Licht anging, erkannten sie schemenhaft die Gestalt eines zierlich wirkenden Mannes. Neben der Schalteranlage für die Deckenbeleuchtung stand Olli, der die beiden ungläubig ansah.
»Ach, du bist’s«, rief Nina, und Stella ließ sich erschöpft auf Doris Möllers Schreibtischstuhl sinken.
»Mensch, du hast uns einen Heidenschrecken eingejagt! Wir dachten, du bist ein Polizist oder so was.«
»Wie kommt ihr denn hier rein?«, fragte Olli entgeistert und blickte auf Ninas bananenbeschmierten Handschuh und die Taschenlampe. »Seid ihr neue Mitarbeiterinnen, oder weshalb treibt ihr euch zu nachtschlafender Zeit hier herum? Ich habe gedacht, ich krieg einen Herzinfarkt!«
»Wieso bist du überhaupt hier? Du hast uns wirklich zu Tode erschreckt«, sagte Stella und spürte, wie ihr Herz hart gegen die Rippen schlug. Das mit dem Stressabbau habe ich noch nicht so ganz im Griff, dachte sie trocken.
»Ich wohne direkt gegenüber und hab gerade zufällig aus dem Fenster geguckt, als plötzlich dieses seltsame Licht bei uns im Laden aufgeflackert ist. Da musste ich doch nach dem Rechten sehen.«
»Du bist ganz schön mutig!«, entgegnete Nina. »Wir hätten auch eine Bande von Einbrechern sein können, die gleich kurzen Prozess mit dir gemacht hätte.«
»Wir haben einen Alarmknopf, der mit der Polizeiwache verbunden ist. Den hätte ich gedrückt und wäre dann weggelaufen.«
»Na, das hätte ich ja gerne gesehen«, sagte Nina und suchte fieberhaft nach einer plausiblen Erklärung für das, was sie und Stella hier veranstaltet hatten. Schließlich musste Olli nicht auch noch mit hineingezogen werden.
»Wir waren gerade nebenan im Mayenbachs, als Leonie anrief, weil sie keine Luft mehr bekam und unbedingt ein Nasenspray brauchte. Erst haben wir nach einer Nachtapotheke gesucht, aber hier in der Umgebung keine gefunden. Dann ist Leonie eingefallen, dass eure Chefin ein Fläschchen Nasentropfen in ihrem Schreibtisch aufbewahrt, und nach denen haben wir gesucht.«
Nina merkte selbst, wie lahm ihre Erklärung klang, und betete inständig, dass Olli sich nicht fragte, wie die beiden so spontan an den Schlüssel des Reisebüros gekommen waren. Aber dieser machte keine Anstalten, weiter nachzubohren.
»Dann können wir ja jetzt gehen«, sagte er mit einem seltsamen Ton in der Stimme. Natürlich wusste er, dass Nina gelogen hatte.
»Bin ich froh, dass ihr wieder da seid, ich habe mir solche Sorgen gemacht!«, rief Leonie, als sich die Tür öffnete und ihre erschöpften Freundinnen hereinkamen.
»Nun rate mal, was wir gefunden haben«, sagte Nina triumphierend und überreichte Leonie eine durchsichtige Mappe mit einem wichtig aussehenden Brief. »Schau mal auf den Poststempel.«
Leonie sah mit einem Blick, dass sie recht gehabt hatte. Zu dem Zeitpunkt, als der Brief ans Reisebüro geschickt worden war, hatte sie ein Seminar besucht und war nicht bei der Arbeit gewesen. Das Schreiben war an Doris Möller persönlich adressiert und trug sogar ihren Eingangsstempel.
»Siehst du, jetzt kann sie sich noch nicht einmal darauf hinausreden, dass der Brief versehentlich woanders gelandet ist. Deutlicher geht’s doch gar nicht«, stellte Stella fest und strahlte vor Freude.
»Ich weiß gar nicht, wie ich euch danken soll«, stammelte Leonie vollkommen überwältigt. Stella und Nina setzten noch eins drauf und berichteten von ihrer Begegnung mit Olli.
»Wie kann ich das bloß jemals wiedergutmachen? Nicht auszudenken, was hätte passieren können, wenn es die Möller gewesen wäre, die euch entdeckt hätte, und nicht Olli!«
»Schon okay«, antwortete Nina, und Stella nickte zustimmend.
»Du hättest jederzeit dasselbe für eine von uns beiden getan, da bin ich mir sicher!«
Keine Ahnung, ob ich dazu in der Lage gewesen wäre, überlegte Leonie, als ihre Retterinnen gegangen waren. Aber wahrscheinlich wächst man in so einer Situation über sich hinaus und besiegt seine Ängste, dachte sie und sank in tiefen, erholsamen Schlaf.
Von:
[email protected]An:
[email protected]Betreff: Vielfältige Möglichkeiten
Liebe Nina Korte,
herzlichen Dank, dass Sie sich auch jetzt wieder so ernsthaft und engagiert mit meinen Problemen auseinandersetzen, Sie sind mir wirklich eine große Hilfe. So ein Garten ist schon eine echte Herausforderung!
Ich habe lange über Ihre Frage nachgedacht und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich am liebsten von allem etwas hätte. Ihre Vorschläge klangen sehr reizvoll, und ich kann gar