Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine wie Alaska

Titel: Eine wie Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Green
Vom Netzwerk:
Gottes.
    »Wir sprechen hier«, erklärte er, »von einer Zeit, in der Götter Söhne hatten. Es war nichts Ungewöhnliches, ein Sohn Gottes zu sein. Das Wunder war nur, zumindest zu jener Zeit an jenem Ort, dass Jesus – ein Handwerker, ein Jude, ein Niemand in einem Land, das ausnahmslos von Jemands regiert wurde – der Sohn jenes bestimmten Gottes war, des allmächtigen Gottes von Abraham und Moses. Der Sohn dieses Gottes war kein Kaiser. Er war nicht einmal ausgebildeter Rabbi. Er war ein Handwerker und ein Jude. Er war ein Niemand, genau wie Sie. Während der Buddha etwas Besonderes war, weil er, um zur Erleuchtung zu gelangen, Reichtum und edle Geburt ablegte, war Jesus etwas Besonderes, weil er weder Reichtum noch edle Geburt hatte und trotzdem den höchsten Adelstitel erbte: König der Könige. Ende der Stunde. Nehmen Sie sich bitte beim Hinausgehen das Blatt mit der Prüfungsfrage mit. Und bleiben Sie trocken.« Erst als ich aufstand, merkte ich, dass Alaska die Stunde geschwänzt hatte. Wie konnte sie bloß den einzigen Kurs, der sich lohnte, schwänzen? Ich nahm eine Kopie der Prüfungsfrage für sie mit.
    Der Aufsatz: Was ist die wichtigste Frage, auf die wir Menschen eine Antwort finden müssen? Wählen Sie Ihre Frage mit Bedacht, und legen Sie dar, wie der Islam, der Buddhismus und das Christentum darauf zu antworten versuchen.
    »Hoffentlich erlebt das arme Schwein das Ende des Schuljahrs noch«, sagte der Colonel, als wir durch den Regen nach Hause liefen, »weil, ehrlich gesagt, der Kurs fängt an, mir Spaß zu machen. Was ist deine wichtigste Frage?«
    Nach dreißig Sekunden Dauerlauf war ich bereits völlig fertig. »Was passiert … mit uns … wenn wir sterben?«
    »Mann, Pummel, wenn du nicht stehen bleibst, findest du es selber raus.« Er wurde langsamer. »Meine Frage ist: Warum kann ein guter Mensch ein so mieses Los auf Erden kriegen? Hallelujah, ist das Alaska?«
    In vollem Tempo kam sie auf uns zugerannt, und sie schrie etwas, doch im strömenden Regen verstand ich nichts, bis sie so nah war, dass ich ihre Spucke fliegen sehen konnte.
    »Die Arschgeigen haben mein Zimmer unter Wasser gesetzt. Sie haben mindestens hundert von meinen Büchern ruiniert! Gottverdammte beschissene Tagestäterschweine. Colonel, sie haben ein Loch in die Regenrinne gebohrt und von da einen Schlauch durchs Fenster in mein Zimmer geleitet! Alles steht unter Wasser. Meine Ausgabe von Der General in seinem Labyrinth ist vollkommen zerstört. «
    »Hut ab«, murmelte der Colonel bewundernd wie ein Künstler, der das Werk eines Kollegen lobt.
    »Hey!«, schrie sie.
    »Tut mir leid. Keine Sorge, Schwester«, sagte er dann. »Der liebe Gott wird die Sünder bestrafen. Und bevor Er es tut, tun wir es.«
Siebenundsechzig Tage vorher
    So muss Noah sich gefühlt haben. Du wachst eines Morgens auf, und Gott hat dir vergeben, und du blinzelst den ganzen Tag, weil du vergessen hast, wie warm die Sonne auf deiner Haut sein kann, wie ein Kuss von deinem Dad, und plötzlich strahlt die ganze Welt heller und sauberer als je zuvor, als hätte Alabama zwei Wochen in der Waschmaschine gesteckt, mit einem extrastarken Waschmittel mit Farbverstärker, und jetzt war das Gras grüner und die Bufritos waren noch knuspriger.
    Den ganzen Nachmittag lag ich auf dem Bauch im frisch getrockneten Gras vor dem Schulgebäude und las in meinem Geschichtsbuch – der amerikanische Bürgerkrieg, oder, wie man hierzulande sagte, der Krieg zwischen den Staaten. Für mich war es der Krieg, der Tausende von guten letzten Worten hervorgebracht hatte. Zum Beispiel die von General Albert Sidney Johnston, der auf die Frage, ob er verletzt sei, antwortete: »Ja, ich fürchte, schwer.« Oder General Lee, der Jahre nach dem Krieg im Delirium verlangte: »Schlagt die Zelte auf!«
    Ich dachte gerade darüber nach, aus welchem Grund die letzten Worte der Südstaatengeneräle besser waren als die der Nordstaatler (Ulysses S. Grants letztes Wort war »Wasser« – ziemlich schwach), als ich einen Schatten bemerkte, der sich zwischen mich und die Sonne geschoben hatte. Es war eine Weile her, dass ich das letzte Mal einen Schatten gesehen hatte, und irgendwie störte er mich. Ich sah auf.
    »Ich hab dir was zu essen mitgebracht«, sagte Takumi und ließ ein Vollkornsahnetörtchen auf mein Buch fallen.
    »Sehr nahrhaft.« Ich lächelte.
    »Haferflocken. Vollkorn. Sahne. Da steckt die ganze verdammte Nahrungspyramide drin.«
    »Voll fett, Mann.«
    Und dann fiel mir

Weitere Kostenlose Bücher