Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
ihren Kakao austrank, fühlte sie Übelkeit in sich aufsteigen. Wahrscheinlich hatte sie ihrem entwöhnten Magen zu viel zugemutet. Als sie sich allerdings nach einer Stunde und einem bitteren Espresso nach wie vor nicht besser fühlte, war sie ein wenig beunruhigt. Hoffentlich ist das nicht wieder irgendein Stresssymptom, dachte sie und bestellte sich einen Magenbitter. Für die Heimfahrt wollte sie einigermaßen fit sein. Den Besuch des Thomas-Mann-Museums musste sie wohl ausfallen lassen. Schade, sie hatte sich so darauf gefreut!
Nun wartete sie darauf, dass der Fernet Branca seine Wirkung tat, dabei wanderten ihre Gedanken zu Julian. Drei Wochen war es jetzt her, dass sie sich durch Zufall im La Viola begegnet waren. Es tat immer noch weh, an ihn zu denken, erst recht, seit sie wusste, wie schnell er sie durch eine neue Liebe ersetzt hatte.
Die attraktive Rotblonde war eine Klientin seiner Kanzlei, das hatte Stella herausgefunden, als sie Julian am nächsten Tag angerufen hatte. Eigentlich hatte sie sich gar nicht bei ihm melden wollen, so unmöglich, wie er zu ihr gewesen war.
Als er sie nämlich mit Ruth Gellersen am Tisch gesehen hatte, hatte er für einen kurzen Augenblick ganz erschrocken ausgesehen. Er hatte den Blick gesenkt und war ohne ein Wort in Richtung Toilette verschwunden. Feigling!, hatte Stella wütend gedacht und Ruth zu einem schnellen Aufbruch gedrängt.
Stella spürte einen heftigen Würgereiz und schaffte es gerade noch in den Waschraum. Sie sprengte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Ob sie tatsächlich wieder krank wurde?
Abends saß Leonie alleine in ihrer Wohnung und starrte missmutig auf den riesigen Papierberg, der sich vor ihr auftürmte. Vor zwei Wochen hatte sie sich für ein Fernstudium mit Schwerpunkt BWL und Marketing angemeldet, doch sie konnte sich bisher nicht so recht für den trockenen Unterrichtsstoff begeistern.
»Du hast es mit Thomas Regner so vereinbart, also streng dich an!«, sprach sie sich selbst Mut zu und starrte auf die Zeilen in ihrem Lehrbuch, die ihr immer wieder vor den Augen verschwammen. Leonie war müde und frustriert, der lange Winter, die Grippe und der Stress im Reisebüro hatten sie ausgelaugt.
Anstatt zu lernen, hätte sie viel lieber einen netten Abend mit ihren Freundinnen verbracht, mit ihnen zusammen gekocht und herumgealbert. Außerdem wollte sie allmählich die Renovierung des Wintergartens in Angriff nehmen und mit Nina über die Frühjahrsbepflanzung sprechen, damit die Villa und der Garten so hübsch werden würden, wie sie es sich in Gedanken ausgemalt hatten.
Doch Stella war in Lübeck, und Nina hatte sich schon seit Tagen nicht mehr blicken lassen. Der Jobwechsel schien ihr gutzutun, und zwar in jeder Beziehung. Seit sie bei Koloniale Möbel arbeitete, war sie viel offener und unternehmungslustiger geworden.
Von ihnen dreien hatte Nina eben die beste Tarot-Prognose gehabt, erinnerte sich Leonie mit einem leisen Anflug von Neid.
Sie rief sich jedoch gleich zur Ordnung, denn immerhin hatte sie gerade einen beachtenswerten Erfolg errungen. Nicht nur, dass die Sache mit dem Brief von Doris Möller kein Nachspiel für sie haben würde (offensichtlich hatte Thomas Regner seine schützende Hand über Leonie gehalten), man hatte ihr darüber hinaus eine Stelle als Marketingassistentin angeboten. In der Zentrale am Ballindamm!
Völlig überrumpelt hatte Leonie zuerst ablehnen wollen. Wie sollte sie einer solchen Anforderung gerecht werden? Sie hatte absolut keine Ahnung von Marketing. Aber Nina und Stella hatten ihr schnell den Kopf zurechtgerückt. Diese einmalige Chance würde sich ihr schließlich nie wieder bieten.
»Ihr habt ja recht!«, hatte Leonie geantwortet, als sie in die strengen Gesichter ihrer Mitbewohnerinnen geblickt hatte. Besonders Nina hatte nicht lockergelassen.
»Das ist das Beste, was dir überhaupt passieren kann«, hatte sie ausgerufen, nachdem Leonie den beiden von dem Angebot erzählt hatte.
Leonie war ein wenig irritiert, weil Nina und Stella offensichtlich dachten, ihre Probleme ließen sich in null Komma nichts aus der Welt schaffen. So einfach ist das nun auch wieder nicht, hatte sie gekränkt gedacht. Ich war vielleicht nicht im Krankenhaus, und meinen Job habe ich Gott sei Dank auch nicht verloren (obwohl nicht viel gefehlt hätte), aber trotzdem sind meine Sorgen nicht weniger ernst! Ich bin eben nicht so selbstbewusst wie Nina oder so erfahren wie Stella. Veränderungen machen mir zu
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