemacht hatte? Ein kleines Vögelchen. Ein Bild zeigte Faith und Jack, wie sie aus Jacks Bürohaus am Beekman Place kamen. Auf einem anderen half Jack gerade Faith in ein gelbes Taxi. Noch eins zeigte Faith allein im Park Avenue Café, wie sie Schwertfischspießchen aß. Und auf einem weiteren küssten sich Jack und Faith auf dem Vordersitz eines nicht erkennbaren Autos – ebenfalls in New York.
    Jack mochte besondere Spielarten von Sex in besonderen Varianten, sagte Greta am Telefon. Sie nehme an, das wisse Faith inzwischen selber. Aber »besser keine langfristigen Pläne machen«, so lautete die Botschaft. Es kam zu weiteren Anrufen, auf dem Anrufbeantworter hinterlassenen Nachrichten, per Federal Express verschickten Abzügen.
    Auf Nachfrage gab Jack zu, dass da ein Problem sei. Aber er würde es lösen, subito pronto (sie müsse allerdings verstehen, dass er von dem bevorstehenden Tod seines Vaters mit Beschlag belegt sei). Jack war ein großer gut aussehender Mann mit glattem Gesicht und einem üppigen mahagonibraun leuchtenden Schopf. Wie ein Fotomodell für Herrenbekleidung. Wenn er lächelte, fühlte man sich gleich besser. Er war auf eine staatliche High School gegangen und nach Harvard, spielte Squash, ruderte, diskutierte, wirkte attraktiv in einem braunen Anzug und ältlichen Schuhen. Er war vertrauenswürdig. Das sah immer noch machbar aus.
    Aber Greta rief

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