Eine Vielzahl von Sünden
und verdiente, auf der Liste zu stehen, dass es wahrscheinlich sogar so eine Liste gegeben hatte, wenn man bedenkt, was für ein rücksichtsloser Mann Paul Thompson gewesen war. Wie gesagt, hatte ich mit Sallie nie über dieses Thema gesprochen und bis dahin geglaubt, ich wäre über die ganze Angelegenheit hinweg. Jetzt muss ich wohl davon ausgehen, dass ich mich geirrt habe.
Dieser Traum blieb mir am nächsten Tag im Sinn, und in der darauf folgenden Nacht träumte ich ihn wieder. Und da dieser Traum meine Gedanken so beherrschte, fiel mir erst am Samstag nach dem Mittagessen, als ich mich in einen Sessel im Wohnzimmer gesetzt hatte, um ein Nickerchen zu machen, der Welpe wieder ein. Die vielen langen Stunden des Freitags waren vergangen, und schließlich hatte der Welpe seine Endstation erreicht, was immer das bedeutete. Ich war überrascht, dass ich im entscheidenden Moment versäumt hatte, an ihn zu denken, wo ich zuvor so oft an ihn gedacht hatte. Und ich war traurig verblüfft, dass mir das Ganze letzten Endes offenbar doch nicht so wichtig gewesen war, wie ich geglaubt hatte.
KRIPPE
N
icht Faith fährt sie, sondern ihre Mutter Esther.
Alle fünf sitzen sie im Auto. Die Familie unterwegs nach Snow Mountain Highlands, zum Skifahren. Von Sandusky, Ohio, nach Nord-Michigan. Es ist Weihnachten, oder fast. Keiner will Weihnachten allein verbringen.
Zu den fünfen gehört Faith, das ist die Film-Anwältin, angereist aus Kalifornien; ihre Mutter Esther, die vierundsechzig ist und über die Jahre viel zu dick geworden. Dann gibt es noch Roger, den in Trennung lebenden Ehemann von Faiths Schwester Daisy, an der JFK High School von Sandusky für die Schülerberatung zuständig; und Rogers zwei Töchter: Jane und Marjorie, acht und sechs Jahre. Daisy – die Mom der Mädchen – ist anwesend, aber nicht dabei. Sie macht eine Entziehungskur in einer großen Stadt des Mittleren Westens, die nicht Chicago oder Detroit ist.
Draußen, hinter der langen baumlosen Weite aus weiß gefrorener Winterlichkeit, kommt plötzlich der Lake Michigan in Sicht, blassblau mit einer dünnen Schicht Nebel über seiner metallischen Oberfläche. Die Mädchen quasseln auf dem Rücksitz. Roger sitzt daneben und liest das Skipisten -Magazin.
Florida wäre eine viel nettere Ferienalternative gewesen, denkt Faith. Das EPCOT- Center für die Mädchen. Das Weltraumzentrum. Satellite Beach. Frischer Pompano aus dem Ozean. Der Ozean. Sie bezahlt alles und mag Skifahren nicht mal besonders. Aber das Jahr war nicht leicht für sie alle, und einer muss sich doch drum kümmern. Wenn sie sich für Florida entschieden hätte, wäre sie am Ende vollkommen pleite gewesen.
Ihre grundlegende Willensstärke, denkt Faith, während auf der linken Seite etwas herankommt, das nach einem Atomkraftwerk aussieht, ist es auch, was sie zu einer erstklassigen Anwältin macht; ihre unerschütterliche Bereitschaft, die Dinge als verbesserbar zu betrachten, und ihre Gründlichkeitssucht. Wenn jemand im Studio, beispielsweise ein stellvertretender Marketingleiter, aus einer absolut verbindlichen, aber überraschend ungünstigen Verpflichtung auszusteigen wünscht – sagen wir, einem notariellen Vertrag –, dann ist Faith die Richtige für ihn. Faith, die Macherin. Faith, die blonde Schönheit mit Grips. Deine höchstpersönliche Optimistin. Ein Kliententraum mit Supertitten. Ihren eigenen Titten. Lass ihr einfach einen Tag Zeit für dein Problem.
Ihre Schwester Daisy ist das typische Beispiel. Daisy ist es gelungen, ihr ernstes Methamphetamin-Problem einzugestehen, aber erst, nachdem ihr Bikerboy Vince ein Gästezimmer auf Kosten des Staates Ohio bekommen hatte. Und dabei hatte Faith eine gewisse Rolle zu spielen, die mit Anrufen bei Anwaltskollegen und einer Verbotsverfügung für Vince begann, gefolgt von Polizei und Handschellen. Daisy, erschöpft und zutiefst verletzt, entwickelte sich schließlich zu einer glaubwürdigen Zeugin, sobald sie erst einmal davon überzeugt war, dass keiner sie umbringen würde.
Während sie zusammen mit ihrer Mutter Daisys Wohnung durchging, auf der Suche nach angemessenen Kleidern für den Entzug, stieß Faith auf Dildos; sechs Stück insgesamt – einer sogar unter der Küchenspüle. Sie steckte sie in eine Supermarkttüte und legte sie zum Straßenmüll der Nachbarn, damit ihre Mutter nichts davon mitkriegte. Ihre Mutter ist im Allgemeinen auf dem neuesten Stand, aber nicht unbedingt an Dildos interessiert. Für Daisys
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