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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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Tja, und bei euch kann sie ja unmöglich bleiben“, setzte sie hinzu.
    Warum nicht? fragte ich mich. Hatte Mama meinen Schwestern nicht erzählt, daß sie schon mal bei uns war? Oder war es so schlimm für sie gewesen, daß sie nicht mehr kommen wollte? „Edvard läßt dich übrigens ganz herzlich grüßen“, sagte ich.
    „Oh, danke. Also, jetzt weißt du Bescheid. Du kannst mich ja anrufen, nachdem du mit Gudrun gesprochen hast.“
    Ach, das war also der Grund: Ich sollte Gudrun anrufen und sie überzeugen.
    „Ich höre dann von dir, ja? Ich muß jetzt los. Mach‘s gut. Bis bald. Tschüs.“ Dann legte sie auf.
    Ich erklärte Edvard die Situation. Er empörte sich über die Behauptung, daß Mutter nicht zu uns kommen könnte. Aber ich versuchte, ihn zu beruhigen, schließlich waren wir mit Malvyn und Hannah genug belagert, und je schlechter es Adrian ging, desto mehr würde Raimondo mich brauchen.
    Edvard knurrte, aber er war einsichtig. „Ja, wir haben ein volles Haus. Aber Malvyn kann sowieso nicht ewig hier bleiben. Und wenn deine Mutter versorgt werden muß …“
    Ich gab ihm einen Kuß. Abgesehen von allen bereits erwähnten Gründen fühlte ich mich nicht wohl bei dem Gedanken, meine Mutter länger um mich zu haben. Der Besuch im Januar war zwar prima verlaufen, aber man sollte nichts überstürzen. „Laß mich mit Gudrun telefonieren“, sagte ich, „wir werden schon eine Lösung finden.“ Dann schob ich ihn aus meinem Arbeitszimmer hinaus.
    Gudrun hatte sehr wohl gute Gründe, einige davon kannte ich bereits – von Mutter: Mein Schwager Karl hatte sich vor zwei Jahren selbständig gemacht, aber Architekten hatten es nicht leicht. Obwohl er rund um die Uhr arbeitete, war Gudrun seit einigen Monaten auf Vollzeit, damit sie sich das Haus und die drei Kinder finanzieren konnten. Dazu kam, daß sie für den Sommer eine Reise gebucht hatten; den ersten Urlaub seit Jahren. Es hätte eine Menge Geld gekostet, sie zu stornieren. „Karl muß auch unbedingt mal raus“, sagte Gudrun. „Der dreht mir sonst durch.“
    „Verstehe“, sagte ich. „Ich telefoniere mal mit Mutter. Vielleicht kann ja eine Kollegin von Divja einspringen?“
    „Eine oder zwei Wochen kann ich Mama schon hier haben, je nachdem, wann das genau ist. Und vielleicht mögt ihr sie ja auch noch mal nehmen.“
    Aha, also Gudrun traute uns das zu. „Hat Mutter dir erzählt, daß sie im Januar hier war?“
    „Ja, sie war ganz begeistert. Deinen Edvard hat sie gleich ins Herz geschlossen.“
    Meine Schläfen pochten. Mutter hatte Edvard ins Herz geschlossen?
    „Sieglinde hat gesagt, daß Mutter bei uns nicht bleiben könne“, antwortete ich. „Ihr sind wir wohl nicht gut genug.“ Als es raus war, biß ich mir auf die Lippen. Ich hatte Gudrun nicht zeigen wollen, wie sehr mich das verletzt hatte.
    „Ach was! Damit hat Sieglinde sicher nur gemeint, daß du ja auch große Ferien hast. Fahrt ihr denn nicht weg?“
    „Du meinst, das ist alles, was sie damit gemeint hat. Ich dachte eher …“
    „Ach, Bernhard. Du und dein Mißtrauen. Du hast dich so verschanzt, daß wir gar nicht mehr an dich herankommen. Keiner von uns hat ein Problem mit dir und Edvard. Aber mehr als dich einladen können wir auch nicht.“
    Ich sagte nichts darauf. „Okay, dann red ich noch mal mit Mama.“
    „Gut. Sag Bescheid. Und grüß Edvard von mir. Vielleicht lerne ich ihn ja nun endlich mal kennen.“
    „Vielleicht“, sagte ich. „Grüße an Karl und deine Gören.“
    „Okay. Bis bald.“
    Edvard saß im Wohnzimmer vor der Anlage und kramte seine CD-Sammlung durch; Malvyn, umringt von den obligatorischen Colaflaschen – Edvard hatte ihm wenigstens die Dosen abgewöhnen können, obwohl: diese riesigen Plastikflaschen waren nicht gerade eine Augenweide –, spähte ihm über die Schulter und wurde von meinem Mann über diese und jene Band oder diesen und jenen Interpreten aufgeklärt. Vor der Balkontür schaufelte Hannah in ihrem großen rechteckigen Blumenkasten herum. Wir hatten ihr die Verantwortung für die kleinen Pflänzchen übertragen. Der Grund: Seit etwa zwei Monaten wollte sie unbedingt eine Katze. Der Blumenkasten war ein deal. Wenn sie das Grünzeug bis zu ihrem vierten Geburtstag gut pflegen würde, dann könnten wir über ein Haustier nachdenken. Wir hofften natürlich, daß sie ihren Wunsch bis dahin vergessen würde.
    „Mutter kann tatsächlich nicht zu Gudrun“, sagte ich zu Edvard. „Sie verreisen im Sommer, schon alles

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