Eine von Zweien (German Edition)
erschöpft auf den Boden. Warum hatte ich aufgehört zu malen? Ich
konnte mich nicht erinnern. Ich hatte es einfach getan. Ich hatte wohl den Spaß
daran verloren. So muss es gewesen sein. Also mein letztes Bild, das ich gemalt
hatte. Welches war das denn? Es wollte mir nicht einfallen. Komisch!
Ich hatte mich bei meinem Selbstgespräch auf den Boden
gesetzt. Denn hier saß ich, als mich eine Idee wie ein Blitz durchfuhr und sich
in meinem Kopf festsetzte. Was ist, wenn Beth die andere Seite meiner Medaille
ist, mir die andere Seite zu allen meinen Entscheidungen aufzeigt? Also, wie
würde ich sein, wenn ich mich an bestimmten Punkten für einen anderen Weg
entschieden hätte? Das würde bedeuten, ich könnte mal schauen, wo ich stehen
würde, wenn ich ihre, wenn ich Beths Entscheidungen getroffen hätte. Aber wo
hatten sich unsere Wege getrennt? Ich musste versuchen, chronologisch
darzustellen, wann ich welche wichtige Entscheidung getroffen hatte und dadurch
andere wichtige Wege und Richtungen verworfen hatte. Hatte es vielleicht mit
dem Malen angefangen? War das der Grund, warum sie mir diese Frage vorhin
gestellt hatte. Wollte sie mich zu diesen Gedanken führen? Oder bilde ich mir
wieder etwas ein? Egal, ich versuchte ein langes Blatt Papier zu finden. Darauf
wollte ich einen Zeitstrahl, den Verlauf meines Lebens aufmalen. Hatte ich
nicht vielleicht irgendwo eine Rolle Backpapier? Das wäre lang genug. Nein,
natürlich nicht. Ich brauchte so etwas ja nie. Aber vielleicht hatte Ben ja
irgendwo welches versteckt. Er war bei uns der Koch und der Genießer im Haus.
Aber wo hatte er diese doofe Rolle nur verstaut? Ich konnte sie nicht finden.
Ich schaute in jede einzelne Schublade in unserer gut geordneten Küche.
Nirgends war sie zu finden! Ich musste etwas anderes suchen. Ich schaute mich
hektisch in der Küche um. Hier war kein Ersatz zu erwarten. Auf Klopapier kann
man nicht schreiben, also brauchte ich im Bad gar nicht zu suchen. Ich ging ins
Arbeitszimmer und schaute mich verzweifelt um. Es musste doch etwas zu finden
sein. Ich sah, wie mir der Tesafilm von seinem Platz auf dem Schreibtisch zublinzelte.
Na klar, ich werde einfach mit einem Papier anfangen und dann ein Blatt nach
dem anderen mit Tesafilm zusammen kleben. Dass ich erst jetzt auf die Idee kam!
Ich war aber auch zu verwirrt. Ich suchte mir aus den nach Farben geordneten
Stiften vier Farben heraus und machte es mir auf dem Boden gemütlich. Die
Geburt und die Kleinkindzeit konnte ich weglassen. Da gab es sicher keine
Entscheidungen, die ich anders als Beth getroffen hatte. Der größte Unterschied
zwischen uns beiden, ist wohl der Job und der damit verbundene Lebensstil. Naja
gut und die Lebenseinstellung. Apropos Lebensstil, hatte Beth überhaupt einen
Partner an ihrer Seite? Oder hatte sie der Beziehung abgeschworen? Ich hatte
keine Fotos von ihr mit einem Mann an den Wänden gesehen, und gesagt hatte sie
auch nichts. Aber sie wäre sicher auf dem Thema rumgeritten, wäre es von
Bedeutung gewesen. Also war ich wieder bei der Frage angekommen: hatte es etwas
mit dem Malen zu tun? Mit dem Beruf? Das war doch ihr Thema gewesen. So klappte
das nicht! Ich konnte es nicht allein. Ich musste sie mit einbeziehen. Sollte
ich sofort rübergehen und bei ihr klingeln, um zu versuchen, es mit ihr
gemeinsam zu ergründen? Ich würde ihr damit sicher die Genugtuung schlechthin
geben. Ich würde ihr die Möglichkeit geben mit tiefen Gesprächen in mich
einzudringen und sie würde versuchen, mich selber auch dazu zubringen. Nein! Darauf hatte ich keine Lust. Wie spät war
es eigentlich? Ich hatte das Zeitgefühl völlig verloren. In mein Selbstgespräch
versunken und bei der Suche nach einem Schnittpunkt oder dem Scheideweg
zwischen Beth und mir war die Zeit einfach davongerannt. Ich bekam einen
Schreck, ich hatte mich doch zum Tennismatch mit den Kollegen verabredet. Ich
wusste zwar nicht, wer kommt, aber ich hatte mich zu 17 Uhr eingetragen und es
war schon halb fünf. Ich musste schnell meine Sachen packen und los. Als ich
gerade die Tür öffnen wollte, um rauszugehen, klingelte es. Beth stand in
Sportsachen vor der Tür. Ich war überrascht und unvorbereitet, sie zu sehen.
Ich dachte, ich hätte für heute meine Ruhe vor ihr. Aber da hatte ich meine
Rechnung ohne die liebe Beth gemacht.
„Ich dachte schon, du hast den Termin vergessen!“ sagte sie
und grinste mich an.“
Was wollte sie schon wieder? Innerlich freute ich mich, denn
selbst, wenn wir zu
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