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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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war, obwohl er jedes einzelne Wort und mehr noch die Bilder, die er heraufbeschwor, hasste wie die Pest.
    Jetzt war alles Heitere aus Winchesters Gesicht gewichen, und er sah regelrecht zerschlagen aus. In ihm schien ein förmlich mit Händen zu greifender Zorn aufzusteigen. »Ich werde jeden als Zeugen laden, von dessen Aussage ich mir etwas verspreche«, stieß er entschlossen hervor. »Ich kann niemandem Schonung versprechen. Hoffentlich haben Sie keine Garantien abgegeben, denn ich werde sie nicht halten.«
    »Das habe ich nicht.«
    »Auch nicht Ihrer Frau gegenüber? Oder Margaret Rathbone?«
    »Niemandem.«
    »Cardew? Sind Sie bereit, Cardew zu kreuzigen, wenn es sich nicht vermeiden lässt?«
    Wortlos reichte ihm Monk eine Abschrift der Namensliste, die ihm Rupert gegeben hatte. Darauf stand auch Tadley mitsamt einer Notiz über seinen Selbstmord.
    Winchester überflog sie mit zusammengepressten und vor Abscheu verzogenen Lippen. »Danke. Das wird nicht leicht gewesen sein.«
    »Auch ich habe nicht vor, irgendjemanden zu schonen«, versprach Monk.
    »Passen Sie um der Liebe des Himmels willen gut auf Hattie Benson auf!«, beschwor Winchester ihn. »Sie ist das Einzige, was die Kerle daran hindert, alle Schuld auf Cardew zu schieben. Nur noch eine Frage: Sind Sie wirklich sicher, dass es Ballinger war? Könnte es nicht ein Rivale gewesen sein? Pure Gier seitens Tosh Wilkins zum Beispiel? Der Kerl ist ja ein besonders widerwärtiges Exemplar.«
    Monk merkte, dass Winchester ihn mit Adleraugen beobachtete. Wieder fiel ihm siedend heiß seine Niederlage im Prozess gegen Jericho Phillips ein und wie sehr er sich geschämt, wie nackt er sich gefühlt hatte, als der ganze Gerichtssaal ihn anstarrte und sein Versagen, seine Fehler für alle offen lagen.
    »Nein, sicher bin ich mir nicht«, gestand Monk. »Ich glaube, dass es Ballinger war, weil Sullivan ihn unmittelbar vor seinem Tod beschuldigte. Es muss jemand von Ballingers gesellschaftlichem Rang sein, um die Schwäche von Männern wie Sullivan erkennen, sie befriedigen und noch weiter anstacheln zu können, bis alles außer Kontrolle geriet und er sie deswegen erpresste. Tosh Wilkin hat nicht die Fantasie oder die nötigen Verbindungen, um so etwas zu erreichen. Und selbst wenn er derjenige war, der die Erpressungsgelder kassierte, bezweifle ich, dass er die nötige Selbstdisziplin hätte, sie nicht gleich für sich auszugeben. Und das ist nicht geschehen.«
    »Aber er hätte doch Parfitt in Ballingers Auftrag ermorden können«, beharrte Winchester.
    »Das wäre möglich. Ich glaube aber nicht, dass Ballinger, ein Meister der Erpressung, sich der Macht eines Menschen wie Tosh ausliefern würde, der garantiert Gebrauch davon machen würde.«
    Winchester legte seine langen Finger auf die Liste, die Monk ihm gegeben hatte. »Und einer dieser Männer? Parfitts Tod muss ihnen doch sehr zupassgekommen sein. Die Aussicht auf das Ende einer Erpressung ist schon für so manchen Mord das Motiv gewesen. Begründete Zweifel – mehr als begründet.«
    »Man beißt nicht die Hand, die die eigene Sucht füttert«, entgegnete Monk. »Dann müsste man sich ja einen neuen Lieferanten suchen, und wo würde man das tun?«
    Winchester nickte bedächtig. »Hoffentlich haben Sie recht, Monk. Und glauben Sie bloß nicht, dass Ballinger Sie nicht auf jede erdenkliche Weise angreifen wird. Kampflos wird er nicht untergehen. Rathbone wird mit Zähnen und Klauen für ihn streiten, und ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass er ungemein raffiniert ist und viel unbarmherziger, als man das bei seiner charmanten Art vermuten würde.«
    »Ich weiß.«
    »Und ob Sie das wissen! Sehen Sie zu, dass Sie das nie vergessen, nur weil Sie von Ballingers Schuld überzeugt sind und deshalb glauben, für eine gerechte Sache zu kämpfen.«
    Monk blickte in das eigenartige Gesicht mit der langen Nase und fragte sich, ob Ballinger bereits zu kämpfen begonnen hatte und Winchester das wusste.
    »Man wird Sie persönlich angreifen«, warnte Winchester. »Ihr Ruf – vielleicht auch der Ihrer Frau – wird auf dem Spiel stehen.«
    Monk spürte, wie seine Muskeln verkrampften. »Ich weiß.«
    »Sind Sie darauf vorbereitet? Er wird Ihre Frau in den Zeugenstand rufen und einen Bezug zu Rupert Cardew herstellen.«
    »Ja. Diesmal wird sie vorbereitet sein.«
    Winchester reichte ihm die Hand. »Dann kriegen wir ihn, Mr Monk – deo volente.«
    Monk erhob sich. »Ja – so Gott will«, wiederholte er und ergrif f

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