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Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Einen Stein für Danny Fisher: Roman

Titel: Einen Stein für Danny Fisher: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harold Robbins
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Segeltuchwänden verbracht. Es hatte Tage gegeben, die so heiß waren, daß die Hitze einen förmlich briet, bis man das Gefühl hatte, sich im Ofen einer besonders verrückten Abteilung der Hölle zu befinden, und Nächte, die so kalt waren, daß einem das Mark in den Knochen zu frieren schien wie das Wasser in einem winterlichen See.
    Zwei Jahre in diesem Milieu. Die Menschenmenge drängte sich über die Zufahrtstraße heran, tölpelhaft, den Mund mit Zuckerwerk, Würstchen und Eiscreme vollgestopft. Dann gab's Menschen, die dich mit mißtrauischen Blicken ansehen, wie sie einen Vagabunden ansehen würden, begierig, deine Waren zu kaufen, es aber dennoch übelnehmen, daß du sie ihnen verkaufst.
    Zwei Jahre, die ich nicht zu Hause gewesen war, in denen ich nicht wußte, was geschah. Nellie, Mamma und Papa, Mimi und Sam. Die Namen schmerzen noch immer. Jedesmal, wenn ich glaubte, mich daran gewöhnt zu haben, überkam mich dasselbe Gefühl grenzenloser Verlassenheit. Es lag wohl tief vergraben, war aber doch immer da.
    Und jetzt war ich beinahe zu Hause! Beinahe, aber nicht ganz. Philadelphia. Ich könnte auf dem Bahnhof in der Market Street einen Zug besteigen und kurz nachher an der Penn Station wieder aussteigen. Es war so leicht, wenn ich daran dachte - nur eine Stunde und zehn Minuten von zu Hause entfernt!
    Die Dinge waren immer einfach, wenn ich an sie dachte. Sie waren aber nie einfach, wenn ich sie ausführen wollte. Die Erinnerung an alles, was geschehen war, stürmte auf mich ein. Und ich war wieder böse. Ich haderte mit meinem Schicksal wegen meines erzwungenen Exils. Ich hatte Angst vor dem, was geschehen könnte, wenn ich zurückkehre.
    Und doch — ich sehnte mich nach Hause. Ich wollte immer wieder nach Hause gehen. Es gibt Bande, die mich an jene knüpfen, die dort sind, selbst dann, wenn sie mich nicht zurückhaben wollen, Bande, die ich nicht in Worte kleiden kann, die ich aber tief im Innersten fühle. Heute bin ich bloß eine Stunde und zehn Minuten von alldem entfernt. Übermorgen, wenn die Zelte auf ihrer alljährlichen Route wieder südwärts rollen, werde ich sechs Stunden entfernt sein, eine Woche darauf zwanzig Stunden, und in einem Monat wird's eine Reise von vielen Tagen sein, und es könnte geschehen, daß ich sie in meinem ganzen Leben nicht mehr zurücklegen werde.
    Ich blicke wieder zum Himmel auf. Die Regenwolken hängen tief, sie sind beständig, der Wind peitscht mir die Nässe ins Gesicht, und die Zigarette zwischen meinen Lippen ist völlig durchweicht. Der Regen wird die ganze Nacht über auf die Zufahrtstraße herunterströmen. Ich lasse die Zigarette aus dem Mund fallen, und sie verzischt in einer Pfütze zu meinen Füßen. Ich höre das böse Zischen der winzigen Glut, als sie vergebens versucht, gegen das Wasser anzukämpfen. Ich glaube, ich gleiche dieser Zigarette, denn ich kämpfe in diesem unermüdlich herabrauschenden Regen um mein Leben. Ich kann nicht atmen, die Luft legt sich mir schwer auf die Lunge. Ich muß nach Hause! Ich muß, ich muß!! Ich muß Nellie Wiedersehen und Mamma und Mimi. Und auch Papa, ob er mich nun sehen will oder nicht. Selbst wenn ich weiß, daß ich nicht bleiben kann, selbst wenn ich morgen auf diese Zufahrtstraße zurückkehren muß, denn es kann eine unerträglich lange Zeit dauern, ehe ich wieder nach Hause fahren kann. Ich bin es müde, einsam zu sein.
    Das unvermeidliche Kartenspiel war noch immer im Gang, als ich durch die Zeltöffnung trat. Die Spieler sahen kurz auf, während ich meinen Hut gegen die Hosen schlug, um das Wasser abzuschütteln, dann blickten sie wieder in ihre Karten.
    Das schwache Licht der Öllampe flackerte über ihre Gesichter. Ich ging um den Tisch herum und blieb hinter Mike stehen, sah in seine Karten und lachte verstohlen. Er wird wohl nie reich werden, wenn er versucht, mit drei Karten ein Flush zusammenzubekommen.
    "Es wird wieder die ganze Nacht regnen", sagte ich.
    "Ja", antwortete Mike geistesabwesend. Er konzentrierte sich auf seine Karten.
    Der Bankhalter rief über den Tisch: "Wie viele?"
    Mike sagte leise: "Zwei."
    Die beiden Karten flogen über den Tisch. Er griff hastig danach und sah sie an. Ein ärgerlicher Seufzer drang über seine Lippen. "Ich passe", sagte er, warf seine Karten auf den Tisch und drehte sich zu mir um. Die andern deckten ihre Karten rasch auf, und der Bankhalter strich den Einsatz ein. "Willst du mitspielen, Danny?" fragte er freundlich.
    "Nein, danke." Ich schüttelte den

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