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Eine Vielzahl von Sünden

Eine Vielzahl von Sünden

Titel: Eine Vielzahl von Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Ford
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Roger runter in die Wärmehütte gegangen, auf einen Glühwein. Die Mädchen sitzen nebeneinander auf der Couch, in ihren Flanellnachthemden von Lanz/Salzburg und den gleichen Pantoffeln mit grinsenden Affengesichtern drauf. Wieder grün und gelb, aber mit draufgedruckten weißen Schneeflocken. Sie haben zusammen gebadet, Faith hat sie beaufsichtigt, dann wollten sie unbedingt schon früh ihre Nachthemden für das Mittagsschläfchen anziehen. Sie sehen aus wie vollkommene Engel, vollkommen verschwendet an ihre Eltern. Faith hat beschlossen, ihre Ausbildung zu bezahlen. Auch Harvard.
    »Wir können jetzt Ski fahren«, sagt Jane geziert. Sie sehen Faith dabei zu, wie sie den Plastik-Gummibaum schmückt. Zuerst die Blinklichter, obwohl keine Steckdose nahe genug ist, dann die sechs Kugeln (eine für jedes Familienmitglied). Als Letztes kommt dann der goldene Stern. Faith begreift, dass sie zu viel erreichen will. Aber warum nicht zu viel. Es ist Weihnachten. »Marjorie will bei den Olympischen Spielen mitmachen«, fügt Jane hinzu. Jane hat die Olympischen Spiele im Fernsehen gesehen, aber Marjorie war zu klein. Das begründet Janes Machtposition. Marjorie sieht ihre Schwester ausdruckslos an, als könnte keiner sehen, wie sie starrt.
    »Bestimmt gewinnt sie eine Medaille«, sagt Faith, auf Knien, im Kampf mit der zerbrechlichen Kette aus winzigen, spitz zulaufenden Kerzenbirnen, von denen sie jetzt schon weiß, dass sie nicht leuchten werden. »Möchtet ihr beide mir helfen?« Sie lächelt sie an.
    »Nein«, sagt Jane.
    »Nein«, sagt Marjorie sofort danach.
    »Kann ich euch nicht verdenken«, sagt Faith.
    »Kommt Mommy her?« Marjorie blinzelt, dann legt sie ihre kleinen blassen Knöchel übereinander. Sie ist schläfrig und könnte durchaus weinen.
    »Nein, Schätzchen«, sagte Faith. »Diese Weihnachten tut Mommy sich mal selber einen Gefallen. Deshalb kann sie uns keinen tun.«
    »Was ist mit Vince?«, sagt Jane bestimmt. Vince ist ein Thema, das schon mehrere Male durchgegangen wurde, und zwar sorgfältig. Mrs Argenbright, die Therapeutin der Mädchen, hat sich mit dem Thema Vince besondere Mühe gegeben. Die Mädchen sind über Vince informiert, wollen aber Neues hören, denn sie mögen Vince mehr als ihren Vater.
    »Vince ist zurzeit Gast des Staates Ohio«, sagt Faith. »Wisst ihr das noch? Das ist ungefähr so wie auf der Uni.«
    »Er ist nicht auf der Uni«, sagt Jane.
    »Hat er einen Weihnachtsbaum, wo er ist?«, fragt Marjorie.
    »Nicht in Wirklichkeit, jedenfalls nicht in seinem Zimmer wie ihr«, sagt Faith. »Kommt, wir reden über fröhlichere Themen als unseren Freund Vince, okay?« Jetzt befestigt sie die Birnen, auf Knien.
    Das Zimmer enthält nicht viele Möbel, und was da ist, passt zum modernen dänischen Stil. An einer erhöhten Kaminapparatur aus rotem Email mit Metallhaube klebt ein Zettel mit einer Nachricht von den Hausbesitzern, die mahnen, dass Rauchschäden zum Verlust der Sicherheitskaution und zur gerichtlichen Verfolgung der Mieter führt. Eben diese Besitzer, hat Esther erfahren, wohnen in Grosse Pointe Farms und stammen von Russen ab. Natürlich gibt es kein Feuerholz, abgesehen von dem, was die dänischen Möbel zu bieten hätten. Also ist Rauchentwicklung unwahrscheinlich. Die Heizung in den Scheuerleisten sorgt für die Wärme.
    »Ich glaube, ihr zwei ratet jetzt mal, was ihr zu Weihnachten kriegt.« Faith drapiert behutsam lichtlose Lichter auf die steifen Plastikzweige des Gummibaums. Mühevoll.
    »Inlineskater. Weiß ich schon«, sagt Jane und schlägt die Beine übereinander wie ihre Schwester. Eine Jury, als Publikum verkleidet. »Ich muss aber keinen Helm tragen.«
    »Bist du dir da ganz sicher?« Faith wirft ihnen einen Blick über die Schulter zu, den sie von Filmstars kennt, wenn sie Fremden ein Lächeln schenken. »Du könntest dich ja vertun.«
    »Besser nicht«, sagt Jane ungemütlich. Ihr Stirnrunzeln erinnert ziemlich an ihre Mutter.
    »Der Weihnachtsmann bringt mir einen CD -Player«, sagt Marjorie. »Der ist in einer kleinen Schachtel. Ich werde ihn nicht mal erkennen.«
    »Ihr seid schlauer, als die Polizei erlaubt«, sagt Faith. Sie ist schnell mit der Weihnachtsbeleuchtung fertig. »Aber ihr wisst nicht, was ich euch mitgebracht habe.« Unter anderem hat sie einen CD -Player und ein teures Paar Inlineskater dabei. Die liegen im Suburban und kommen jetzt wieder zurück nach LA . Sie hat auch Filmvideos mitgebracht. Zwanzig insgesamt, darunter Star Wars und

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