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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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und stand auf. „Komm, Mama! Alles gepackt?“
    „Schon längst. Ich nehme ja fast nichts mit.“
    „Gut, dann …“ Gudrun fächelte durch die Luft, als könnte sie damit ihre Mutter aus der Wohnung wehen.
    Frau Moll stand auf: „Würdet ihr Malvyn bitte von mir grüßen. Er wollte hier sein, bevor ich abfahre.“
    „Du weißt doch, wie er ist, Mama. Das deutsche Zeitmaß muß er erst noch lernen.“
    „Oder nicht“, warf ich ein.
    „Oder nicht“, stimmte mir Bernhards Mutter zu. „Ein bißchen mehr Gelassenheit würde dir auch guttun, mein Junge.“
    „Tschüs, Mama.“ Bernhard drängte sie geradezu aus der Tür.
    „Bekomme ich denn keinen Abschiedskuß?“
    Er küßte sie schnell und schob sie dann weiter.
    Während sie mich umarmte, sagte sie zu ihm: „Ich hoffe nur, du bereust das nicht. Man weiß nie, ob man sich wiedersieht.“
    „Ach, Mama. Immer deine Schwarzseherei“, sagte Gudrun und warf Bernhard einen Luftkuß zu. Ich umarmte sie zum Abschied, vorsichtig, kurz.
    „Tschüs, Oma!“ rief ich ihr hinterher.
    „Tschüs, Edvard, mein Junge. Ich wünsche euch ein schönes Wochenende. Genießt die sturmfreie Bude. Morgen bin ich wieder da.“
    „Sonntag, Mama. Sonntag.“
    Sie legte betreten die Hand vor den Mund. „Natürlich.“ Dann lächelte sie verschüchtert. „Du weißt ja, die Wochentage. Ich bringe inzwischen alles durcheinander.“
    „Ciao.“
    „Ja, ciao.“
    „Schluß, Mama. Komm jetzt.“ Das war Gudrun. Sie zupfte ihre Mutter am Ärmel und trat mit der Reisetasche in den Aufzug. Bernhard schloß die Wohnungstür.
    Ich schaute ihn an. Er ließ sich in den Stuhl fallen, als hätte er gerade eine anstrengende Tätigkeit vollbracht.
    „Irgendwie kam mir das komisch vor.“
    „Was meinst du?“
    „Deine Schwester. Sie war so kurz angebunden, die Blicke zwischen ihr und deiner Mutter.“
    „Ich sag dir doch, die sind homophob. Wahrscheinlich wäre es ihr am liebsten gewesen, sie hätte Mutter unten auf der Straße einsammeln können. Du hast doch auch mitgekriegt, wie sie deine Einladung für Sonntag abgewürgt hat.“
    Die angebliche Homophobie seiner Geschwister war ein leidiges Thema, inzwischen kam es mir so vor, als bräuchte Berni es, wie ein Frontkämpfer seine Abzeichen, die ihm immerzu bestätigten, was für eine schwere Zeit er hinter sich gebracht hatte. „Quatsch! Zur Begrüßung hätte sie mich fast umarmt“, sagte ich und setzte mich zu ihm. Wir saßen oft lange am Tisch, anstatt uns auf einem der viel bequemeren Sofas breitzumachen.
    „War das wirklich okay? Ich meine, Gudrun aus Frankfurt herzuholen, nur damit wir deine Mutter loswerden?“
    „Erstens haben wir sie nicht hergeholt, ich habe Mutter gebeten, das Wochenende mit einer ihrer Töchter zu verbringen. Es war Gudrun, die nach München kommen wollte. Und zweitens darfst du mir glauben: Würde meine Mutter die Alternative kennen, sie würde zu Fuß in die Berge laufen, damit sie nicht hören muß, daß wir die heilige Ehe in Verruf gebracht haben – und dann auch noch mit einer erschummelten Kirche, die jetzt wohl als entweiht gilt.“
    Ich mußte lachen. Das stimmt, das war ein ganz schön dreistes Ding. Raimondo hatte einfach als Dorfpfarrer der „italienischen Braut“ beim zuständigen Priester nachgefragt, ob er die Trauung in dieser Kapelle vollziehen durfte. Mein Mitarbeiter Flori hatte sogar ein Celebret, einen Dienstausweis, gefälscht, damit Raimondo es im Notfall hätte vorlegen können, aber es war nicht nötig gewesen, so überzeugend hatte er gewirkt. Sie wußten bis heute nicht, daß sich unter dem Schleier der italienischen Braut ein Antiquitätenhändler aus der Maximilianstraße verborgen hatte.
    „Ach, Berni. Du bist unverbesserlich.“
    „Warum?“ fragte er, und ich erwog, es ihm zu erklären. Ich wollte gerade anheben, da beschloß ich, einen Tag vor unserer Jubiläumsfeier jeden Streit zu vermeiden.
    Ich streckte meine Hand nach ihm aus, und er legte seine hinein. „Ist dir eigentlich klar, daß wir morgen tatsächlich ein Jahr verheiratet sind?“
    Berni warf mir einen Blick zu, der soviel hieß wie: „Ja, Herzchen, nun krieg deswegen nicht gleich einen Eisprung.“ Er war so herrlich unromantisch; das machte ihn in diesen Situationen so unbeholfen und unsicher, daß ich ihn am liebsten sofort wieder vor den Altar gezerrt hätte.
    Ich legte einen Kuß auf seine Lippen. „Auf immer und ewig, Berni.“
    Und zu meinem Erstaunen sagte er: „Auf immer und ewig, mein

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