Eine von Zweien (German Edition)
der
Tür klingelte.
„Kleinen Moment noch, komm rein, ich telefoniere nur noch zu
Ende.“
Ben hatte nur kurz angerufen, um zu erzählen, wie es bei
seiner Konferenz lief und wie nett es gestern mit seinen Kollegen war. Er war
drauf und dran gewesen ins Detail zu gehen, aber ich konnte Ihn vorher noch
abwürgen. Ich hatte gerade keinen Kopf für diese Dinge. Er hatte auch nachgefragt,
wie es bei mir lief. Aber ich hatte keine Lust gehabt, ihm alles zu berichten. Wo sollte ich
auch anfangen? Er hatte Beth zwar getroffen, aber zu erklären, wer sie war und
was mir gerade passierte, das wäre zu viel verlangt. Für mich, um es zu erzählen
und für ihn, es zu begreifen. Ich hoffte, glaube ich immer noch, dass der Spuk
bald vorbei sein würde und er gar nichts davon mitbekommen würde.
Als ich aufgelegt hatte, sah ich, wie Beth es sich auf dem
Sofa bequem gemacht hatte. Ich setzte mich dazu und war gespannt, was sie mir
zu sagen hatte. Ich glaube zumindest, dass ich gespannt war. Vielleicht war ich
auch einfach nur angespannt. Ich versuchte mich durch ein Lächeln und einen
tiefen Atemzug selbst zu beruhigen.
„Na dann, was sind deine Erkenntnisse über mich?“, sagte ich versucht
selbstsicher mit ironischen Unterton. Ich versuchte, das nervöse Zucken meines
Augenlids unter Kontrolle zu bringen.
„Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass dein Verstand bzw.
du selbst dir verboten hast zu leben. Ja, du hast oberflächlich betrachtet alles,
was man sich wünschen kann, aber wie sieht es aus, wenn ich ein bisschen tiefer
grabe? Fangen wir bei deinem Job an. Bitte beantworte mir folgende Frage: Was
magst du an deinem Job?“
Nicht schon wieder, was wollte sie denn jetzt schon wieder?
Wollte ich ihr nicht die Fragen stellen und sie mit ins Boot holen, um
herauszufinden, wo sich unsere Wege getrennt hatten. Gut, ich werde ihre Fragen
beantworten, vielleicht kann ich dann auch gleich meine beantwortet bekommen.
Also los!
„Was ich an meinem Job mag: dass ich gebraucht werde, dass
ich gut bin in dem, was ich tue und dass ich Komplimente für meine
Schnelligkeit bekomme. Und eigentlich mag ich alle meine Kollegen.“
„Und du hast das Gefühl, der Job erfüllt dich und bringt dich
in deinem Leben weiter?“
Diese pseudospirituelle Sichtweise lag mir überhaupt nicht,
brachte mich mein Job weiter? Wo sollte er mich denn hinbringen? Nein, er
brachte mir Geld und eine Aufgabe, mehr kann ja wohl von einem Job nicht
verlangt werden. Nur sehr wenigen Menschen bringt der Job noch mehr als das.
„Er bringt mir Geld und eine Beschäftigung und Firmenreisen
und Anerkennung.“
Sie schaute mich musternd an, sie überlegte, ob sie mir die
nächste Frage stellen wollte oder nicht. Entgegen meiner Hoffnung öffnete sie
ihren Mund und stellte die Frage.
„Erinnerst du dich, als du mit Lukas in der Höhle hinten im
Garten gesessen bist und ihr euch als kleine Kinder geschworen habt...“
„...nie so zu enden, wie die Erwachsenen, nie herumzulaufen,
wie die grauen Männer bei Momo, ja, ich erinnere mich. Ja, aber nicht alle
schaffen es und haben die Kraft als Erwachsene nicht in diesen Sog mit
hineingezogen zu werden.“
Was sollte der Quatsch? Als Kind hat man Träume und
Vorstellungen, die nicht immer der Realität entsprechen.
„Lukas hat sich bis heute an eure Absprache gehalten. Weißt
du, was er jetzt macht?“
Mir blieb der Atem im Halse stecken. An Lukas hatte ich
wirklich seit Jahren nicht mehr gedacht. Ich hatte mir nie erlaubt, diese Frage
zu stellen, ich wollte mir nie erlauben, diese Frage zu stellen. Er gehörte in
die Vergangenheit. Ich hatte ihn komplett aus meinem Leben verbannt und ich war
mir immer sicher, so würde es bis zu meinem Tod auch bleiben.
„Nein, Beth, ich weiß nicht, was er jetzt macht und wo er
ist, ich hatte mich damals dazu entschlossen, ihn aus meinem Leben zu streichen
und das war’s. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich es auch gerne dabei
belassen.“
Sie ignorierte mich und sprach einfach drauf los.
„Soweit ich weiß, leitet er eine Agentur in München und ist
sehr erfolgreich. Er hat den Ruf, sehr innovativ und gegen die Norm zu arbeiten.
Als er die Firma gründete, schlug seine ganze Familie die Hände über dem Kopf
zusammen. Er musste von Anfang an kämpfen. Aber es hat sich wohl gelohnt. Wie
es scheint, hat er sich immer an das einander gegenseitig abgenommene
Versprechen erinnert. Was ist mit dir?“
Sie schaute mir direkt in die Augen, ohne auch nur mit
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