Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
Vom Netzwerk:
Von der Zukunft zu träumen, ist auch eine Art Nostalgie.«
    »Hä?«, fragte ich.
    »Dein ganzes Leben steckst du in dem Labyrinth fest und denkst daran, wie du ihm eines Tages entfliehst, und wie geil dann alles wird, und die Vorstellung von dieser Zukunft hält dich am Laufen, aber am Ende tust du es nie. Du hast die Zukunft einfach nur benutzt, um aus der Gegenwart zu fliehen.«
    Ich schätze, da war was dran. Ich hatte mir das Leben in Culver Creek ein bisschen aufregender vorgestellt, als es war – in Wirklichkeit gab es bis jetzt mehr Hausaufgaben als Abenteuer –, aber hätte ich es mir nicht aufregender vorgestellt, dann wäre ich wohl nie hergekommen.
    Sie wandte sich wieder dem Fernseher zu, es lief gerade eine Autoreklame, und sie witzelte, dass es für Blue Citrus eine eigene Reklame geben müsste. Sie imitierte die dunkle, leidenschaftliche Stimme im Hintergrund: » Sie ist klein, sie ist lahm und sie ist Schrott, aber sie läuft. Ab und zu. Blue Citrus: Fragen Sie Ihren örtlichen Autohändler. « Doch ich hätte viel lieber weiter über Alaska und Vine Station und die Zukunft gesprochen.
    »Manchmal verstehe ich dich nicht«, sagte ich.
    Sie sah mich nicht einmal an. Sie lächelte einfach in Richtung Fernseher und sagte: »Du wirst mich nie verstehen. Das ist es ja.«
Neunundneunzig Tage vorher
    Fast den ganzen nächsten Tag verbrachte ich im Bett, versunken in die kolossal langweilige Lektüre von Edith Whartons Ethan Frome , während der Colonel am Schreibtisch saß und die Geheimnisse der Integralgleichung erforschte oder so was in der Art. Obwohl wir versuchten, unsere Zigarettenpausen unter der Dusche einzuschränken, gingen uns bis zur Dämmerung die Zigaretten aus, was einen Besuch bei Alaska notwendig machte. Sie lag in ihrem Zimmer auf dem Boden und hielt sich ein Buch über den Kopf.
    »Komm, wir gehen rauchen«, sagte der Colonel.
    »Du hast wohl keine Zigaretten mehr«, entgegnete sie, ohne aufzusehen.
    »Hm. Ja.«
    »Hast du fünf Mäuse?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Pummel?«, fragte sie.
    »Na schön.« Ich angelte einen Fünfer aus der Hosentasche, und Alaska gab mir ein Päckchen mit zwanzig Marlboro Lights. Ich wusste, ich würde ungefähr fünf davon rauchen, aber so lange ich die Raucherei des Colonels subventionierte, konnte er mir nicht vorwerfen, ich wäre einer von den verwöhnten reichen Pinkeln, nur dass meine Eltern zufällig nicht in der Nähe wohnten.
    Zu dritt sammelten wir Takumi ein und gingen runter zum See, wo wir uns kichernd in die Büsche schlugen. Der Colonel blies Rauchringe, die Takumi »angeberisch« fand, doch Alaska hüpfte den Ringen hinterher wie ein kleines Kind und stach mit dem Finger hinein, als wollte sie Seifenblasen zum Platzen bringen.
    Und dann hörten wir einen Ast knacken. Es hätte ein Reh sein können, doch der Colonel war Hals über Kopf auf der Flucht. Und schon meldete sich direkt hinter uns eine Stimme: »Bleib stehen, Chipper«, und der Colonel blieb stehen, drehte sich um und kehrte belämmert zu uns zurück.
    Der Adler kam langsam auf uns zu, ein strenger Zug um seinen Mund. Er trug ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte, wie immer. Nacheinander sah er jeden von uns mit dem Blick der Verdammnis an.
    »Ihr stinkt wie ein brennendes Tabakfeld in Virginia«, sagte er.
    Wir schwiegen. Ich fühlte mich unverhältnismäßig beschissen, als wäre ich gerade dabei erwischt worden, wie ich vom Tatort eines Mordes fliehen wollte. Würde er meine Eltern unterrichten?
    »Morgen um fünf vor der Jury«, verkündete er dann und marschierte davon. Im nächsten Moment bückte sich Alaska, hob die Zigarette auf, die sie fortgeworfen hatte, und machte sich daran weiterzurauchen. Doch der Adler, der einen sechsten Sinn für Ungehorsam gegen Autoritätspersonen hatte, drehte sich auf dem Absatz um. Alaska ließ die Zigarette fallen und trat sie aus. Der Adler schüttelte den Kopf, und obwohl er stinksauer sein musste, könnte ich schwören, dass er lächelte.
    »Er liebt mich«, erklärte Alaska, als wir zurück zur Schlafsaalwiese liefen. »Euch liebt er auch. Nur dass er die Schule noch mehr liebt. Das ist das Problem. Er glaubt, wenn er uns erwischt, tut er der Schule was Gutes und uns auch. Es ist der ewige Kampf, Pummel. Das Gute gegen das Ungezogene.«
    »Für ein Mädchen, das gerade erwischt worden ist, bist du verdammt philosophisch«, sagte ich.
    »Manchmal verliert man eine Schlacht. Aber Frechheit gewinnt am Ende den

Weitere Kostenlose Bücher