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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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W inchesters ausgestreckte Hand.
    Winchesters Erwähnung von Hattie Benson veranlasste Monk, unverzüglich zur Klinik in der Portpool Lane zu eilen, um sich zu vergewissern, dass sie immer noch gesund und in Sicherheit war und ihre Tapferkeit nicht nachgelassen hatte.
    Ein missmutiger Squeaky Robinson empfing Monk.
    »Sie is’ nich’ da«, sagte Squeaky tonlos.
    Monks Magen sackte nach unten, und plötzlich hatte er Mühe zu atmen. »Was ist passiert? Wo ist sie?«
    »Sie müssen mich ja nich’ gleich anschauen, als ob ich sie geschlagen hätte!«, beschwerte sich Squeaky. »Sie is’ bloß kurz weggegangen, um Zeug für Operationen zu kaufen. Keine Ahnung, wohin genau. Sie hat gesagt, dass sie suchen muss. Hatte von ’nem Arzt gehört, der alte Sachen verkauft.«
    »Ich suche nicht Hester!« Monk atmete erleichtert auf. »Ich brauche die junge Frau, die ich vor ungefähr einer Woche hierhergebracht habe. Wo ist sie?«
    Squeaky musterte Monk von oben bis unten, seine glänzenden Lederstiefel, seinen eleganten Mantel, der an den Schultern nass war, und seufzte schließlich. »In der Waschküche unten. Reinigt die Bettwäsche, wie es ihre Aufgabe is’. Aber ich hol sie nich’ rauf. Da müssen Sie schon selber runtergehen und zusehen, dass Sie sie finden!« Damit wandte er sich wieder seinen Zahlen zu, und Monk war vergessen.
    Monk dankte ihm, vielleicht eine Spur zu sarkastisch, und eilte durch den schmalen Durchgang und dann zwei Treppen hinunter zur Küche und weiter zum Waschraum. Dort rührte eine magere junge Frau mit einem Holzstab Betttücher in einem gewaltigen Kupferkessel herum. Aus der Lauge stiegen Dampfwolken empor, die die Luft im Raum heiß und stickig machten.
    »Wo ist Hattie?«, fragte Monk.
    »Weiß nich’«, antwortete die Frau, ohne sich zu ihm umzudrehen.
    Monk trat einen Schritt näher. Sein Ton wurde scharf. »Das genügt nicht! Wenn Sie hierbleiben und versorgt werden wollen, sagen Sie mir auf der Stelle, wo sie ist!«
    Die Frau hörte auf, in der Lauge zu rühren, und ließ den langen Stab auf den Boden fallen. Empört drehte sie sich um und starrte ihn an. Ihr strähniges Haar war feucht und ihre Haut gerötet. »Ich weiß nich’, wo sie is’. Da können Sie mich nennen, was Sie wollen, ich weiß es trotzdem nich’. Sie hätte hier sein sollen, weil sie an der Reihe war mit der Arbeit, aber sie is’ einfach nich’ aufgekreuzt! Wenn Sie sie brauchen, dann müssen Sie sie, verdammt noch mal, suchen!«
    Monk wirbelte auf dem Absatz herum, ließ sie stehen und lief den Korridor hinunter. In der Spülküche traf er auf eine junge Frau mit rotem Gesicht, die gerade Kartoffeln schälte. Der beißende Geruch von rohen Zwiebeln stieg ihm in die Nase, und tatsächlich hingen ganze Ketten davon von den Deckenbalken.
    »Haben Sie Hattie Benson gesehen?«, fragte Monk die Frau.
    Sie fuhr erschrocken zu ihm herum. Mit einem Fremden hatte sie nicht gerechnet. »Nein, ich hab sie seit … ich weiß nich’ … gestern nich’ mehr gesehen. Haben Sie’s schon in der Waschküche probiert? Dort is’ sie normalerweise.«
    »Habe ich. Wo noch?« Nur mit Mühe bezähmte er die in ihm hochsteigende Angst. Sein Herz hämmerte, sein Atem ging stoßweise. Seine Sorge war doch wirklich lächerlich! Wahrscheinlich machte sie gerade die Betten, wickelte Verbände auf oder verrichtete irgendeine andere von den Aufgaben, die sie hier in der Klinik erledigen konnte.
    Die Frau zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
    Nutzlos, sie weiter zu bedrängen. Er suchte Hattie in dem Medikamentenlager, bei den Wäscheschränken und danach in sämtlichen Schlafzimmern, einem nach dem anderen. Dabei arbeitete er sich vom hinteren Ende der drei Häuser, die durch ein Labyrinth von Gängen und Durchgangszimmern miteinander verbunden waren, bis nach vorne durch. Nirgends traf er Hattie Benson an oder irgendeine Frau, die sie in den letzten drei, dreieinhalb und am Ende fast vier Stunden gesehen hatte. Er war inzwischen der Panik nahe.
    Hester war nicht im Haus, Margaret ebenso wenig. Allerdings war er sich bei Margaret nicht sicher, ob er sie gefragt hätte, selbst wenn sie erreichbar gewesen wäre. Er tat das Nächstbeste und suchte Claudine.
    Er fand sie im Medikamentenzimmer. Sie wurde als Pflegekraft immer tüchtiger. Hester hatte sie schon immer als intelligent und – wichtiger noch – als an ihrer Aufgabe überaus interessiert bezeichnet. Ihre lange unglückliche Ehe hatte an ihrem Glauben an sich selbst bis

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