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Einem Tag mit dir

Einem Tag mit dir

Titel: Einem Tag mit dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jio
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Dann wickelte ich die Kleine, wie Schwester Hildebrand mich angewiesen hatte, in das Laken und legte sie Kitty in den Arm.
    »Nicht«, sagte sie mit Tränen in den Augen und wandte sich ab. »Ich will sie nicht nehmen. Wenn ich sie jetzt in den Arm nehme, kann ich sie nicht mehr loslassen. Verstehst du das denn nicht, Anne?« Kitty begann zu weinen, aber es war ein ganz anderes Weinen, als ich es von ihr kannte. Das war echte Trauer, die aus tiefstem Herzen kam.
    Ich schluckte schwer, bemüht, Kitty zuliebe stark zu sein, und ging mit dem Kind aus dem Zimmer. Dort wartete ich, bis ein Ehepaar von vielleicht Anfang dreißig kam, um das Neugeborene abzuholen. Durch die Zimmertür hörte ich Kitty schluchzen.
    Schwester Hildebrand stellte mir das Paar vor. »John und Evelyn Mayhew«, sagte sie und rang sich ein Lächeln ab. »Sie werden das Kind jetzt mitnehmen.«
    Die beiden wirkten sehr liebenswürdig, und das Lächeln der Frau sagte mir, dass sie dem Kind eine gute Mutter sein würde. Sie streichelte den Kopf des Babys. »Die Kleine ist bestimmt hungrig«, sagte sie und nahm sie aus meinem Arm. »Wir haben ein Fläschchen im Auto.« Schwester Hildebrand schaute schweigend, vielleicht sogar ein bisschen stolz zu, wie die neue Mutter sich mit »ihrer Tochter« vertraut machte.
    »Sie heißt Adella«, sagte ich leise.
    »Was für ein schöner Name«, sagte die Frau, »auch wenn wir uns schon für einen anderen entschieden haben. Aber ich werde ihn als Zweitnamen in die Geburtsurkunde eintragen lassen.«
    Ich nickte und trat zur Seite, als die beiden sich von Schwester Hildebrand verabschiedeten und sich als frischgebackene Familie auf den Heimweg machten.
    »Ich gehe zu Kitty hinein«, sagte ich und griff nach dem Türknauf.
    »Warten Sie, Anne.« Schwester Hildebrand hielt mich zurück. »Noch nicht. Zuerst möchte ich kurz mit ihr reden. Bitte.«
    Ich wusste nicht, was sie vorhatte, aber sie wirkte so ernst, dass ich nicht zu widersprechen wagte. Ich warte te vor der Tür. Es schien eine Ewigkeit zu dauern. Was machte sie da drinnen? Was hatte sie mit Kitty zu be sprechen?
    Ich legte ein Ohr an die Tür und hörte Schwester Hildebrand etwas sagen, das mich verblüffte. »Ich war auch einmal in Ihrer Situation.« Ich war zutiefst schockiert und wich einen Schritt zurück, als der Türknauf sich drehte.
    Dann ging die Tür auf, und Kitty kam mit trockenen Augen und einem leeren Gesichtsausdruck heraus, wie ich ihn bei ihr noch nie gesehen hatte.

11
    S chwester Hildebrand gab mir ein paar Tage frei, damit ich mich um Kitty kümmern konnte. Ich blieb die meiste Zeit bei ihr auf dem Zimmer, obwohl ich den Eindruck hatte, dass sie lieber allein gewesen wäre.
    »Wollen wir Karten spielen?«, fragte ich und nahm die Spielkarten aus meinem Nachtschränkchen.
    »Nein, lieber nicht«, sagte Kitty.
    Ich brachte ihr die Mahlzeiten aufs Zimmer und ver suchte, sie für Zeitschriften zu interessieren. Liz, die glaub te, Kitty erhole sich von einer Krankheit, kam vorbei, um ihr die beiden letzten Ausgaben der Vogue zu bringen, aber Kitty legte die Hefte nur auf ihr Bett und starrte an die Wand.
    Im Grunde konnte ich ihr nicht helfen. Da musste sie allein durch, und deswegen machte ich zwei Tage nach der Geburt einen Spaziergang zur Hütte. Ich brauchte einen Tapetenwechsel, und Kitty brauchte ein paar Stunden für sich allein.
    Westry war dort, ganz wie ich es erhofft hatte. Er lag auf dem Bett und schlief in der Nachmittagssonne, die durch das Fenster fiel.
    »Hallo«, flüsterte ich und kuschelte mich an ihn. Er öffnete die Augen und zog mich lächelnd an sich.
    »Ich wette, du wusstest nicht, dass du in Gegenwart eines Meisterwerks schläfst«, sagte ich grinsend.
    Westry streichelte meine Wange. »Das weiß ich seit dem Tag, an dem du diese Hütte zum ersten Mal betreten hast. Du bist das größte Kunstwerk der Welt.«
    Ich schüttelte lächelnd den Kopf. »Nein, du Dummkopf. Ich rede doch dich nicht von mir, ich rede von dem Gemälde.« Ich zog das Bild unter dem Bett hervor. »Das ist ein echter Gauguin.«
    Westry richtete sich auf und betrachtete das Gemälde. »Ist das dein Ernst?«
    Ich nickte.
    Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass es von einem der Postimpressio nisten stammte, aber ich hätte eher an einen jüngeren, weniger bekannten Maler gedacht, vielleicht an einen Schüler von einem der Großen. Aber ein Gauguin? Wie kannst du dir da so sicher sein?«
    »Eine alte Frau auf

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