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Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
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nicht.«
    »Na ja, offensichtlich ist sie nicht gern zu Hause.«
    »Stimmt. Sie fährt nur an Weihnachten und in den Sommerferien hin, wenn Jake da ist. Trotzdem, ich bin auch nicht gerne zu Hause. Aber ich würde dem Adler nie klein beigeben.« Takumi nahm einen Zweig und stocherte im weichen roten Lehm herum. »Hör zu, Pummel. Ich hab keine Ahnung, was für eine Art Streich Alaska und der Colonel am Ende aushecken, aber ich bin mir sicher, dass wir beide mit drinhängen. Ich erzähle dir das alles, damit du weißt, worauf du dich einlässt. Wenn du erwischt wirst, solltest du deine Strafe besser auf dich nehmen.«
    Ich dachte an Florida, an meine »Schulfreunde«, und zum ersten Mal wurde mir klar, wie sehr Culver Creek mir fehlen würde, falls ich je gehen musste. Ich starrte Takumis Zweig an, der im Matsch steckte, und sagte: »Ich schwöre bei Gott, ich verpfeife niemanden.«
    Am Ende verstand ich, was vor der Jury passiert war: Alaska wollte uns beweisen, dass wir ihr vertrauen konnten. Loyalität war in Culver Creek eine Frage des Überlebens, und sie hatte sich nicht daran gehalten. Doch dann hatte sie mir gezeigt, wie es ging. Sie und der Colonel hatten meine Schuld auf sich geladen, um mir zu zeigen, was ich zu tun hatte, wenn die Zeit gekommen war.

Achtundfünfzig Tage vorher
    Eine gute Woche später weckte mich morgens um halb sieben – um halb sieben am Samstag! – die süße Melodie von »Decapitation«: Aus der PlayStation röhrten automatisches Gewehrfeuer und die fiese basslastige Hintergrundmusik des Spiels. Ich rollte mich zur Seite und sah Alaska, die mit dem Joystick in der Luft herumrührte, als könnte sie das vor dem sicheren Tod bewahren. Die gleiche schlechte Angewohnheit hatte ich auch.
    »Kannst du wenigstens auf lautlos stellen?«
    »Pummel«, sagte sie mit gespielter Arroganz, »der Soundtrack ist wichtiger Teil der künstlerischen Erfahrung. Decapitation lautlos zu spielen wäre, als würde man von Jane Eyre nur jedes zweite Wort lesen. Der Colonel ist vor einer halben Stunde aufgewacht. Er war ein bisschen angepisst, da hab ich ihm gesagt, er soll in meinem Zimmer weiterschlafen.«
    »Vielleicht leg ich mich zu ihm«, brummte ich schläfrig.
    Statt zu antworten, bemerkte sie: »Ich hab gehört, dass Takumi es dir gesagt hat. Ja, ich hab Marya verpfiffen, und es tut mir leid, und ich mache es nie wieder. Anderes Thema: Bleibst du in den Ferien hier? Ich nämlich schon.«
    Das Thanksgiving-Fest stand an und damit der wichtigste Familienfeiertag Amerikas. Ich rollte mich zurück zur Wand und zog mir die Decke über den Kopf. Ich wusste nicht, ob ich Alaska noch trauen konnte, und ich hatte die Nase voll von ihrer Unberechenbarkeit – an einem Tag Zuckerbrot, am nächsten Peitsche. Da war mir der Colonel lieber: Wenn er schlechte Laune hatte, hatte er wenigstens einen Grund dafür.
    Die Macht der Müdigkeit übermannte mich und schon war ich wieder eingeschlafen; die Schreie der sterbenden Monster und Alaskas fröhliches Quieken, wenn sie eins erwischte, verschmolzen mit dem Soundtrack meiner Träume. Als ich eine halbe Stunde später wieder aufwachte, saß sie bei mir auf dem Bett, ihr Hintern berührte meine Hüfte. Höschen, Jeans, Bettdecke, Cordhose und Boxershorts , dachte ich. Fünf Schichten und doch spürte ich es, diese nervöse Wärme der Berührung – das blasse Echo des Feuerwerks von Mund auf Mund, aber immerhin ein Echo. Und in der Beinaheheit der Situation merkte ich, wie sehr ich sie mochte. Ich wusste nicht, ob sie ein guter Mensch war, und ich zweifelte, ob ich ihr trauen konnte, doch ich mochte sie, zumindest so sehr, dass ich ihr auf den Grund gehen wollte. Hier im Bett, wo sie mit ihren großen grünen Augen zu mir herunterstarrte. Das ewige Geheimnis ihres schlüpfrigen, fast spöttischen Lächelns. Fünf Schichten zwischen uns.
    Sie fuhr fort, als wäre ich nicht zwischendurch eingeschlafen. »Jake muss lernen. Er will nicht, dass ich zu ihm nach Nashville komme. Angeblich kann er sich nicht auf Musiktheorie konzentrieren, wenn er mich sieht. Ich hab ihm gesagt, ich würde eine Burka tragen, aber das hat ihn auch nicht überzeugt, und deswegen bleibe ich hier.«
    »Tut mir leid«, sagte ich.
    »Ach, das muss es nicht. Ich hab furchtbar viel zu tun. Schließlich will ein Streich geplant werden. Aber ich finde, du solltest eigentlich auch hier bleiben. Und deswegen hab ich eine Liste gemacht.«
    »Eine Liste?«
    Sie fischte einen klein gefalteten Zettel aus

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