Eine zweite Chance für den ersten Eindruck (German Edition)
mich eine riesige Portion Selbstbeherrschung, nicht umzudrehen und in seinen Armen die Nacht zu verbringen.
14.
Eric trifft mich am frühen Samstagnachmittag vor dem Planetarium. Er joggt mir entgegen und sieht gestresst aus. Mal wieder bleibt er unsicher vor mir stehen und scheint nicht zu wissen, was er mit seinen Händen machen soll. Also steckt er sie in seine Jackentaschen.
„Was ist los?“, frage ich.
„Lucy. Sie wollte wissen, wo ich hingehe. Mit wem. Warum. Dann wollte sie unbedingt ein Sommerkleid anziehen, obwohl es dafür wirklich schon zu kalt ist.“
„Das meinte ich nicht“, unterbreche ich seinen Redefluss.
„Was dann?“ Irritiert sieht er mich an.
„Warum bekomme ich keine Umarmung?“
Eric strahlt mich an und zieht mich gleich in seine Arme. Ich vergrabe meine Nase in seinem Parka und sauge seinen Duft ein.
„I never know what to do, Nina.”
„Warum?“, frage ich verwundert.
„Weil ich nicht weiß, wann es okay ist, dich anzufassen.“
Mir war nicht bewusst, dass ich so gemischte Signale sende.
„Das hier ist immer okay“, antworte ich und schmiege mich noch fester an ihn. Obwohl ihm das in seiner Verunsicherung vermutlich auch nicht wirklich weiterhilft. Er tritt einen halben Schritt zurück, wobei er mich immer noch fest in seinen Armen hat. Ich sehe zu ihm auf und werde von einem frechen Grinsen begrüßt. Eric beugt sich zu mir herunter und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. „Ist das okay?“, fragt er sanft.
Ich kann nur nicken. Dann küsst er mich auf die Wange.
„Ist das okay?“, versichert er sich. Ich nicke wieder nur.
„What about that?“, fragt er, bevor er seine Lippen auf meine drückt. Er saugt sanft an meiner Unterlippe, und doch ist dieser Kuss unschuldig. Ich denke, meine Reaktion ist Antwort genug, da meine Augen immer noch geschlossen sind, obwohl er sich schon längst von meinem Mund gelöst hat. Nur ein kleiner Kuss von diesem Mann reicht, um mir die Knie weich werden zu lassen.
„Show me the stars“, sagt Eric enthusiastisch. Er nimmt meine Hand und zieht mich zum Eingang. Schnell finden wir gute Plätze und machen es uns in den Liegesesseln gemütlich. Eric nimmt wieder meine Hand und legt sie mit seinen Fingern verschränkt in seinen Schoß. Die umliegenden Sessel füllen sich rasch mit anderen Besuchern, doch die Plätze neben uns bleiben frei. Das Licht wird weiter gedimmt und er rückt immer näher an mich heran. Leider sind die Sessel durch eine breite Lehne getrennt, aber unsere Köpfe berühren sich fast.
„You and me in the darkness. I like that, pretty girl”, wispert er in mein Ohr, Sekunden bevor die Vorstellung los geht. Die Projektion über uns beginnt, doch ich kann mich nur auf seinen warmen Atem an meiner Wange konzentrieren. Eric sieht eine ganze Weile konzentriert zu und ich beobachte ihn schamlos von der Seite. Seine ausgeprägten Wangenknochen und die eisblauen Augen könnten ihm einen kalten Ausdruck verleihen, doch seine vollen Lippen und die, trotz ihrer Farbe, warmen Augen gleichen das wieder aus. Ich fühle mich ertappt, als er seinen Kopf zu mir dreht und mich anschaut.
„I lied“, flüstert er ganz nah an meinem Gesicht. Mit einem Stirnrunzeln erwarte ich seine Erklärung.
„I lied, because I said you are pretty. You’re much more than that. You are beautiful.”
Er streicht mir mit dem Handrücken sanft über die Wange und widmet sich dann wieder der Vorstellung über unseren Köpfen.
Da es noch ein früher Samstagabend ist, finden wir problemlos einen Tisch in der Studentenkneipe, in der ich mich auch oft mit Jule treffe. Studentenkneipe ist eigentlich der falsche Begriff, da es sich um ein türkisches Lokal mit Barbetrieb handelt, welches aber überwiegend von Studenten belagert wird. Ich liebe es hier, weil es so unverkrampft ist. Hier guckt niemand dumm, wenn man sich etwas entspannter in den herumstehenden Sesseln lümmelt und es ist kein Problem, sich den Nachmittag nur mit Tee trinken zu vertreiben. Die Katze des Besitzers streicht einem gelegentlich um die Beine, wenn der Laden nicht zu voll und laut ist.
Eric und ich haben uns auf einem der großen Sofas breitgemacht und trinken Tee.
„Are you hungry?“, fragt er und legt einen Arm um meine Schultern.
„Total. Aber ich wollte erst ein wenig runterkommen. Das Planetarium war echt interessant, oder?“
„It was. I swear, sometimes it’s good to get away from everyday business. Lucy can be a handful.”
„So schlimm?”
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