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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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Armen liegen, aber sobald die Tür hinter uns zuschlägt, ist alles vorbei. Ich rede ein bißchen mit ihm, und am Ende schicke ich ihn nach Hause, ohne ihn auch nur geküßt zu haben.“
    Ein Fluch? Zu meiner Großmutter kamen oft Menschen, die von einem Fluch befreit werden wollten. Dann veranstaltete sie eine Zeremonie, und die Verzauberten fühlten sich frei. Ob das bei Mäxx auch klappen würde?
    Eine Eisenbahn donnerte über die Brücke hoch über unseren Köpfen, der Lärm war ohrenbetäubend. „Da, wo ich herkomme, entscheidet ein Dämon über Liebe und Verlust“, sagte ich und bemühte mich, meiner Stimme eine drohende Färbung zu geben. „Man nennt ihn den großen Iwazu.“
    Ich sagte es eigentlich nur so als Scherz. Ich hatte noch nie von einem Iwazu gehört, aber es klang einfach gut. „Wenn du möchtest, werde ich versuchen, ihn für dich günstig zu stimmen.“
    Mäxx lachte schallend. „Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.“
    Nein, das wollte ich nicht. Ich wollte ihm wirklich helfen, aber was hätte ich schon tun können? „Gut, wenn du weiter ohne Freund bleiben willst“, sagte ich.
    Er blieb stehen. „Natürlich nicht“, antwortete er und schüttelte den Kopf. „Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie mir ein paar Hühnerkrallen unterm Kopfkissen oder ein Bad in Schweineblut helfen sollten, den Richtigen zu finden.“
    „Wer weiß?“ sagte ich und schaute ihm tief in die Augen. Es war wie ein Spiel zwischen uns, jedenfalls kam es mir so vor. Im Grunde wollten wir was anderes, aber es so direkt ansprechen, das konnten wir nicht.
    Jetzt war er verunsichert. Er versuchte, meinem Blick standzuhalten, aber er schaffte es nicht. Es war, als brächte ich in seinem Kopf alles durcheinander. Er schaute weg, dann schaute er mich wieder an. Er schaute weg, schüttelte den Kopf, schaute mich wieder an. Da lagen Zweifel in seinem Blick. Dann huschte ein Lächeln über sein Gesicht, das er schnell unterdrückte. „Okay, wenn du meinst.“ Er warf die Arme in die Luft. „Ich hab nichts Besseres zu tun. Gehen wir Hühnerkrallen kaufen.“
    Meine Großmutter war Schamanin, aber keiner von uns durfte dabei sein, wenn sie praktizierte. Bei den paarmal, an denen sie mich von Dämonen befreite, weil ich schlechte Schulnoten nach Hause gebracht hatte, verband sie mir die Augen, deshalb konnte ich mich nur auf offizielle Rituale beziehen. Das einzige, was mir auf die Schnelle einfiel, war das Kurova Guva-Fest: Man feiert es genau ein Jahr, nachdem ein Familienmitglied verstorben ist, um es in die Familie zurückzuholen, weil es sonst aus Zorn Unheil anrichten könnte.
    Ich schaute in den Himmel: Über unsere Köpfe zogen dicke, graue Wolken hinweg – das perfekte Wetter, um ein bißchen Magie zu betreiben. „Kein Schweineblut“, sagte ich, „und keine Hühnerkrallen. Ich mache kein Voodoo. Wir brauchen einen Strauß gelber Rosen.“ Mäxx hatte erzählt, daß Christian gelbe Rosen geliebt hatte. „Und eine Flasche Schnaps. Dann gehen wir an sein Grab.“
    Mäxx fuhr zusammen, als hätte ihn der Blitz getroffen, dann starrte er mich an: „Ich habe noch niemanden an sein Grab geführt.“
    „Du kannst es auch bleiben lassen“, sagte ich, „und dein Leben lang allein bleiben.“
    Wir kauften die Blumen und eine Halbliterflasche Schnaps und fuhren dann mit dem Taxi zum Friedhof. Der Kies knirschte unter unseren Sohlen, und mit jedem Schritt, mit dem wir uns Christians Grab näherten, wurde Mäxx weicher, offener, ehrlicher, ein bißchen mehr Mensch.
    Das Grab war gut gepflegt. Nicht der übliche Schnickschnack mit Buchsbäumchen und Thuja, sondern viel tiefbraune Erde, aus der eine saubere Reihe bunter Blumen herausragte.
    „Lange Zeit hat sich niemand darum gekümmert“, sagte Mäxx. „Vor einem Jahr habe ich dann einen Gärtner beauftragt. Er kommt alle vierzehn Tage.“
    Ich schielte nach links und rechts; wir waren allein. „Setz dich hin!“ befahl ich ihm im forschen Ton. „Leg die Rosen auf das Grab und stell die Schnapsflasche in greifbare Nähe!“
    Jetzt schaute sich Mäxx um. „Was?“
    Ich erwiderte seinen Blick nicht, sondern deutete auf den Boden und machte ein ernstes Gesicht. Mäxx gehorchte, unwillig zwar, aber er tat es. Ich stellte mich hinter ihn, so daß er mich spüren konnte.
    „Und jetzt trink die halbe Flasche leer!“
    „Willst du mich vergiften?“
    „Trink!“ befahl ich noch einmal und drückte ihm meine Knie in den Rücken. Mäxx setzte an und

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