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Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Titel: Einen Stein für Danny Fisher: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Robbins
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Wenn ich die Augen schloß und nur auf die Geräusche der abendlichen Straße hörte, war cs so, als wäre ich nie fort gewesen.
    Die Schaufensterbeleuchtung des Zehn-Cent-Basars erlosch plötzlich. Ich richtete mich auf, warf meine Zigarette in den Rinnstein und sah aufmerksam zur Eingangstür. Es konnte sich nur noch um wenige Minuten handeln. Wenige Minuten! Ich fühlte, wie in meinen Schläfen eine Ader zu hämmern begann; mein Mund war völlig ausgetrocknet. Eine Mädchengruppe kam plaudernd aus dem verdunkelten Laden. Ich sah jeder einzelnen begierig ins Gesicht, während sie im Gespräch an mir vorübergingen. Sie war nicht dabei.
    Mein Blick eilte über sie hinweg zur Tür zurück. Es kamen noch mehr Mädchen heraus. Meine Finger trommelten nervös gegen mein Bein. Auch unter diesen befand sie sich nicht. Ich sah rasch auf meine Armbanduhr. Beinahe fünf Minuten nach neun. Sie muß doch bald herauskommen!
    Ich wischte mir das Gesicht mit dem Taschentuch ab. Trotz der empfindlichen Kälte schwitzte ich. Ich stopfte das Taschentuch wieder in die Tasche zurück, ließ die Tür jedoch nicht eine Sekunde aus den Augen. Noch immer kamen Mädchen heraus. Ich prüfte rasch jedes Gesicht, um sofort das nächste anzusehen. Sie war noch immer nicht unter ihnen. Jetzt kamen schon viel weniger Mädchen heraus, sie kamen zu zweit oder auch allein. Sie traten auf die Straße, sahen rasch zum Himmel auf, dann eilten sie nach Hause. Ich sah nochmals auf die Uhr. Beinahe zwanzig Minuten nach neun! Bittere Enttäuschung drohte mich zu überwältigen. Ich wandte mich halb ab, um wegzugehen. Es war dumm von mir gewesen, auch nur anzunehmen, daß sie noch hier sein könnte. Es war wahrscheinlich auch dumm von mir zu glauben, daß die beiden Jahre keine Rolle gespielt hatten. Und dennoch - ich konnte nicht so ohne weiteres Weggehen . Ich kehrte wieder zurück, ich wollte so lange vor dem Geschäft warten, bis es ganz leer war.
    Jetzt erloschen noch mehr Lichter im Ladeninnern. Nur noch wenige Minuten und der Manager würde herauskommen und den Laden abschließen. Ich nahm eine Zigarette aus der Tasche, zündete ein Streichholz an, aber der Wind blies es aus, ehe es mir gelungen war, die Zigarette anzuzünden. Ich strich ein zweites an, diesmal hielt ich es in der hohlen Hand und wandte mich ab, um es vor dem Luftzug zu schützen. Und jetzt hörte ich wieder Mädchenstimmen und unter ihnen - eine ganz besondere Stimme. Ich blieb wie angewurzelt stehen und hielt den Atem an. Es war ihre Stimme! Ich habe es ja gewußt! "Gute Nacht, Molly."
    Ich starrte sie wie verzaubert an. Während sie mit dem andern Mädchen sprach, das sich in eine andere Richtung entfernte, stand sie von mir abgewandt. Die Zigarette hing zwischen meinen warmen Lippen, und ich starrte sie reglos an. In dem schwachen Licht der Straßenbeleuchtung schien es, als hätte sie sich überhaupt nicht verändert. Derselbe süße Mund, die weiche weiße Haut, die runden Wangen und die großen braunen Augen! Und ihr Haar... es gibt kein Haar wie das ihre, es ist so schwarz, daß es im Licht beinahe blaue Reflexe hat. Ich machte einen Schritt auf sie zu, dann blieb ich stehen. Ich hatte Angst, mich zu bewegen, hatte Angst zu sprechen. Ich stand hilflos da und sah sie bloß an.
    Das andere Mädchen war längst weitergegangen, und Nellie war im Begriff, ihren Schirm zu öffnen. Es war ein lebhaft rotkarierter Schirm. Als sie ihn über den Kopf hob und mechanisch hinaufsah, um ihn aufzuspannen, bemerkte sie mich. Automatisch ließ sie den Schirm zuerst einschnappen; ihre Miene war ungläubig, sie sah aus wie betäubt. Sie machte einen zögernden Schritt auf mich zu, dann blieb sie stehen.
    "Danny?" Es war eine heiser geflüsterte Frage.
    Ich sah ihr in die Augen, ich fühlte, wie sich meine Lippen bewegten, als ich zu sprechen versuchte, es formten sich aber keine Worte.
    Die Zigarette fiel mir aus dem Mund und versprühte, während sie zu Boden fiel, winzige Funken über meinen Anzug.
    "Danny! Danny!" schrie sie auf und lief die wenigen Schritte, die uns trennten, auf mich zu. Der Schirm lag geöffnet und vergessen im Flur hinter ihr.
    Sie lag in meinen Armen, sie weinte und küßte mich und wiederholte immer wieder meinen Namen. Ihre Lippen waren warm, dann kalt und auf einmal wieder warm. Ich fühlte ihre Tränen an meinen Wangen, und ihr Körper zitterte unter ihrem kurzen Mäntelchen.
    Als ich zu ihr hinuntersah, lag ein Nebel vor meinen Augen, der nicht vom Regen

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