Eine Welt für Menschen
die kleine Stadt. Jedermann war hellwach und wartete auf das erste Anzeichen, daß die Qahiren mit der zweiten Spielphase begännen.
In seinem Quartier traf Ashley Bannister die abschließenden Vorbereitungen.
Kepler war gesprächig wie nie zuvor. Ashley begann zu glauben, das emotio-psionische Multiplex – oder zumindest der Aspekt namens Kepler – habe sich endgültig auf seine Seite geschlagen. Bob Koenig verfolgte die Unterhaltung mit großem Interesse.
»Tajsa spricht von der Konzeption eines Nächstherrlichen«, sagte Ashley. »Was ist damit gemeint? Es soll ein Nachfolger bestimmt werden?«
»Erzeugt, nicht bestimmt«, verbesserte Kepler. »Der Nächstherrliche wird Tajsas Sohn oder Tochter sein. Die Herrliche verfügt über ein ganzes Netzwerk von Aspekten. Sie sind weiser und mit mehr Informationen ausgestattet als die Aspekte der gewöhnlichen Qahiren. Die Repro-Aspekte der Herrlichen entwickeln mehrere Gen-Muster für den geplanten Nachfolger und legen sie Tajsa zur Auswahl vor. Tajsa entscheidet sich für eines davon, und dieses wird sodann reproduktiv ausgewertet.«
»Was heißt das? Tajsa sucht sich einen Mann …«
»Mir ist bekannt, daß das früher so gehandhabt wurde«, unterbrach ihn Kepler. »Heutzutage unterzieht man sich nicht mehr der Mühe der körperlichen Empfängnis und Geburt.«
»Man hätte Pellgon und Maronne davon in Kenntnis setzen sollen«, bemerkte Ashley spöttisch. »Ich erwischte sie dabei, wie sie …«
»Die körperliche Liebe gibt es noch«, wurde er zum zweiten Mal unterbrochen. »Die Geno-Aspekte sind darauf kalibriert, sich komplizierte erotische Spiele auszudenken. Aber die physische Verbindung bleibt ohne reproduktive Folgen.«
»Zum Teufel, wie pflanzen sich die Qahiren dann fort?« fragte Ashley verblüfft.
»In vitro«, antwortete Kepler. »Sobald das Gen-Muster des zu Gebärenden bekannt ist, verwirklicht man es anhand einer Fruchtzelle, die in geeigneter Umgebung aufwächst. Der Nächstherrliche entsteht anhand eines Musters, das außer synthetischen Erbeigenschaften nur solche seines unmittelbaren Vorgängers enthält. Die gewöhnlichen Qahiren können ihre Nächstenbilder nach Belieben zusammenstellen. Die Herrliche allerdings begutachtet jeden Entwurf und untersagt seine Verwirklichung, wenn er ihren Vorstellungen nicht entspricht. Denn die Qahiren haben in erster Linie die Aufgabe, Gefährten und Unterhalter des oder der Herrlichen zu sein.«
»Das ist ein wunderhübsches Arrangement«, knurrte Bob Koenig. »In einer Maschinenfabrik des einundzwanzigsten Jahrhunderts ging es humaner zu!«
»Wie lange dauert die Aufzucht des Nächstherrlichen?« fragte Ashley.
»Ein paar Tage, sobald das Gen-Bild festgelegt ist.«
»Gut. Was sind Konzil-Aspekte?«
»Aspekte des emotio-psionischen Multiplexes, die nur der Herrlichen zur Verfügung stehen«, antwortete Kepler bereitwillig. »Sie sind ihre Berater und verfügen über ein dementsprechendes Wissen.«
»Wie sehen sie aus?«
»Das ist keine sehr intelligente Frage. Jeder Aspekt, mit nüchternen Augen betrachtet, sieht aus wie ein kleiner Kasten. Die Frage ist: Wie zeigen sie sich der Herrlichen? Sie sind die Klugen, die Weisen. Um ihre Rolle zu verdeutlichen, erscheinen sie als Köpfe ohne Körper.«
Ashley erinnerte sich an das Gesicht, das er über den Rand einer rosafarbenen Wolke hatte lugen sehen. Hier hatte er die Erklärung.
»Weißt du, wann die nächste Spielphase der Qahiren beginnt?« fragte Ashley.
»Nein. Aber ich bekomme es wahrscheinlich früher zu spüren als du und kann dich warnen.«
»Tu das. Gesetzt den Fall, die Herrliche erhält einen Nachfolger. Was wird dann aus ihr?«
»Das Wachstum des Nächstherrlichen wird kontrolliert. Tajsa kann sich ihren Mutterfreuden widmen, solange es ihr Spaß macht. Eines Tages wird sie müde werden. Dann nimmt der Nächstherrliche ihren Platz als Herrscher der Qahiren ein.«
»Und Tajsa?«
»Geht ins Reich der Unvergänglichkeit ein.«
»Was heißt das?«
»Kannst du’s dir nicht denken? Ich halte dich – nach qahirischen Maßstäben – für ein ungewöhnlich intelligentes Wesen. Denk selbst darüber nach, und du wirst die Antwort finden.«
Ein wenig irritiert antwortete Ashley:
»Ich habe keine Zeit, mir über niedliche Rätsel den Kopf zu zerbrechen. Unsere nächste Prüfung steht unmittelbar bevor. Ich will wissen, wie sie ausfällt. Kannst du mich zu Tajsa bringen?«
»Nein. Der Weg zu Tajsa ist mir
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