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Eine Vorhaut klagt an

Eine Vorhaut klagt an

Titel: Eine Vorhaut klagt an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shalom Auslander
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sagte: – Mich hat’s erwischt.
    – Warum schreiben Sie nicht darüber?, fragte er.
    Dreihundertfünfzig Dollar die Stunde.
    – Ich mache mir Sorgen, sagte ich. – Wir haben keine Fotos im Haus. Wir haben Fotos von uns als Erwachsene, aber es gibt keine von unseren Eltern, keine aus unserer Kindheit. Es ist wie bei Adam und Eva: Wir sind aus dem Nichts gekommen.
    – Dem kann ich nicht folgen.
    – Die waren als Erwachsene geboren.
    – Stimmt.
    – Adam und Eva bei den Niagarafällen, Adam und Eva am Grand Canyon. Aber keine Kindergartenfotos an den Wänden, keine Babybilder.
    – Wahrscheinlich war es damals schwierig, welche zu kriegen.
    – Und wenn er fragt?
    – Wer?
    – Unser Sohn.
    – Warum schreiben Sie nicht darüber?
    – »Lieber Sohn, aus folgenden Gründen sind die Wände kahl«?
    – Na sicher.
    Dreihundertfünfzig Dollar die Stunde.
    Ich ging wieder in die Agentur und blätterte die Kataloge mit den Archivfotos durch.
     
    Lieber Sohn,
wahrscheinlich sollte ich das jetzt gar nicht tun. Wahrscheinlich wirst Du deswegen sterben. Wenn Gott davon erfährt, sind wir beide geliefert. Meine Mutter sieht so aus:

     
    Das ist kein richtiges Foto. Es ist ein Archivfoto. Leute machen Fotos und verkaufen sie Werbeagenturen, die sie dann für Anzeigen verwenden. Ich arbeite in einer Werbeagentur. Ja, ich weiß. Aber siehst Du den Pool in unserem Garten? Egal, hier ist noch eins, das ihr ähnelt:

     
    Ich weiß nicht, warum sie weint, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es mit mir zu tun hat. Vielleicht habe ich einen Cheeseburger gegessen. Das ist ein komplizierter Witz, aber sagen wir jetzt erst einmal, dass meine Mutter Cheeseburger richtig hasste. Sie hasste sie so sehr, dass sie nicht wollte, dass ich sie aß. Aber ich aß sie trotzdem. Und jetzt reden wir nicht mehr miteinander. Hier ist eins, das meinem Vater ähnlich sieht:

     
    Hier noch eins:

     
    Jemand hat ihm wohl einen Witz erzählt.
    Das alles ist für mich ein großer Konflikt, mein Sohn. Ich habe Angst, dass Gott mich irgendwie bestrafen wird. Fürs Reden, fürs Ausplaudern, für Respektlosigkeit meinen Eltern gegenüber, für Stolz, für Arroganz. Das Naheliegendste für Ihn wäre, Dich zu töten. Oder Er könnte auch Mommy töten. An so einer Schule war ich, als ich klein war:

     
    Das war in der Pause.
    Das mit mir und diesem Gott reicht weit zurück, und ich warte darauf, dass Er etwas richtig welterschütternd Tragisches geplant hat, dass jeder Tag, der ohne einen Tod vergeht, Teil einer extrem langen Vorbereitung auf irgendeinen wahnsinnig bösen Witz ist, einen, der erst verbraucht ist, wenn ich alt bin und es dann zu spät ist, um noch etwas zu ändern, und ich mit meinem Schmerz und meiner Scham bis zum Tod leben muss. Folgendermaßen soll Gott aussehen, wie man mir gesagt hat:

     
    Ich weiß, es ist unsinnig. Ich weiß, ich sollte es nicht glauben. Ich weiß es, ich weiß es, ich weiß es, aber irgendwie kriege ich diese Figur nicht aus dem Kopf. Ich habe versucht, Ihn zu vergessen, Ihn mir neu zu denken, Ihn umzuschreiben, weiterzukommen. Ich habe Sam Harris gelesen. Ich habe Richard Dawkins gelesen. Das alles ist einsichtig, aber nichts hilft mir. Vielleicht kommt bei mir jede Hilfe zu spät. Ich habe weiterhin Angst – Angst, dass es wider jede Logik einen Gott gibt und ich sterbe und die Engel mich an den Armen nehmen und wir in den Himmel aufsteigen und das Himmelstor aufgeht und die Engel singen und das Widderhorn ertönt und Er dann da ist:

     
    So weit kam ich.
    – Ich hör jetzt auf, okay, Du Nervensäge, ja? , sagte ich zu Gott. – Ich höre auf. Entspann Dich.
    Dann löschte ich die Datei.
    Möchten Sie , fragte mich der Computer, die Objekte im Papierkorb wirklich dauerhaft entfernen? Diese Aktion kann nicht widerrufen werden.
    Ich mochte.
    An dem Tag fuhr ich wie benebelt nach Hause. Ich hatte zwölf Jahre damit verbracht, einen Raum für mich zu erkämpfen, versucht, eine Familie aufzubauen, in der ich als der, der ich war, geliebt, und nicht als einer, der ich nicht war, gehasst wurde, und ich hatte gerade die ersten Erfolge erzielt, Erfolge, die zu Freude führten, einer Freude, die zu einem Kind führte, einem Kind, durch das diese Familie wieder voll über mein Leben hereinzubrechen drohte. Und mit mir, immerfort, wie eine Geschlechtskrankheit, der Herr.
    An einer Ampel kam ich neben einem Anhänger zu stehen, der zu einer Spedition gehörte. Die Spedition hieß Guaranteed Overnight Delivery. Dort,

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