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Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
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gehen!
    Franz von Werra erhob sich und ging im Schalterraum auf und ab. Plötzlich sah er sein Gesicht in einem Spiegel und erschrak. Wie verkommen er aussah! Er hatte zwar erst gestern sein Haar gewaschen, aber davon war nicht mehr viel zu merken. Es war zerzaust und zeigte ebenso wie sein Gesicht Streifen von Schmutz aus dem Tunnel. Die Uniform voller Erde und Kletten.
    »Kann ich mich irgendwo waschen?« fragte er den Beamten. »Hab' mich scheint's ziemlich verdreckt, als ich aus der Wellington kletterte.«
    Sam Eaton, der im Augenblick ausreichend mit seinem Kartenverkauf zu tun hatte, wies kurz über seine Schulter auf den Waschraum. »Seife und Handtuch sind da!«
    Als Werra einige Minuten später wieder auftauchte, war sein Gesicht strahlend sauber, die angefeuchteten Haare lagen glatt und ordentlich. Er setzte sich wieder auf die Kiste in der Ecke.
    Der Sturm auf den Fahrkartenschalter erreichte seinen Höhepunkt fünf Minuten vor Abfahrt des Zuges, die Fahrkartenmaschine knallte unaufhörlich. Die Fahrgäste waren zumeist Mädchen aus den Munitionsfabriken, sie trugen leuchtend bunte Tücher turbanartig ums Haar geschlungen, ihre Gesichter waren von der Kälte gerötet, der Schalterbeamte nannte die meisten beim Namen, er schien sie alle gut zu kennen. Einige waren noch halb verschlafen; andere kicherten, als sie den gutaussehenden jungen Flieger entdeckten. Was sie sagten, konnte Werra nicht verstehen, aber er kannte sich in der internationalen Sprache der Männer aus: lächelnd kniff er dann und wann ein Auge zu und grinste vergnügt »good morning!«, wenn ihn ein Mädchen ansah. Sam Eaton sah sich nach ihm um, und nun lächelte auch er, der gute Kontakt zwischen seinem Besucher und den Mädchen vor dem Schalter schien sein Misstrauen zu besänftigen.
    Auf dem Bahnsteig stampften sich die Fahrgäste die Füße warm und schoben die Hände tief in die Manteltaschen. In der Nähe schlug irgendwo eine Klingel an. Im Signalstand am Ende des Bahnsteigs schnappten die Stellhebel ein, und die Signaldrähte neben den Schienen begannen zu zittern und zu summen. Sam Eaton verkaufte immer noch Karten, als der Zug bereits einfuhr.
    Dann knallten Türen. Die Pfeife des Schaffners schrillte, und der Frühzug nach Nottingham verließ die Station.
    Endlich! Der Dienstmann kam wieder herein, zitternd vor Frost.
    »Junge, das beißt vielleicht in der Nase!«
    Er hatte schon vorher einen rußigen Kessel über das Feuer gehängt, das gerade anfing, den Raum etwas zu erwärmen. Das Wasser brodelte schon, der Dienstmann kramte eine Teekanne und einen Emaillebecher hervor, stellte sie auf den kleinen Tisch und schob Werras Zeitung, Handschuhe und Zigaretten beiseite.
    Die Stimmung im Dienstzimmer von Codnor Park Station wurde gemütlicher. Nun, da der Frühzug abgefertigt war und der nächste nicht vor 7.05 Uhr zu erwarten sein würde, konnte Sam Eaton sich seinem ›Holländer‹ etwas mehr widmen. Er schob seinen Armstuhl herum, setzte sich Werra gegenüber und faltete die Hände über der Weste. Die Wärme des Ofens kroch wohlig um seine Beine, der Tee duftete verlockend, und der Beamte begann aufzutauen. Er hatte die Polizei ja verständigt; was konnte man mehr von ihm erwarten? Die Gewehre und das Geld beunruhigten ihn nicht mehr. Er war mit dem Dienstmann zu zweit, und der fremde Flieger aus Holland sah jetzt, nachdem er sich gewaschen, gekämmt und abgebürstet hatte, gar nicht mehr so unsympathisch aus. »Eigentlich ein Lausbub«, dachte Sam Eaton, »dem Alter nach könnte ich leicht sein Vater sein.« Zuzutrauen war dem Jungen die Geschichte schon, wie er so dasaß in seinem Fliegerdreß, einer von den Teufelskerlen, die die Schlacht um England schlugen und die sie gewinnen würden, während er, Sam Eaton, Fahrkarten verkaufte. Er hatte keinen Grund, unzufrieden zu sein, wenn er auch manchmal fluchte über den Weg von Langley Mill nach Codnor Park, jeden Morgen anderthalb Stunden in der Kälte über den Bahndamm. Er hätte zum Beispiel nicht nachts nach Dänemark fliegen und Bomben werfen wollen – mitten im Flakfeuer der Nazis. Und dabei war der Junge noch obendrein ein Holländer, der freiwillig auf die Insel geflohen war, um gegen die Deutschen zu kämpfen! Und er hatte ihn wie einen Spion behandelt. Es tat ihm schon leid, daß er nicht gleich die RAF angerufen hatte, am Ende hatte der Flieger durch ihn noch Unannehmlichkeiten, er sah auch direkt ein bißchen deprimiert und hilfsbedürftig aus.
    ***
    Derweil dachte

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