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Einem Tag mit dir

Einem Tag mit dir

Titel: Einem Tag mit dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jio
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wird höchste Zeit, dass wir unsere Pflicht erfüllen, dass wir tun, wofür wir hierhergekommen sind. Dass wir kämpfen.
    Ich war heute Morgen im Lazarett, um mich von Dir zu verabschieden, aber Du warst gerade beschäftigt, und ich wollte Dich nicht stören. Ich bin ein paar Minuten am Fens ter stehen geblieben und habe Dir bei der Arbeit zugesehen. Gott, bist Du schön. Wie Du Dich bewegst. Wie Du sprichst. Ich habe noch nie jemanden so geliebt wie Dich.
    Ich weiß nicht, wie lange ich fort sein werde. Vielleicht einige Tage. Vielleicht mehrere Monate. Aber ich bete, dass Du die Erinnerung an die vergangene Nacht ebenso in Dei nem Herzen bewahren wirst, wie ich es tun werde. Ich bete, dass Du an mich denkst und auf mich wartest. Denn ich werde zurückkommen, und wir werden wieder zusammen kommen. Und wenn der Krieg vorbei ist, werden wir uns nie wieder voneinander trennen.
    Denk an mich, an »La Vie en Rose«, mein Liebling.
    Für ewig Dein
    Grayson
    Ich wischte mir die Tränen fort, rannte nach draußen und schaute den Flugzeugen nach, die gerade gestartet waren. Ich schickte einen Luftkuss in den Himmel.
    Er würde zurückkommen. Er musste zurückkommen.
    In den folgenden Tagen kamen kaum Nachrichten von der Front. Die Männer, die auf der Insel geblieben waren, wirkten grüblerisch und gereizt, vielleicht waren sie von Schuldgefühlen geplagt, weil sie nicht auch an der Front kämpften, oder schämten sich, weil sie nicht für diesen wichtigen Einsatz ausgewählt worden waren.
    Die Alliierten seien dabei, gegen die Japaner im Pazifik vorzurücken, und es sei eine entscheidende Schlacht, in der es darum gehe, Neuseeland zu schützen, hatte Liz uns erklärt. Liz war immer besser informiert als wir anderen. Sie sagte, die Japaner hätten vorgehabt, Neuseeland zu unterwerfen und die Einwohner zu foltern und zu töten. Zwar hatten die Alliierten Guadalcanal eingenommen, aber es gab immer noch feindliche Verbände im Südpazifik. Wir mussten unbedingt gewinnen. Wenn nicht, na ja, darüber redete niemand, aber die Aussicht auf die möglichen Konsequenzen bedrückte uns alle.
    Jeden Tag wurden Verwundete eingeflogen. Manche wurden auf Tragen ins Lazarett geschoben, benommen, blutig, stumm, als hätte das, was sie erlebt hatten, ihnen die Sinne geraubt, sie für immer verstummen lassen. An dere waren so schwer verwundet – abgerissene Arme oder Beine, Granatsplitter in den Augen –, dass sie laut stöhnten und nach Morphium schrien, was wir ihnen so schnell verabreichten, wie es uns gelang, eine Spritze aufzuziehen.
    Wir hatten alle Hände voll zu tun im Lazarett und fragten uns bei dem nicht abreißenden Strom von Verwundeten, ob die Schlacht wohl den gewünschten Verlauf nahm. Schwester Hildebrand, die uns strenger denn je herumkommandierte, arbeitete mit sachlicher Präzision. »Liz!«, schrie sie. »Holen Sie frisches Verbandszeug aus dem Magazin! Sehen Sie nicht, dass fast keins mehr da ist? Stella! Kommen Sie her und helfen Sie mir, diesen Soldaten für eine Operation vorzubereiten! Kitty! Der Mann in Bett neun braucht Morphium! Schnell!«
    Sie führte das Lazarett mit eiserner Faust, und das zu Recht. Keine von uns hatte je in ihrem Leben vor solchen Herausforderungen gestanden, und unsere Nerven lagen blank. Jedes Mal, wenn ein verwundeter Soldat hereingeschoben wurde, beugten wir uns ängstlich über die Trage, um zu sehen, ob es jemand war, den wir kannten.
    Eines Morgens Anfang April brach plötzlich Hektik aus am Eingang, wo ein Mann schrie: »Wir brauchen eine Krankenschwester! Schnell!«
    Ich sah einen Piloten im Eingang stehen, der einen blutverschmierten Soldaten in den Armen hielt. »Es dauerte zu lange, auf eine Trage zu warten, deswegen habe ich ihn selber hergeschleppt«, sagte er. »Er hat im Flugzeug viel Blut verloren. Ich weiß nicht, was Sie für ihn tun können, aber beeilen Sie sich. Er ist ein guter Mann.«
    Ich half dem Piloten, den Soldaten auf eine Trage zu legen. Obwohl sein Gesicht vollkommen mit Blut bedeckt war, erkannte ich ihn sofort. Großer Gott, es war Will. Stellas Will . »Ich übernehme ihn«, sagte ich zu dem Piloten. »Danke, Lieutenant.«
    »Es kommen noch mehr«, sagte er ernst. »Ich hab’s gerade über Funk gehört. Es sieht schlimm aus da draußen. Hohe Verluste.«
    Voller Entsetzen schob ich Will in den Operationssaal, wo Dr. Wheeler sich gerade die Hände wusch. »Doktor!«, rief ich. »Der Mann hier braucht Sie!«
    Ich winkte Mary zu mir, die am anderen Ende des

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