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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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er alles laut für mich, was Malvyn am anderen Ende sagte: Es sei aufregend gewesen, er habe viele Menschen kennengelernt, sie seien ganz freundlich gewesen und das Wichtigste überhaupt: Er war mit niemandem mitgegangen. Gott sei Dank.
    Und dann sagte er etwas, weswegen sich mein Mann mit dem Telefon ins Schlafzimmer zurückzog; er wollte es vor meiner Mutter nicht wiederholen: „Ich hab da jemanden kennengelernt. David heißt er, ein süßer Typ. Als er mich geküßt hat, hab ich einen Schlag gekriegt, es war ganz schön aufregend. Morgen abend will er mit mir ins Kino. Ich glaube, ich möchte Sex mit ihm haben, aber er hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, daß er mir die Eier rasiert. Soll ich das tun?“
    „Mit dem Messer oder mit einem Rasierapparat?“ fragte Edvard.
    „Weiß ich doch nicht. Ich wußte ja nicht, daß ich danach fragen soll. Aber sag mir, macht man denn so was überhaupt?“
    „Klar, viele tun das. Das ist einerseits modisch, andererseits auch ein nettes Vorspiel für Sex. Vertraust du ihm denn?“
    „Ich glaube schon.“
    „Also gut. Wenn du meinst, dann laß dich darauf ein. Aber wenn er es mit einem offenen Messer tun will, auf gar keinen Fall. Das ist viel zu gefährlich, das macht man nur mit jemand, den man gut kennt. Klar?“
    „Okay. Danke für den Tip“, sagte er. „Jetzt muß ich aber los.“
    „Melde dich wieder!“ rief Edvard noch in den Hörer, aber da hatte Malvyn schon aufgelegt. Unser Neffe hätte euphorisch geklungen, sagte Edvard. Nach dem Gespräch ging es uns besser, aber mir schwante nichts Gutes.
    Ich gewöhnte mich daran, daß Mutter bei uns lebte; selbst das Jucken auf meiner Haut ließ nach. Alles wäre gut gegangen, hätte es da nicht immer wieder diese peinlichen Momente gegeben, diese Situationen, die mir vor Augen führten, daß in unserer Wohnung zwei Welten aufeinanderprallten, die einfach nicht zusammenpaßten.
    An einem Sonntag saßen wir mit Kim auf der Terrasse und spielten „Ich sehe was, was du nicht siehst“ mit Hannah; es war ausnahmsweise ein schöner Tag in diesem bisher eher verregneten Juni. Da sprach Mutter unsere regenbogenfarbenen Windräder an: „Was für eine wunderbare Idee, sie so schön bunt zu machen. Solche hätte ich auch gerne im Garten stehen.“
    „Die Regenbogenfarben stehen für die Vielfalt der Homosexuellen“, erklärte Edvard. „Sie dienen uns schon seit Jahren als Erkennungszeichen.“ Er sagte dies, als wäre es das Selbstverständlichste von der Welt.
    Ich versuchte, Edvard einen Tritt zu verpassen, traf aber nicht sein Schienbein, sondern donnerte statt dessen gegen den Tisch. Das Geschirr klirrte, Kaffee schwappte über. Das machte mich noch zorniger, am liebsten hätte ich mit dem Tortenmesser nach ihm geworfen.
    „Oh“, sagte Mama. „Ich wußte gar nicht, daß es homosexuelle Windräder gibt.“
    Kim, die gerade von ihrem Kaffee nippte, prustete ihn in die Tasse zurück und verschluckte sich, Edvard klopfte sich auf die Schenkel vor Lachen, sogar Hannah kicherte, obwohl sie nicht verstand, worüber wir lachten.
    Meine Mutter guckte beschämt; ihre Unschuld war manchmal schwer zu übertreffen. Da mußte sogar ich grinsen, und sie strahlte mich erleichtert an.
    Später, Edvard räumte gerade die Spülmaschine ein – ordentlich genug, um als Schaufensterdekoration zu dienen –, da fragte ich ihn leise: „War das wirklich notwendig?“, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, die Situation mit keiner Silbe zu erwähnen.
    „Ach, Bernhard. Wieso war ich mir sicher, daß du deswegen meckern würdest? Deine Mutter möchte an unserem Leben teilhaben. Sie will verstehen, was unsere Welt ausmacht. Nur durch Fragen und Erklären kann sie ihre Scheu abbauen. Und das will sie, glaub mir. Du bist ihr Sohn. Sie liebt dich, Bernhard, ganz gleich, ob du schwul bist oder hetero.“
    Ich schaute ihm tief in die Augen, weil ich in seiner Stimme einen ironischen Unterton vernommen hatte.
    „Und da jeder weiß“, sprach er weiter, während er den Rest des Kuchens in Alufolie wickelte, „daß ich eine bessere Hausfrau bin als die meisten Bio-Frauen, macht es die Sache nur leichter.“
    „Quatschkopf!“ schimpfte ich und gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. Dann drückte ich ihm einen Kuß auf die Stirn und zog ihn fest an mich heran.
    Als ich ins Wohnzimmer trat, war Mutter auf dem Sofa eingenickt. Sie saß aufrecht und „ziemlich“, wie sie es ausdrücken würde: die Beine geschlossen, die Handtasche auf ihrem Schoß

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