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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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habe ich mal eine Affäre gehabt.“ Dann ließ ich ihn stehen.
    „Maximilian Roth, nicht wahr?“ Ein mickriger Kerl quatschte mich von der Seite an. „Ich warte schon lange auf die Gelegenheit, dir mal meine Meinung zu sagen. Ich finde es unverantwortlich, daß du über Sex ohne Kondome schreibst. Das ist nicht politically correct. Stell dir mal all die jungen Schwulen vor, die das lesen. Hast du nicht mitgekriegt, daß sich in San Francisco im letzten Jahr doppelt so viele Menschen infiziert haben wie im Jahr davor?“
    „Moment mal. Es ist doch eine Realität, daß Schwule immer noch Sex ohne Kondome haben, auch wenn sie den Immunstatus des anderen nicht kennen.“
    „Ja, aber das darf man doch nicht schreiben!“
    „Es ist verlogen, es nicht zu tun. Unterhalte dich mal mit jemand von der Aidsberatung. Der steckt Tag für Tag in diesem Dilemma.“
    „Trotzdem. Du darfst das überhaupt nicht denken, geschweige denn …“
    „Entschuldige. Wie heißt du eigentlich?“
    „Was tut das zur Sache?“
    „Ich möchte gern ein Arschloch mit Namen ansprechen können.“
    Ich drängelte mich zum Vorspeisenbuffett durch und angelte mir ein Lachshäppchen. Ein Ehepaar warf mir vorwurfsvolle Blicke zu. Ich guckte in die andere Richtung, legte es mir auf die Zunge und verschluckte es mit Genuß. Dabei lauschte ich folgender Unterhaltung zwischen zwei Damen: „Rollenverteilung haben Homosexuelle doch gar nicht nötig.“
    „Wer hat dir denn das erzählt? Guck dir die beiden doch an. Wenn du als Frau Rat suchen würdest, an welchen von beiden würdest du dich wenden?“
    „An Edvard.“
    „Na, also.“
    Ich suchte den Angesprochenen in der Menge; er hatte seinen Posten an der Treppe verlassen und sich unters Volk gemischt. Seine Hände flirrten in der rauchschweren Luft. Bestimmt gab er der wulstigen Dame im quergestreiften Kleid gerade Tips, wie sie ihre Pfunde besser verbergen konnte.
    Bernhard stand hinter mir und unterhielt sich mit einem aufgedrehten Ding, das auf den ersten Blick wie ein junges Mädchen aussah, sich bei näherer Betrachtung aber als Bübchen herausstellte. „Ich würde mich nicht als homosexuell bezeichnen“, sagte Bernhard. „Das Wort allein jagt mir kalte Schauer über den Rücken.“
    „Was bist du dann?“ fragte er.
    „Ich bin ein Mensch, und ich habe mich in Edvard verliebt. Ich würde ihn auch lieben, wenn er eine Frau wäre.“
    „Sag bloß, Frauen erregen dich?“ fragte der andere, und es hörte sich so an, als ekelte ihn die Vorstellung.
    „Was hat denn das mit Liebe zu tun? Ich schaue Hannah an und komme um vor Liebe.“
    „Weißt du was, Schätzchen?“ sagte sein Gesprächspartner. „Ich glaube, du wehrst dich einfach nur, schwul zu sein. Das ist alles.“
    Bernhard, Bernhard. Edvard schwärmte davon, wie sehr sich sein Mann in den letzten Jahren verändert hatte. Nach diesem Dialog bekam ich eher den Eindruck, daß er überhaupt nichts dazugelernt hatte.
    Malvyn war immer noch von einer Gruppe alternder Herren umringt. Inzwischen hatten sie ihn regelrecht in eine Ecke gedrängt. „Malvyn, komm mal her!“ sagte ich und zog ihn aus dem Pulk heraus. „Willst du überhaupt mit denen reden?“ flüsterte ich ihm ins Ohr.
    „Nein, Bruder“, flüsterte er zurück. „Die reden gar nicht mit mir. Die erzählen sich nur gegenseitig, was sie für große Schwänze haben.“
    „Um dich zu beeindrucken.“
    Malvyn nickte wissend.
    „Und? Beeindruckt es dich?“
    „Kein Stück. Ich habe ihnen in die Augen geschaut. Da war soviel Einsamkeit. Sie brauchen keinen Sex, sie brauchen Liebe.“
    Ich packte ihn an der Schulter und drückte ihn an mich heran. Er war einfach ein erstaunlicher Bursche – manchmal naiv wie ein Kind und dann wieder weise wie ein Greis. „Übrigens, bisher habe ich noch keinen gefunden, der mich interessiert. Du?“ fragte ich. Seit wir festgestellt hatten, daß wir nicht auf Dauer füreinander bestimmt waren, hatten wir die Vereinbarung getroffen, uns gegenseitig die Typen zuzuschanzen, die für uns selbst nicht in Frage kamen.
    Er strahlte mich an. „He, Bruder. Was erwartest du? Die Party ist noch jung. Wer weiß, wer sich dir noch alles offenbart.“
    „Ich weiß, ich weiß. War auch nur ein Scherz. Und du?“
    „Nee. Nichts dabei. Die sind alle so … Ich weiß nicht.“ Er schnitt eine ulkige Grimasse, und ich mußte lachen.
    „Stimmt.“ Ich gab ihm einen Klaps auf den Hintern. Er lachte sein großes Weiße-Zähne-Lachen und kniff mir in den

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