Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
Alexander Wagenbachs Handynummer.
»Wagenbach«, meldete er sich in geschäftsmäßigem Tonfall und konnte seine Überraschung kaum verbergen. »Frau Korte, das ist aber nett, dass Sie sich melden! Ich würde mich gerne auf ein Gläschen mit Ihnen zusammensetzen, aber im Augenblick habe ich leider noch recht viel zu tun. Ich wollte allerdings gegen einundzwanzig Uhr ein neues Restaurant in der Weidenallee ausprobieren und mir ansehen, was die Konkurrenz so treibt. Wollen Sie mich nicht begleiten?«
Nina sagte zu und machte sich gleich auf den Weg in die Weidenallee. Während sie die Straßen entlanglief, tippte sie mit wachsendem Vergnügen auf dem Display ihres Handys herum und war über sich selbst verwundert. Was war bloß in sie gefahren? Sie hatte Handys doch jahrelang strikt abgelehnt! Wenn sie daran dachte, wie hart sie damals am Tag des Einzugs über Stella geurteilt hatte, schämte sie sich fast ein wenig. Und nun war sie schon seit zehn Minuten damit beschäftigt, in diesem Ding Telefonnummern abzuspeichern.
Kurz darauf betrat sie das Lokal in der Weidenallee. Acht Uhr dreißig, Alexander Wagenbach würde erst in einer halben Stunde da sein. Nina ließ sich von der Kellnerin zu einem gemütlichen Nischenplatz führen, von dem aus sie das Restaurant gut überblicken konnte. Nachdenklich blickte sie in die Flamme einer Kerze, die die nette Bedienung eben auf ihren Tisch gestellt hatte, und begann, kleine Kügelchen aus dem heruntertropfenden Wachs zu formen.
Wie sehr sich ihr Leben in den vergangenen Monaten verändert hatte! Sie war viel lebendiger geworden und spürte, wie es ihr Tag für Tag mehr Freude bereitete, neue Dinge auszuprobieren. Was hatte sie all die Jahre für ein langweiliges und einsames Leben geführt. Es schien, als hätte mit dem Einzug in die Villa ein neuer, schöner und aufregender Abschnitt für sie begonnen.
Passend zu ihrem neuen Lebensgefühl wurde auch ihre Korrespondenz mit Asterdivaricatus immer unbeschwerter. Es schien, als hätte sie ihr ganzes Misstrauen wie einen alten Mantel abgelegt. Mittlerweile vertraute sie Waldemar Achternbeck sogar ihre kleinen Sorgen und Nöte an und schrieb von Träumen und Sehnsüchten. Was sollte auch groß passieren? Ein Axtmörder hätte ihr längst vor der Villa aufgelauert. Angst war immer ein schlechter Berater, und sie hatte sich vorgenommen, sich endlich davon frei zu machen und ihr Leben zu genießen!
»Schön, Sie zu sehen, Ihr Anruf hat mir den Tag gerettet«, sagte Alexander Wagenbach lächelnd, als er mit geröteten Wangen und etwas außer Atem zur Tür hereinkam und ihr gegenüber Platz nahm.
»Hatten Sie Ärger?«, erkundigte sich Nina mitfühlend.
»Ach, nicht der Rede wert«, winkte er mit einer abwehrenden Handbewegung ab und sah Nina dabei aufmerksam an. »Sie sehen gut aus. Der neue Job scheint Ihnen zu bekommen. Sie wirken viel entspannter als noch vor einigen Wochen.«
»Danke«, antwortete Nina verlegen und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Auf einmal kam es ihr seltsam vor, mit einem ehemaligen Stammkunden des Blumenmeers bei Kerzenschein zu Abend zu essen. Die ganze Situation hatte etwas so Intimes. Was seine Frau wohl dazu sagte?
Doch wenig später waren ihre Hemmungen wie weggeblasen. Der Aperitif hatte Alexander Wagenbach in Stimmung gebracht, und er unterhielt Nina mit köstlichen Anekdoten aus seinem Restaurantalltag, bis sie Tränen lachte.
»Erstaunlich, wie die Geschichten sich manchmal ähneln«, sagte sie und dachte an ihre bisweilen kapriziöse Kundschaft aus dem Blumenmeer.
Das Essen war ausgezeichnet, und Nina beobachtete, wie ihr Gegenüber sich Notizen machte.
Für einen Moment drifteten ihre Gedanken zu Asterdivaricatus ab, der ihr mittlerweile einige seiner Gastrokritiken zugemailt hatte. Sein Stil war amüsant und klug, genau so, wie sie es aufgrund ihrer Korrespondenz erwartet hatte. Signiert waren die Artikel mit dem Kürzel »WA«, er benutzte somit doch keinen Künstlernamen für seine Kolumnen. Nach wie vor konnte sie sich nicht erklären, warum sie im Internet nichts über ihn gefunden hatte.
»Was schreiben Sie sich denn da alles auf?«, fragte Nina verwundert, als sie sah, dass Alexander Wagenbachs Aufzeichnungen immer länger wurden. Seit beinahe fünf Minuten hatte er nicht mehr von seinem Notizblock aufgeblickt.
»Bitte entschuldigen Sie, das ist eine Berufskrankheit«, erwiderte er und legte den Stift beiseite. »Ich kommentiere die Auswahl auf der Speisekarte, die
Weitere Kostenlose Bücher