Eine von Zweien (German Edition)
Wie wollte ich auftreten?
Ich hatte keine Ahnung.
„Nein, ich kann mich nicht entscheiden, ich habe ja
hauptsächlich Outfits für die Arbeit mit, aber ich werde sicher nicht als
Wirtschaftsprüferin dort hingehen. Die strenge Lissi sind sie ja nicht gewohnt.
Aber soll ich in meinen total schlunzigen Klamotten dahin gehen? Das Glorias
hat sich sicher nicht so sehr verändert. Wir haben da früher immer einen Kaffee
getrunken und die ganzen erfolgreichen Frauen beobachtet. Die waren immer nach den
neuesten Trends gekleidet und sahen alle immer so beeindruckend aus. Also geht
mein normaler Jeans-Look auch nicht. Beth, ich bin ein wenig am verzweifeln!
Okay, ich untertreibe, ich bin nicht nur ein wenig verzweifelt!“
„Gut, dann zeig mal her, was du alles in deinem Koffer hast!“
Wir fingen an, meinen Kofferinhalt auf dem Bett auszubreiten.
Ich war froh, denn ich hatte noch eine gute Stunde, bis ich da sein musste. Wir
hatten also genug Zeit, um irgendwas zu finden, womit ich mich wohl fühlen
konnte. Die Situation war so schon unangenehm genug, da wollte ich mich
wenigstens mit mir selbst wohlfühlen. Wir legten alles zu Seite, was wirklich
zu businessmäßig war und schauten, wie wir den Rest kombinieren konnten. Am
Ende hatten wir das perfekte Outfit gefunden. Eine Bluse, die ich locker mit
einer Jeans kombinieren konnte, dazu die Strickjacke und meine Lieblings-Pumps
mit der roten Sohle, die ich mir nach dem letzten großen Auftrag gegönnt hatte.
Ich fühlte mich wohl. Die Haare machte ich einfach zu einem lockeren Dutt nach
oben zusammen und ich war bereit, zu gehen. Gerade rechtzeitig, um nicht viel
zu spät zu kommen, aber auch nicht viel zu früh. Ich wollte auf keinen Fall die
Erste sein. Ich war dankbar, dass Beth da war. Ich könnte mich daran gewöhnen
nicht immer alles alleine machen zu müssen. Eine Person, der du vertraust und
die dir den Rücken stärkt ist, schon etwas Besonderes.
„Danke dir Beth, drück mir die Daumen, dass ich alles gut
überleben werde.“
„Ja, denk immer daran, wenn dir Messer entgegenfliegen, dann
weiche aus. Ein paar Kung-Fu-Tritte und dann Richtung Ausgang rennen. Am besten
setzt du dich in die Nähe des Ausgangs.“
Sie grinste mich ermutigend an. Und ich entspannte mich. Ich
fühlte mich wohl und war bereit mich der Vergangenheit zu stellen.
„Jaja, mach du dich nur über mich lustig! Nur weil du mit den
allen noch so gut befreundet bist und dich ihnen gegenüber nie so erklären
musstest. Aber ich kann dir sagen, wenn du dich wie ich fühlen würdest, dann
würdest du nicht so eine große Lippe riskieren.“
„Du hast bestimmt recht, aber muss ich ja auch nicht.“ Sie
lachte.
Wenn sie versuchte, mir mit dem Rumblödeln die Anspannung zu
nehmen, dann klappte es ein wenig. Ich war zwar nervlich ein Wrack und wusste
nicht, was ich, außer anzugreifen, dagegen tun konnte. Aber lachen und albern
sein verringerte den Druck ein wenig. Es half aber am Ende alles nichts, ich
musste einfach los und das Treffen hinter mich bringen. Treffen mit Klienten
waren für mich nie das Problem, ich wusste wovon ich sprach, ich kannte ihre
Zahlen und wir begegneten uns auf einer Wissensebene. Da konnte ich klar meine
Forderungen stellen und Anweisungen geben. Vielleicht hatte ich ja verlernt,
mit Menschen normal zu reden. Gut, mit Kathrin hatte es auch geklappt, aber das
hier war ja eine Gruppe, es gab kein vorgegebenes Thema. Hier war alles offen, ich hatte keine
Ahnung, was auf mich zukommen würde. Ich wusste nicht mal, ob ich bei den Anderen
willkommen war. Biggi hatte mich eingeladen und gesagt, ich wäre die
Überraschung. Ich konnte nur hoffen, dass ich eine gute und keine schlechte
Überraschung war! Ich machte mich auf dem Weg und war einfach schon mal froh,
dass die Sonne schien. Das musste doch ein gutes Zeichen sein. Ich suchte nach noch
mehr guten Zeichen. Ich brauchte etwas, das mich nicht durchdrehen ließ. Seit
Beth in meinem Leben war, glaubte ich an Zeichen. Schließlich hatte alles mit
einer Vorahnung angefangen. Ich lief die Straße entlang. Ich musste 15 Minuten
laufen oder ich hätte eine Straßenbahn nehmen können. Ich entschied mich fürs
Laufen. Die frische Luft beruhigte mich. Als ich um die Ecke zum Glorias bog,
musste ich kurz stehen bleiben, meinen Mut sammeln, um dann mit einem Lächeln
auf dem Gesicht und einer selbstbewussten Haltung darauf zuzugehen. Ich wusste
ja nicht, ob ich von innen schon beobachtet wurde. Ich drückte die
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