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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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möchte ich es nicht wissen. Sag mir nur, wie es ausging.“
    „Na, wie ich schon sagte: Wir hatten Sex. Es war ganz anders als mit David oder mit Terry. Es war viel intensiver und aufregender, wir schwitzten und …“
    „Malvyn! Bleib bei der Sache. Keine Details, ja! Also, wie ist es ausgegangen?“
    Mein Neffe schaute mir wieder in die Augen. „Du meinst nach dem Sex?“
    Ich nickte.
    „Wir sind eine Weile so liegengeblieben. Mäxx hat sich in meine Achsel verkrochen und mich festgehalten. Aber irgendwann wurde es mir zu unbequem, also bin ich aufgestanden. Ich war ja noch mit Lipstick verabredet.“
    „Und Max?“
    „Er hat mich nur angestarrt und nichts gesagt. Dann, ich war schon fast aus der Tür, hat er gefragt, ob ich mal über Nacht bleiben würde.“
    „Und?“
    Malvyn starrte aufs Parkett und zog wieder die Linien der Maserung nach. „Denkst du, daß das eine gute Idee ist?“
    „Ich weiß nicht, Malvyn. Du bist hier der weise Mann. Geht dein Herz auf, wenn du an ihn denkst?“
    Er nickte. „Ja, schon.“
    „Tut es dir gut, mit ihm zusammen zu sein?“
    Malvyn nickte wieder. „Mmh.“
    „Dann mußt du es wohl tun. Du mußt ihn ja nicht gleich heiraten?“
    „Und was machen wir mit B?“ Er schaute mich fragend an.
    „Den überläßt du mir.“
    Malvyn sprang auf und fiel mir um den Hals: „Meinst du, daß ich ihn liebe?“
    „Keine Ahnung, Malv. Das weißt nur du selbst.“
    „Darf ich heute schon bei ihm übernachten?“ fragte er.
    In dem Moment traten mir Schweißperlen auf die Stirn. Ob ich Angelika fragen sollte? Aber was hätte sie dazu sagen können? Sie mußte gewußt haben, daß ihr Sohn Männer kennenlernen würde. Und dann war es doch besser, er tobte sich – wenigstens am Anfang – mit meinem besten Freund aus, oder nicht? Durfte ich mich einmischen? Hätte ich damals auf einen anderen gehört, wenn er mir verboten hätte, mich mit jemandem zu treffen? Wohl kaum.
    „Geh ruhig“, sagte ich. „Aber versprich mir, daß du sofort nach Hause kommst, wenn dein Herz zugeht. Okay?“
    „Versprochen!“ Malvyn gab mir einen Kuß, sprang auf und rannte aus der Tür. Sie fiel mit einem schweren Schlag ins Schloß, dann hörte ich ihn noch die Treppe hinunterpoltern – er mußte vier Stufen auf einmal genommen haben –, dann war es still.
    Ich lehnte mich an die Stereoanlage und schaute mich um: die beiden großen Ledersofas, der Kirschbaumschrank, die Bilder, die Gießkanne, der Parkettboden mit der kleinen Pfütze darauf, die Tür zum Balkon, die Sonne, die hereinschien und Schatten der Fensterkreuze auf den Boden warf. Meine Wohnung, ich lebte hier schon seit Jahren. Hannah, Max, Raimondo, Kim, Lipstick, Barbarella und all die anderen, mein Geschäft und Bernhard. Das alles machte mein Leben aus.
    Malvyn stand noch am Anfang. Alles lag vor ihm. Was hatte ich? Routine, ein festgefahrenes Leben, Sicherheit, Vertrauen. Ja, es war stabil, und das war gut so. Aber diese Aufregung, die Malvyn gerade erlebte, die würde ich wahrscheinlich nie mehr erleben.
    Ich rappelte mich auf, holte den Putzlappen aus der Küche und wischte den Boden auf, dann ging ich hinaus, um die Blumen zu gießen. Die Kirchenglocken läuteten zwölfmal. Es war Freitag, in einer Stunde würde Kim Hannah vorbeibringen, um Viertel nach zwei kam Berni aus der Schule. Oma guckte im Moment Mittagsfernsehen, bald würde sie ein Nickerchen halten. Zum Kaffee wären wir dann alle zusammen. Alle, nur Malvyn nicht. Er würde sich mit Max herumrollen oder Eis essen oder Händchen haltend durch die Stadt laufen oder Max’ Freunde kennenlernen. Vielleicht würden sie sogar schon Urlaubspläne schmieden.
    Ich nahm das Telefon und setzte mich neben meine ungegossenen Pflanzen auf den Balkon. „He, Max. Wie geht’s?“
    „Gut. Und selbst?“
    „Irgendwelche Neuigkeiten?“
    „Nein, nichts Besonderes“, antwortete er. „Und bei euch?“
    „Alles okay. Ich dachte nur, ich ruf mal an. Hör mal, wie‘s dir so geht.“
    „Gut. Und selbst?“
    Das war Max, noch undurchdringlicher als Bernhard. Er würde von sich aus nie den Mund aufmachen. Ich kam mir vor wie ein Idiot, so zu bohren. „Ich … rufe an, wegen … Malvyn.“
    „Ach ja?“
    Pause.
    „Max, er hat mir gerade von eurem gestrigen Abenteuer erzählt. Ich … weißt du, er ist mein Neffe, und …“
    „Was, Edvard?“
    „Liebst du ihn?“ fragte ich.
    „Malvyn ist jung, er ist unerfahren. Ich glaube, auf der ganzen Liste von Kriterien für meinen

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