Einem Tag mit dir
etwa, uns steht der Sinn nach Handarbeiten?«
Stella wirkte gekränkt.
»Tut mir leid«, sagte Mary. »War nicht so gemeint.«
»Schon in Ordnung«, sagte Stella. »Ich dachte nur, damit könnten wir uns ein bisschen ablenken an den Abenden, an denen wir nur vor dem Rundfunkempfänger hocken und auf Nachrichten warten.«
»Gar keine schlechte Idee«, bemerkte ich.
»Die Einheimischen könnten bestimmt ein paar warme Decken gebrauchen«, fügte Mary hinzu. »Für ihre Kinder.«
»Ich bin dabei«, sagte Kitty.
»Ich auch«, sagte Liz.
»Wir könnten gleich heute Abend nach der Spätschicht anfangen«, schlug Mary vor.
Stella lächelte. »Abgemacht. Ich besorge die Wolle. Wir treffen uns im Aufenthaltsraum.«
Stella sollte recht behalten. Das Strickkränzchen hielt uns während der nächsten Wochen aufrecht. Wir strickten eine Decke und dann eine zweite. Als wir an der vierten arbeiteten, planten wir schon die fünfte: aus grüner und gelber Wolle, mit einem Palmenmotiv in der Mitte.
»Wer wohl einmal unter diesen Decken schlafen wird«, sinnierte Liz, während sie mit einer Hand über den Rand der ersten Decke fuhr, die wir fertiggestellt hatten. »Auch wenn eine Decke eigentlich etwas vollkommen Unbedeutendes ist, tut es doch gut zu wissen, dass wir etwas Sinnvolles für die Inselbevölkerung tun.«
Wir nickten alle.
»Habt ihr euch schon mal gefragt, was die Einheimischen von all dem halten?«, fuhr sie fort. »Davon, dass ihr friedliches Paradies mitten im Ozean plötzlich zum Mittelpunkt eines grausamen Kriegs geworden ist?«
»Das muss wirklich schrecklich für die Leute hier sein«, sagte Mary. »Ich wünschte, wir könnten mehr für sie tun, als ein paar Decken zu stricken.«
»Die Decken sind immerhin etwas«, wandte Liz ein.
Ich musste an Atea denken, die ganz allein war und vielleicht sogar in Gefahr. Sie könnte bestimmt eine Decke gebrauchen, und wenn nicht, würde sie jemanden kennen, der eine brauchte.
Einen Moment lang betrachtete ich die Frauen und lauschte auf das Klappern der Stricknadeln. »Ich kann die Decken einer Frau bringen, die ich kenne, einer Einheimischen, von der ich weiß, dass sie sie gebrauchen kann«, schlug ich vor. »Ich bringe sie morgen auf den Markt.«
»Schwester Hildebrand?«
»Ja?«, erwiderte sie, ohne von ihrem Schreibtisch aufzublicken.
»Würden Sie mir erlauben, eine längere Mittagspause zu machen?«
Sie schob ihre Brille auf ihre Nasenspitze. »Was haben Sie vor?«
»Na ja, einige andere Schwestern und ich haben ein Strickkränzchen gegründet, und wir haben ein paar Decken gestrickt«, sagte ich. »Damit vertreiben wir uns abends nach der Arbeit ein bisschen die Zeit und lenken uns von unseren Sorgen …«
»Kommen Sie zur Sache, Schwester Calloway«, sagte sie streng.
»Natürlich«, erwiderte ich. »Verzeihen Sie. Ich möchte die fertigen Decken heute auf den Markt bringen und sie ein paar Einheimischen geben, die sie gebrauchen können.«
»Decken?«, fragte sie mit einem spöttischen Unterton.
»Ja, Ma’am, Decken.«
Sie schüttelte den Kopf, dann zuckte sie die Schultern. »Tja, kann ja nichts schaden. Aber sehen Sie zu, dass Sie um halb drei wieder hier sind. Es werden wieder Verwundete gebracht, und wir können niemanden entbehren.«
Ich lächelte. »Danke, Schwester Hildebrand. Vielen Dank! Ich bin pünktlich wieder zurück.«
Auf dem Markt was es stiller als gewöhnlich, es war beinahe unheimlich. Da die meisten Soldaten im Einsatz waren, kamen weniger Händler, um ihre Waren anzubieten, aber ich hatte gehofft, zumindest Atea anzutreffen. Ich musste unbedingt mit ihr reden.
Seit dem unangenehmen Vorfall in der Kapelle an Heiligabend, als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, waren Monate vergangen, und ich machte mir Sorgen um sie. Die Decken waren nur ein Vorwand gewesen, um herkommen und mich nach ihrem Wohlergehen erkundigen zu können.
»Verzeihen Sie«, sagte ich zu einer zahnlosen Frau, die mit einem Kleinkind auf dem Arm an einem Tisch stand, auf dem Bananen und irgendein undefinierbares Grünzeug aufgetürmt waren. »Haben Sie Atea gesehen?«
Die Frau beäugte mich misstrauisch. »Atea nicht hier«, sagte sie.
»Ach so«, erwiderte ich und zeigte ihr die Decken. »Ich wollte ihr die hier geben.«
Plötzlich wurde die Frau freundlich. Sie zeigte auf einen Hügel in der Nähe. »Sie bei Tita. Grüne Haus.«
»Danke«, sagte ich und machte mich auf den Weg. Mir blieb nicht einmal eine Stunde, bis der Laster zum Camp
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