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Einem Tag mit dir

Einem Tag mit dir

Titel: Einem Tag mit dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jio
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Hände, zog die linke zu sich heran und berührte meinen Verlobungsring. »Ich kann dich nicht länger mit ihm teilen«, flüsterte er.
    »Ich weiß«, sagte ich und atmete seinen Atem ein. Dann zog ich den Ring von meinem Finger und ließ ihn in meine Tasche gleiten. »Das brauchst du auch nicht. Ich gehöre nur noch dir.«
    Westry küsste mich mit einer Leidenschaft, die alle Schuldgefühle, die ich gegenüber Gerard empfunden hatte, hinwegfegte. Wahrscheinlich wären wir eng umschlungen bis zum Morgengrauen am Strand sitzen geblieben, hätte nicht das Baby in der Hütte geschrien und uns an unsere Aufgabe erinnert.
    »Wir sollten die beiden jetzt ins Camp bringen«, sagte ich zu Westry und küsste ihm die Wange, die Nase und die Hand. Noch nie hatte ich jemanden so innig und bedingungslos geliebt.
    Westry trug Kitty, die er in die Decke gewickelt hatte, über den Strand. Das war keine leichte Aufgabe, nicht einmal für so einen kräftigen Mann wie ihn, und als wir im Camp eintrafen, war er schweißgebadet. Das Baby, in Westrys armeegrünes Hemd gewickelt, schlief den ganzen Weg über in meinen Armen. Ich wünschte der Kleinen, dass sie auch eines Tages so einen hübschen Lockenkopf bekommen würde, wie ihre Mutter ihn hatte.
    »Wir bringen dich ins Lazarett, da kannst du dich ausruhen«, sagte ich zu Kitty.
    »Nein, Anne, ich …«
    »Schsch«, flüsterte ich. »Mach dir keine Sorgen. Es gibt nichts, weswegen du dich schämen müsstest.«
    Es war fünf Uhr früh, und im hinteren Flügel waren einige Schwestern bei der Arbeit. Es war jedoch unwahrscheinlich, dass wir einer von ihnen über den Weg laufen würden, außer vielleicht Schwester Hildebrand.
    Westry trug Kitty hinein, und ich führte ihn zu einem kleinen Einzelzimmer, wo er sie vorsichtig aufs Bett gleiten ließ. Ich legte ihr das Baby in den Arm. Kitty schaute erst mich, dann Westry an und streichelte ihm das stoppelige Kinn. »Wie kann ich euch das je danken?«
    »Sie brauchen uns nicht zu danken«, erwiderte er. »Aber Sie könnten mir helfen, ein neues Hemd aufzutreiben.«
    »Oh«, sagte Kitty. »Findet ihr nicht, dass meiner Tochter Olivgrün wunderbar steht?«
    Westry grinste und streifte sich einen weißen Arztkittel über, der an einem Haken neben dem Bett hing und wahrscheinlich Dr. Livingston gehörte.
    »Sitzt perfekt«, sagte ich augenzwinkernd.
    Wir drehten uns alle zur Tür um, als wir hörten, dass der Knauf gedreht wurde. Schwester Hildebrand trat ein und schaute Westry verblüfft an.
    »Wer sind Sie?«, fragte sie.
    »Westry Green, Ma’am«, sagte er. »Ich habe die beiden – besser gesagt, die drei – nur in Sicherheit gebracht und bin schon wieder weg.«
    »Ab hier übernehme ich, Soldat«, sagte Schwester Hilde brand barsch. »Den Kittel bringen Sie gewaschen und gebügelt zurück.«
    Westry nickte und ging zur Tür. »Gute Nacht, die Damen«, sagte er und schenkte mir zum Abschied noch ein flüchtiges Lächeln.
    »Gute Nacht«, sagte ich. Mir fiel Kittys ängstlicher Blick auf, als Westry das Zimmer verließ.
    »Anne, Kitty, alles in Ordnung?«, fragte Schwester Hildebrand.
    »Ja«, sagte ich. »Das Kind ist gesund, aber es muss gewaschen werden. Und Kitty auch.«
    Schwester Hildebrand nahm eine Schüssel aus dem Schrank. »Anne, Sie werden die Kleine baden.«
    »Natürlich«, sagte ich und nahm Kitty das Baby aus den Armen.
    »Ich werde die Mayhews anrufen und sie bitten herzukommen«, fuhr Schwester Hildebrand fort. »Sie können das Kind in dieses Laken wickeln, Anne, wenn Sie es gebadet haben. Die Mayhews haben Babysachen zu Hause, die können die Kleine dann richtig anziehen.«
    Kitty schüttelte den Kopf. »Die Mayhews?«
    »Das Ehepaar, das dein Kind aufnehmen wird«, erklärte ich ihr.
    Kittys Augen weiteten sich. »So bald schon?«, fragte sie entgeistert. »Ich … ich …«
    »So wollten Sie es doch, Kitty. Und es ist das Beste«, sagte Schwester Hildebrand ungerührt. »Sie können das Kind nicht hier im Camp behalten. Es ist das Beste für Sie und auch für Ihre Tochter. Und je eher Sie sich von ihr verabschieden, umso besser.«
    Kitty schaute niedergeschlagen zu, wie ich das Baby badete.
    »Sie heißt Adella«, murmelte sie.
    »Sie können ihr keinen Namen geben«, verfügte Schwes ter Hildebrand. »Das müsssen Sie schon den Mayhews überlassen.«
    »Nein!«, protestierte Kitty. »Für mich wird sie immer Adella sein!«
    Ich hob das Neugeborene vorsichtig aus dem warmen Wasser und trocknete es mit einem Handtuch ab.

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