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Eine zweite Chance

Eine zweite Chance

Titel: Eine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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Schwägerin im Garten etwas Neumodisches versuchen oder die Gebäude des Hofs modernisieren wollte. Es gab ständig Diskussionen. Handelte es sich nicht darum, Beete zu versetzen oder Zäune zu ziehen, dann war es etwas anderes. Zu dem Altan, den Lisbeth bauen wollte, hatte Anna-Karin definitiv Nein gesagt, die Veränderung würde zu sehr von dem Ursprünglichen abweichen. Man hatte gewisse Verpflichtungen, wenn man auf einem Erbhof wohnte, aber das war etwas, was Lisbeth nie begriffen hatte. Über fünf Generationen war der Hof in der Familie weitergegeben worden. Ihre Vorfahren hatten ihr Leben in den Häusern verbracht, die heute noch standen, obwohl es sie selbst schon lange nicht mehr gab. Von Kindesbeinen an hatten sie und Lasse gewusst, dass sie das nächste Glied in dem einzig Beständigen waren, das, worum ihre Ahnen gekämpft hatten, um es hinterlassen zu können. Jetzt waren sie an der Reihe, die Tradition weiterzuführen.
    Lisbeth kam aus Luleå. Sie und Lasse hatten seit über zwanzig Jahren dort oben gewohnt, bis Helga krank geworden war und den Hof verlassen musste. Es war nicht direkt gesagt worden, aber Anna-Karin hatte den Verdacht, dass Lisbeth der Umzug nicht gepasst hatte und dass sie lieber in Luleå geblieben wäre. Lasse hatte wohl die Pflicht rufen hören. Oder er war um das Erbe besorgt gewesen.
    Sie ging zum Fenster und schaute auf das Wohnhaus der beiden. Verantwortungslos fand sie es, was sie mit dem Haus gemacht hatten. Es war keine Rücksicht darauf genommen worden, etwas zu bewahren. Lasse hatte Lisbeth walten lassen, obwohl sie keine gefühlsmäßige Bindung an den Hof hatte. Wände waren abgerissen worden. Küche und Badezimmer waren nicht wiederzuerkennen. Als Anna-Karin gekommen war, um es sich anzuschauen, hatte sie sich wie in einen neu erschienenen Einrichtungskatalog versetzt gefühlt.
    Sie hatte gelitten, als sie sah, wie sich der Baucontainer mit den Erinnerungen der Familie füllte, um auf der nächsten Müllkippe ausgeleert zu werden.
    Danach war der Kontakt zwischen ihnen merklich abgekühlt. Besonders mit Lisbeth. Sie bemühten sich, einen höflichen Ton beizubehalten, sahen einander aber nicht öfter als unbedingt nötig. Ein gewisser Kontakt war unausweichlich. Aber es war immer Lasse, der herüberkam, wenn sie etwas wollten, oft mit demselben Anliegen. Den Veränderungen, die sie innerhalb ihres Hauses vornahmen, war schwer etwas entgegenzusetzen, aber für das, was sie außerhalb davon veranstalten wollten, bedurfte es Anna-Karins Zustimmung. Oft bekam sie zu hören, dass zwei Stimmen gegen eine standen, aber tatsächlich hatte Lisbeth keinen Anteil am Erbe und besaß daher keine berechtigte Stimme. Jetzt hatten sie verlangt, dass der Hof bei der Erbteilung durch zwei geteilt werden sollte, aber darüber war das letzte Wort noch nicht gesprochen. Anna-Karin stand immerhin auf der Seite der Familie, der, die nicht mehr lebte und für sich selbst sprechen konnte. Lasse war daran nie besonders interessiert gewesen. Sie war sehr verärgert über ihn, weil er ihre Familiengeschichte auf die leichte Schulter nahm. Verärgert und enttäuscht.
    Sie sah auf die Uhr. Mehrere Male hatte sie versucht, ihre Tochter und ihren Sohn zu erreichen, um ihnen von Helgas Tod zu berichten. Schließlich hatte sie die Nachricht auf ihren Anrufbeantwortern hinterlassen müssen. Jetzt nahm sie das Telefon zur Hand und wählte die Handynummer ihrer Tochter, nicht die Festnetznummer, denn da meldete sich selten jemand.
    »Hallo, Mama, warte mal eben.« Sie hörte die entfernte Stimme der Tochter und dann eine Autotür, die zugeschlagen wurde. »Hallo, Mama.«
    »Wo bist du?«
    »Ich sitze in einem Taxi auf dem Weg zu einer Besprechung. Es eilt, fahren Sie bitte dahinten rechts und dann in die Frejgatan.«
    Atemlos und mit gestresster Stimme. Meistens klang es so, wenn Anna-Karin sie anrief.
    Ihre Susanna. Immer auf dem Sprung vom einen zum andern. Seit fast zehn Jahren wohnten beide Kinder in Stockholm, führten ihr eigenes Leben und hatten alle Hände voll zu tun. Sie waren schon nach dem Gymnasium ausgezogen, hatten ihre Ausbildungen gemacht und beide gut bezahlte Jobs bekommen. Es gab allen Grund, stolz zu sein, und das war sie auch. Aber es war traurig, dass sie so weit weg waren. Sie hatten nicht oft Zeit heimzukommen, besonders der Sohn nicht. Und die Enkel, auf die sie hoffte, würden Stockholmer werden. Das war schwer zu akzeptieren. Sie fand es nicht gut für die Kinder, in all dem

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