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Einem Tag mit dir

Einem Tag mit dir

Titel: Einem Tag mit dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jio
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genoss er meine Eifersucht.
    »Und?«
    Er schüttelte den Kopf. »Die Dielen können wir hier nicht gebrauchen.«
    »Gut«, erwiderte ich. »Mir gefällt der Boden so, wie er ist.«
    Er streichelte mir den Nacken mit den Fingerspitzen. »Mir auch.«
    »Außerdem«, fuhr ich fort, »hätten wir keinen Briefkasten mehr, wenn wir die Dielen austauschen würden.«
    »Dann sind wir uns also einig«, sagte er. »Die quietschenden Dielen bleiben.«
    Er nahm das goldene Medaillon, das ich um den Hals trug, und öffnete es. »Immer noch leer?«
    »Ja«, antwortete ich. »Ich überlege die ganze Zeit, was ich hineintun könnte, aber bisher habe ich noch nichts Geeignetes gefunden.«
    Westry sah sich in der Hütte um. »Es muss etwas sein, das dich an die Hütte erinnert, an uns – etwas, das dich an unsere Liebe erinnert.«
    Ich runzelte die Stirn und nahm ihm das Medaillon ab. »Etwas, das mich an unsere Liebe erinnert? Du redest ja, als wären unsere gemeinsamen Tage gezählt, als wäre das alles nur …«
    »Nein«, entgegnete er und legte mir eine Hand auf den Mund. »Ich werde dich bis an mein Lebensende lieben, aber mir steht demnächst wieder ein Einsatz bevor, das weißt du. Und wenn ich in Europa bin, möchte ich, dass es etwas gibt, das dich an mich und an diesen Ort hier erinnert. Etwas, das dir hilft, die Zeit zu überstehen, die wir getrennt sein werden.«
    Westry stand auf und suchte die Hütte ab, fuhr mit den Händen über den Schreibtisch, die geflochtenen Wände, die Vorhänge. Schließlich hockte er sich hin. »Ich hab’s«, sagte er und riss einen winzigen Splitter von einer der Bodendielen ab. »Ein Stückchen von der Hütte. Du kannst es um den Hals tragen, und so werde auch ich Tag und Nacht bei dir sein.«
    Meine Augen füllten sich mit Tränen, als er das Medaillon öffnete und den Holzsplitter hineinlegte. »So«, sagte er und hängte mir das Medaillon wieder um. »Jetzt hast du immer ein Stück von mir bei dir.«
    Ich küsste ihn leidenschaftlich.
    Kurz nach Sonnenuntergang zündete Westry eine Kerze an. Aneinandergekuschelt lauschten wir dem Wind und dem Gesang der Grillen, die im Mondlicht zirpten, bis uns ein Geräusch aufschreckte.
    Eine männliche Stimme, wütend und entschlossen, dann der verzweifelte Schrei einer Frau. Zuerst schien es, als wären die Stimmen weit weg, irgendwo im dichten Dschungel, sodass man sie ignorieren konnte, aber als die Schreie näher kamen, packte ich Westry ängstlich am Arm. »Was kann das sein?«
    »Keine Ahnung«, sagte er, stand auf und zog sich rasch sein Hemd über. »Aber es hört sich so an, als wäre die Frau in Schwierigkeiten. Bleib hier.«
    »Sei vorsichtig«, flüsterte ich. Ich wusste nicht, was mir mehr Angst machte – dass Westry allein da hinausging oder dass ich allein in der Hütte blieb.
    Er schlüpfte aus der Tür und lauschte. Dann ver schwand er im Dschungel. Wieder ertönte ein Schrei, dann hörte ich Schritte. Jemand flüchtete.
    Ich stand auf und zog mir die Schuhe an. Ich wünschte, ich hätte irgendeine Waffe. Ob Westry seine Pistole dabei hatte? Wahrscheinlich nicht. Normalerweise nahmen die Männer ihre Waffen nicht mit, wenn sie das Camp verließen. Westry war allein da draußen. Was, wenn er meine Hilfe brauchte? Ich konnte nicht länger tatenlos dasitzen.
    Leise ging ich nach draußen. An der Außenwand der Hütte lehnte eine Dachlatte, mit der ich mich bewaffnete. Für alle Fälle.
    Ich schlich in Richtung Strand, fuhr jedoch herum, als ich einen Zweig knacken hörte. Woher kam das Geräusch? Von hinten? Mein Herz raste. Ich spürte Gefahr. Etwas Böses war ganz in der Nähe.
    Dann gellte wieder ein Schrei durch die Nacht, diesmal am Strand.
    »Nein, nein, bitte nicht! Bitte!«
    Mir blieb die Luft weg. Ich kannte die Stimme. Großer Gott. Es war Atea. Versuchte sie, zur Hütte zu gelangen, so wie ich es ihr geraten hatte? Lance musste ihr gefolgt sein. Wo war Westry? Ich arbeitete mich durch das Gestrüpp bis zum Strand vor, wo ich Zeugin einer Szene wurde, die sich für immer in mein Gedächtnis einbrennen sollte.
    Die Gesichter waren kaum zu erkennen, aber nachdem meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah ich das Entsetzliche. Er hatte sie an den Haaren gepackt. Dann blitzte plötzlich etwas im Mondlicht auf. O Gott . Ein Messer. Er fuhr ihr mit der Klinge über den Hals, und ich sah hilflos zu, wie ihr zierlicher Körper schlaff zu Boden sank.
    »Nein«, murmelte ich.
    Die schattenhafte Gestalt schleuderte das

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