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Eine von Zweien (German Edition)

Eine von Zweien (German Edition)

Titel: Eine von Zweien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Albrecht
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Türklinge
runter und ging hinein. Es hatte sich nicht viel verändert, nein, es hatte sich
gar nichts verändert. Alles war immer noch sehr liebevoll eingerichtet. Es gab
nicht einen Stuhl, der dem anderen gleich war; die Wände waren dicht mit
Gewürzen, Bildern und Kochutensilien dekoriert. Auf den Tischen lagen die
karierten Tischdecken, jeder Tisch hatte eine andere Farbe. Wie Früher, roch es
nach Kaffee und Essen. Es war noch früh am Tag, aber schon saßen die ersten
Leute an den Tischen und genossen ihr Mittagessen. In der einen Ecke saßen fünf
junge Mädels, die mich interessiert musterten. Jetzt waren wir die Älteren, die
von den Jüngern gemustert wurden. Ich schaute mich um und sah, wie Biggi mir
zuwinkte und die anderen sich umdrehten, um zu schauen, wer der Gast war, den
Biggi eingeladen hatte. Ich ging langsam auf die Gruppe zu. Der Kloß in meinem
Hals wuchs mit jedem Schritt, den ich näher kam und keine etwas sagte. Alle
schauten mich nur genau an. Endlich kam eine Reaktion. Ich hatte schon fast
aufgehört zu hoffen, dass mir jemand die Qual der ersten Worte abnehmen würde.
    „Nein, ich glaub es nicht, das kann nicht sein, ich hätte sie
fast nicht erkannt als schicke Lady. Beth, bist du das? Die verschollene Beth?
Die fast totgeglaubte Beth?
    Ich hatte sie sofort erkannt. Martha war noch hübscher
geworden! Sie hatte ein paar Kilos zugelegt, die Dürre ihrer Jugend hatte sie
hinter sich gelassen, sie hatte aber immer noch diese durchdringenden grünen
Augen, die alles, jedes kleinste Detail zu sehen vermocht. Ihre roten, fast
orangenen Haare bildeten den perfekten Rahmen für ihr Gesicht und ihre Augen.
Sie ließen die Augen noch undurchdringlicher werden. Aber sie grinste erstaunt.
Sie sah nicht so aus, als ob sie gleich ein Glas nehmen und es mir ins Gesicht
schütten würde oder ähnliches anstellen würde, was noch alles in Filmen
passiert. Nein, sie grinste. Der Kloß in meinen Hals wurde ein wenig kleiner
und gab mir Platz zum schlucken frei.
    „Ja, Martha, ich bin es!“ meine Stimme war leider nicht so
stark, wie ich es mir gewünscht hatte, aber was hatte ich auch erwartet.
    „Auch, wenn sie sich jetzt Lissi nennt....“, setzte Biggi
noch dazu.
    „Lissi?“ Jetzt standen auch die anderen auf. „Nein, vergiss
es! Das passt nicht zu dir, du bist Beth!“   sagte Elene. Sie konnte noch nie gut mit Veränderungen umgehen, also war
es nicht verwunderlich, dass sie etwas gegen diesen ungewohnten Namen hatte.
Aber ich konnte sie auch verstehen. Sie kannten mich noch als Beth, aber da war
ich auch noch jemand anderes. Vielleicht würden sie bald merken, dass ich ganz
anders war und es kam für sie nicht mehr in Frage, mich Beth zu nennen. Alles
war möglich. Wenn ich mir aber Elene so anschaute, dann hatte sie sich sehr
verändert. Am meisten von uns allen. Sie hatte extrem abgenommen und hatte
einen unglaublich drahtigen, durchtrainierten Körper, einen entspannten,
seligen Blick und ihre Bewegungen war entspannt und ruhig. Sie war so gelassen.
Nichts mehr geblieben von der nervösen Abiturientin, die gerne Germanistik studieren
wollte. Ich war gespannt was mit ihr passiert war.
    „Setz dich doch endlich zu uns!“ sagte Tatjana mit Tränen in
den Augen. In der Hinsicht hatte sich nichts geändert.   Auf den ersten Blick hatten sich die
Grundcharakterzüge nicht verändert. Tatjana war schon immer nah am Wasser
gebaut. Auch jetzt war sie die einzige, die sich mit einem Taschentuch die
Tränen wegwischte. „Biggi, das ist wirklich eine riesige Überraschung, wo hast
du Beth denn aufgetrieben?“ wollte sie wissen. Sie war immer die Zierlichste
von uns allen gewesen. Ihre kurzen blonden Haare von früher ließ sie wachsen
und trug sie schulterlang. Sie war entspannt, aber dennoch sehr exquisit
gekleidet und hatte ein Blitzen in ihren feuchten Augen, das verriet, dass man
ihr nicht die Butter vom Brot nehmen konnte. Dieses Blitzen kannte ich von
früher; es war schon immer leicht gewesen, sie wurde schon immer aufgrund ihrer
zarten Erscheinung, unterschätzen, deshalb hat sie schon immer um so
erbitterter diskutiert.
    „Ich habe sie gestern vor unserer alten Schule getroffen,
nach dem ich von meinem Elternsprechtag nach Hause wollte. Da stand sie ganz
verloren vor dem Vordereingang. Ich konnte sie sofort erkennen, auch wenn sie
sich schon etwas verändert hatte. Aber sie stand immer noch wie unsere Beth,
immer noch die gleiche Haltung. Ich habe wohl ihre Silhouette erkannt.

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