Eine Welt für Menschen
versperrt.«
»Kepler!«
»Schrei mich nicht an.«
»Ich mag dir als der ruhigste und beherrschteste Mensch erscheinen, Kepler«, rief Ashley. »Aber auch meine Belastbarkeit hat Grenzen. Weißt du, wieviel von dem bevorstehenden Experiment für uns abhängt? Du mußt eine Möglichkeit finden, mich zu Tajsa zu bringen.«
Kepler ließ ein paar Sekunden verstreichen, als müsse er nachdenken. Dann sagte er:
»Die Herrliche wird sich wahrscheinlich in eine Pseudowirklichkeit versetzen und ein paar Freunde zu sich einladen. Über einen der Freunde könnte ich dich in Tajsas Nähe bringen.«
»Sehr gut. Ich habe festgestellt, daß die Qahiren mich nicht erkennen, solange sie sich in einer Fiktivwelt aufhalten.«
»Das ist richtig. Auch aus Tajsas Pseudowirklichkeit werde ich dich entfernen, bevor die Herrliche erfahren kann, wer du bist. Einmal in der wirklichen Wirklichkeit, und wir beide sind entlarvt!«
»Aber du könntest mich auch aus der wirklichen Wirklichkeit hierher zurückholen, das heißt in Sicherheit bringen?«
»Falls der, durch dessen Pseudowirklichkeit ich dich in Tajsas Nähe gebracht habe, sich noch immer in Tajsas Umgebung aufhält.«
Ashley ließ sich die Idee eine Zeitlang durch den Kopf gehen. Dann nickte er emphatisch, als könne an der Entscheidung, die er soeben getroffen hatte, nicht mehr gerüttelt werden.
»So ist es gut, Kepler«, sagte er. »Ich bleibe bei Tajsa, bis sie in die Wirklichkeit zurückkehrt. Ich will, daß sie mich erkennt.«
»Das ist Wahnsinn!«
»Nein, Berechnung. Ich habe einmal Tajsas Interesse erregt; ich werde es ein zweites Mal tun.«
»Wenn Tajsa dich erkennt, wird es ihr nicht schwerfallen, zu ermitteln, wie du dorthin gekommen bist.«
»Was geschieht dann?«
»Sie veranlaßt, daß ich desaktiviert werde. Entweder ist das Spiel dann für immer zu Ende, oder es wird ein anderer, vertrauenswürdigerer Aspekt zu eurer Beobachtung eingesetzt.«
»Das darf nicht geschehen«, entschied Ashley. »Du bist mein Freund, Kepler. Ich darf dich nicht verlieren.«
»Danke«, antwortete es aus der Kante zwischen Wand und Decke. »Dann gibst du deinen Plan auf?«
»Nein. Der Plan bleibt. Wir müssen zusehen, daß Tajsa nicht auf die Idee kommt, dich zu desaktivieren.«
»Das wird unmöglich sein.«
»Aber trotzdem wirst du weiterhin versuchen, mich zu Tajsa zu bringen?«
»Ja.«
»Warum – wenn du als Resultat deinen eigenen Untergang erwartest?«
Wiederum machte Kepler eine Pause. Als er zu sprechen begann, geschah es zögernd.
»Du mußt mich verstehen. Unter den zahllosen Aspekten des emotio-psionischen Multiplexes bin ich einer …« Er unterbrach sich und fuhr ein paar Sekunden später fort: »Unsinn. Du erfährst es entweder von selbst, oder du brauchst es nicht zu wissen.«
Ashley lächelte.
»Wie es auch immer ausgeht, Kepler«, sagte er. »Ich weiß deine Hilfe zu schätzen.«
»Daran tust du gut. Ich helfe dir jetzt, in diesem Augenblick, indem ich dir sage, daß die zweite Spielphase der Qahiren soeben beginnt. Sieh dich vor!«
8.
Ein leises Zittern lief durch den Boden. Aus der Ferne kam gedämpftes Rumoren wie von einem herannahenden Gewitter. Ashley sah auf. Das Zittern wiederholte sich, diesmal stärker. Irgendwo klirrte Glas.
»Ein Erdbeben«, sagte Bob Koenig.
Zum Teufel, damit hatten sie nicht gerechnet. Wenn die Häuser zu schwanken begannen, gerieten die Denkabteilungen in Panik, und damit war der ganze Plan hinfällig! Ashley öffnete die Tür und blickte hinaus. Im Foyer hielten Debbye Chinon und Chet Sawyer den Tisch der zentralen Kommandostelle besetzt. Sie wirkten besorgt. Eine schwere Erschütterung brachte Ashley um ein Haar aus dem Gleichgewicht. Es ächzte und knirschte im Mauerwerk des Gebäudes. Ashley sah sich um. Er suchte die Wände nach den charakteristischen Rissen ab, die das erste Anzeichen struktureller Schwäche sind. Er fand keine.
»Ich brauche Boten, Kuriere«, rief er Sawyer zu. »Trommelt ein paar Wachtposten zusammen.«
Sawyer lief auf die Straße hinaus. Sein gellender Pfiff scheuchte eine Handvoll Männer und Frauen auf, die draußen patrouillierten.
»Ihr wißt, wo die Denkabteilungen sich einquartiert haben«, sagte Ashley. »Lauft hin und sagt ihnen, sie dürfen sich durch das Erdbeben auf keinen Fall einschüchtern lassen. Es ist weiter nichts als eine Vorspiegelung. Es gibt kein Erdbeben. Sie sollen sich mit voller Aufmerksamkeit auf ihre mentale Projektion konzentrieren, sonst ist das
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