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Einem Tag in Paris

Einem Tag in Paris

Titel: Einem Tag in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Sussman
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Springs öfter besuchen.«
    »Hey, weißt du was? Ich werde nach Paris fliegen!«
    Die Küchenuhr klingelte, und Josie testete die Nudeln und goss sie dann ins Sieb. Sie wärmte sie kurz mit der Sauce auf, während sie sich ihre Lüge zurechtlegte.
    »Erinnerst du dich noch an Whitney? Meine Freundin vom College? Wir fahren zusammen für sechs Tage hin.«
    »Das kannst du dir mit deinem Lehrergehalt leisten?«
    »Whitney hat ein tolles Angebot gefunden. Ich freue mich schon so darauf. Paris!«
    »Ja. Freut mich für dich, Josie. Bring mir eine dieser Baskenmützen mit, die die alten Männer dort tragen. So eine würde mir gut stehen.«
    Josie lächelte. »So eine würde dir ausgezeichnet stehen.«
    Sie stellte ihnen das Essen hin und nahm dann ihrem Vater gegenüber Platz.
    »Wirst du wirklich nach Palm Springs ziehen?«
    »Wer weiß? Ich spiele mit dem Gedanken. Ich kenne eine Dame, die dort unten ein Haus hat. Sie will, dass ich sie besuche.«
    »Eine Dame?«
    »Hast du noch nie von einer Dame gehört?«
    »Eine Dame und Freundin?«
    »Das ist nicht auszuschließen.«
    »Dad. Das ist ja toll. Seit wann denn?«
    »Seit nie. Ich habe gesagt, ›es ist nicht auszuschließen‹.«
    »Erzähl mir von der Dame.«
    »Ich habe sie beim Bridge kennengelernt. Eine nette Dame.«
    »Das freut mich, Dad. Das freut mich wirklich.«
    »Und was ist mit dir los? Dein alter Herr kann eine Dame kennenlernen, und du kannst keinen Freund mit nach Hause bringen?«
    »Ich werde einen Freund mit nach Hause bringen, Dad. Versprochen.«
    »Ach ja?«
    »Ich weiß nicht. Es ist sehr kompliziert. Es gibt da einen Mann, den ich mag. Ich weiß nicht.«
    »Was weißt du nicht?«
    »Wie ich schon sagte, es ist kompliziert.«
    Ihr Vater stellte sein Weinglas auf dem Tisch ab. Er schob seinen Stuhl zurück und stand auf.
    »Er ist verheiratet«, sagte er mit leiser Stimme.
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Die Liebe ist nicht kompliziert. Verheiratete Männer sind kompliziert.«
    »Vergiss, dass ich etwas gesagt habe.«
    »Deine Mutter wäre sehr enttäuscht von dir.«
    »Lass sie aus dem Spiel.«
    »Mir ist der Hunger vergangen.«
    »Dad. Setz dich.«
    Ihr Vater ging ins andere Zimmer. Josie war wütend auf sich selbst, dass sie etwas gesagt hatte – es gab keinen Grund, über Simon zu reden. Sie stand auf und folgte ihrem Vater ins Wohnzimmer.
    Er stand neben der Haustür, als dächte er über seine Flucht nach. Er starrte durchs Fenster; seine Miene war düster und grüblerisch.
    »Heute ist der Tag, an dem deine Mutter ihre Diagnose bekommen hat«, sagte er leise, als würde er gar nicht zu ihr sprechen. »Vor acht Jahren.«
    »Oh«, sagte Josie matt. Sie blieb hinter ihm stehen, voller Angst, dass, wenn sie auf ihn zuginge, er die Tür aufreißen und verschwinden könnte.
    »Ich habe sie zu dem Arzttermin begleitet. Wir dachten, es wäre nichts – irgendeine Schwellung in den Knöcheln, ein leichtes Unbehagen, nichts von Bedeutung. Aber du weißt ja selbst, wie sehr sie Ärzte gehasst hat.«
    Seine Hände hingen schlaff an seinen Seiten. Er sah hilflos aus, verloren, als würde das, was vor acht Jahren geschehen war, immer wieder geschehen.
    »Sie ist ins Sprechzimmer gegangen, und ich bin bei den ganzen anderen Damen im Wartezimmer geblieben. Dann kam eine Arzthelferin herein und sagte: ›Der Doktor hat jetzt Zeit für Sie.‹ In dem Augenblick wusste ich alles, was ich wissen musste. Er musste kein Wort sagen.«
    »Wie ging es Mom?«, fragte Josie.
    »Sie war still. Ängstlich. Wir saßen vor dem Schreibtisch des Arztes in seinem schicken Büro und hörten ihm zu, wie er von Operation und Chemo und neuen Behandlungsmethoden redete. Aber ich wusste es in dem Augenblick: Ich hatte sie verloren. Ich hatte meine Welt verloren. Ich hatte mein Leben verloren.«
    Tränen liefen ihm über die Wangen. Josie fuhr sich selbst mit dem Handrücken übers Gesicht.
    »Es tut mir leid, dass ich so weit weg war.«
    »Oh, du hast getan, was du tun musstest. Was alle Kinder tun. Wir haben dir deswegen nie Vorwürfe gemacht.«
    »Komm und iss mit mir, Dad.«
    »Acht Jahre ist das jetzt her. Und ich habe noch immer diese ganzen Gefühle. Sie lassen sich nicht einfach in einer Kiste sammeln und wegpacken.«
    Josie trat zu ihrem Vater. Er wandte sich zu ihr um und ließ sich von ihr halten.
    Einen Augenblick später wich er einen Schritt zurück. »Keine verheirateten Männer«, sagte er.
    »Wer hat denn etwas von einem verheirateten Mann gesagt?«, sagte sie

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