Einem Tag mit dir
das vorgestellt haben, nicht wahr?«, fuhr sie traurig fort. »Aber du hast ja immerhin einen wunder baren Mann kennengelernt. Noch dazu mitten im Krieg. Einfach unglaublich.«
Wie aufs Stichwort winkte Westry mir vom anderen Ende der Kantine zu. Dann, ganz gegen die Etikette, kam er an unseren Tisch. »Na, ihr zwei Hübschen«, sagte er grinsend. Seine Serviette baumelte ihm vor der Brust. »Wie geht es dir, Liebes?«, fragte er mich, während ich die Serviette aus seinem Kragen zog und ihm in die Hand drückte.
»Großartig«, erwiderte ich. »Ich hab dich heute Morgen in der Hütte vermisst.« Es fühlte sich merkwürdig an, so offen über unser Geheimnis zu sprechen, aber jetzt, wo Kitty dort gewesen war, spielte es keine Rolle mehr, außerdem waren wir die Einzigen am Tisch.
»Hallo, Westry«, sagte Kitty, und ihre Augen leuchteten auf. Es gefiel mir nicht, wie sie mit den Wimpern klim perte. »Ich habe im Wandschrank im Lazarett ein paar Bo dendielen gefunden, und ich dachte, die könntet ihr viel leicht brauchen, um das Quietschen im Fußboden in eurer Hütte zu flicken.«
Meine Wangen glühten. Wie kam Kitty dazu, mit Westry über unsere Hütte zu reden? Und woher in aller Welt wusste sie von den quietschenden Bodendielen?
»Danke, Kitty«, sagte Westry ungerührt. »Ich komme später vorbei und sehe sie mir an.«
»Aber …«, setzte ich an.
»Was denn?«, fragte Westry.
»Nichts«, murmelte ich. »Ich wollte nur vorschlagen, dass wir uns heute Abend in der Hütte treffen.« Ich schaute Westry direkt in die Augen, um klarzustellen, dass ich nur ihn meinte.
»Nichts lieber als das«, erwiderte er. »Mein Dienst endet um halb sechs, genau rechtzeitig, um noch den Sonnenuntergang zu betrachten.«
»Schön«, sagte ich und fühlte mich sofort besser.
Als Westry sich zum Gehen wandte, stand Kitty auf. »Wenn Sie heute Nachmittag vorbeikommen wollen, ich arbeite bis acht.« Sie schaute mich fast verlegen an. »Ich meine, falls Sie sich die Dielen ansehen möchten.«
Westry nickte und verließ die Kantine.
Eine Weile aßen wir schweigend. Schließlich sagte Kitty: »Also, wie gesagt, ich bleibe wahrscheinlich noch ein paar Monate, und dann … wer weiß?« Ihr Blick wanderte wieder zum Fenster. »Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten für eine Krankenschwester. Vielleicht melde ich mich auf eine Stelle in Europa.«
Ich schaute sie an. Wer war diese Frau, die mir da gegenübersaß? Ich sah sie fragend an, doch sie wich meinem Blick aus. »Ich dachte nur …«
»Ich habe Schwester Hildebrand versprochen, ihr heute bei den Impfungen zu helfen«, fiel sie mir ins Wort. »Ich gehe dann mal rüber.«
»Ja, sicher«, sagte ich, aber sie war schon auf dem Weg zur Tür.
»Irgendetwas stimmt nicht mit Kitty«, sagte ich, als ich am Abend in die Hütte kam. Ich streifte meine Schuhe ab und ließ mich aufs Bett fallen.
»Auch dir einen guten Abend, mein Schatz«, sagte Westry lächelnd und drückte mir einen Strauß Hibiskusblüten in die Hand.
»Tut mir leid«, murmelte ich, während ich die Blüten bewunderte – sie waren leuchtend gelb, ganz anders als die roten, die überall blühten. Soweit ich wusste, stammten sie von dem einzigen gelbblühenden Hibiskusstrauch auf der Insel, und der stand gleich vor unserer Hütte. Ich legte die Blumen auf dem Stuhl ab und seufzte bei dem Gedanken an Kitty.
»Sie war so komisch heute Morgen beim Frühstück, und ich mache mir Sorgen um sie. Sie hat sich in den vergangenen Monaten sehr verändert. Sie ist mir richtig fremd geworden.«
Westry nahm sein Taschenmesser heraus und schnitt einen roten Apfel in Stücke. »Ja, das stimmt, sie hat sich verändert«, sagte er. »Aber das ist doch normal, nach allem, was sie durchgemacht hat. Bist du nicht ein bisschen zu streng mit ihr?«
Ich nickte. »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte ich und nahm das Apfelstück, das er mir reichte. Einen Moment lang tröstete mich der süße Geschmack.
»Du bist doch hoffentlich nicht sauer wegen ihrer Bemerkung über die Bodendielen, oder?«
»Nein«, log ich. »Oder doch, ein bisschen.« Ich seufzte. »Ist es unrecht, dass ich Besitzansprüche auf diese Hütte erhebe?«
Er setzte sich lächelnd neben mich. »Nein, aber es würde mir noch mehr gefallen, wenn du auf mich Besitzansprüche erheben würdest.«
Ich knuffte ihn in die Rippen. »Das tue ich durchaus, und deswegen möchte ich wissen, ob du heute bei ihr im Lazarett warst.«
»Ja, war ich«, sagte er. Offensichtlich
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