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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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zu tun hattest?«, fragte er, jedes Wort betonend.
    Arthur Ballinger zögerte. Er schaute auf seine mächtigen Hände, dann stellte er sich wieder Rathbones Blick. »Sullivan hat mich dazu erpresst, seine Interessen zu vertreten«, sagte er leise. »Nicht mit irgendetwas, das ich getan habe, sondern mit Cardew. Ihm zu helfen war der Preis, den er dafür verlangte, dass er Cardew aus der Sache heraushielt.«
    Rathbone verschlug es die Sprache.
    Ballinger starrte ihn weiter an. Er wartete.
    »Cardew?«, ächzte Rathbone schließlich. »Du warst bereit, dich auf diesen Schmutz einzulassen, um Cardew zu retten?«
    Ballingers Züge wurden weicher, seine angespannten Schultern lockerten sich, und er brachte fast ein Lächeln zustande. »Ich bewundere ihn aus tiefstem Herzen, und das schon seit Langem.«
    »Er hatte sich mit Phillips eingelassen, und du hast ihn bewundert?«, rief Rathbone mit vor Abscheu und Fassungslosigkeit bebender Stimme.
    »Menschenskind, Rupert steckte mit Phillips unter einer Decke!«, entgegnete Ballinger in schneidendem Ton. »Es ist sein Vater, den ich bewunderte! Und er tat mir entsetzlich leid. Du hast noch keine Kinder, Oliver. Da hast du noch keinen Begriff davon, wie tief die Liebe zum eigenen Kind sein kann, egal, wie es sich verhält, egal, was für schlimme Sachen es anstellt. Man liebt immer noch, man vergibt immer noch, man kann es einfach nicht fallenlassen oder die Hoffnung aufgeben, dass es sich irgendwie ändert und wenigstens ein bisschen zu dem wird, was man sich wünscht.«
    Rathbone war restlos verwirrt. War das wirklich möglich?
    Ballinger beugte sich über den Tisch. »Ich habe mein Möglichstes getan, um Sullivan zu retten, allein schon um seiner selbst willen. Eigentlich hätte es mich nicht wundern sollen, dass er sich das Leben genommen hat, aber leider muss ich zugeben, dass ich es nicht kommen sah, sonst hätte ich das vielleicht noch verhindern können. Oder vielleicht auch nicht. Er hatte alles verloren. Da war der Tod der einzige Ausweg. Gott sei Dank hat er wenigstens die Beweise mitgenommen, die sonst auch noch Rupert Cardew ruiniert hätten.«
    »Mitgenommen?«, wiederholte Rathbone betäubt.
    »Mit ins Vergessen«, erklärte Ballinger. »Ich glaube nicht, dass er sie buchstäblich … in der Tasche hatte. Es war seine einzige halbwegs anständige Tat. Armer Teufel.«
    »Aber er hat dich beschuldigt.«
    »Das ist richtig. Halbwegs anständig, aber nicht durch und durch.« Ballinger ergriff Rathbones Hand. »Aber vor Gricht werde ich das nicht wiederholen, Oliver. Es muss mir gelingen, meinen guten Ruf wiederherzustellen, ohne Cardew zu zerstören. Rupert kann vielleicht keiner retten, aber bitte halte seinen Vater da raus.«
    »Inwieweit ist sein Vater denn darin verwickelt?« Es fiel Rathbone schwer, die Worte auszusprechen. Dieses Gespräch hatte ihn einiger Illusionen beraubt, und das war schmerzhafter, als er erwartet hatte. Lord Cardew kannte er nur dem Ruf nach, den er sich für seinen Kreuzzug gegen industrielle Verschmutzung erworben hatte. Offenbar hatte er einen Weg gefunden, Lord Justice Garslake, einen der höchsten Richter des Landes, dazu zu bewegen, seine Haltung zu ändern. Wie ihm das gelungen war, das wusste allein der Himmel! Rathbone selbst hatte nur diese eine hochemotionale Begegnung mit ihm gehabt, als sie über die drohende Gefahr für Rupert gesprochen hatten. Dass der Lord irgendetwas mit Parfitt oder Phillips zu tun gehabt haben sollte, konnte er sich schlicht nicht vorstellen, es sei denn, er wäre durch Betrug in diese Sache hineingeraten. Dann hätte Monk gewiss kein Interesse daran, gegen ihn zu ermitteln.
    »Du brauchst das nicht zu wissen«, sagte Ballinger leise. »Lass dem Mann ein bisschen Würde, Oliver. Und wenn möglich, halte seinen Namen aus dem Gerichtsverfahren heraus. Du kannst mich gegen diese Beschuldigungen verteidigen, ohne Phillips, Sullivan oder irgendeinen von denjenigen zu erwähnen, die von Sullivan in den Abgrund mitgerissen wurden. Ich habe Parfitt nicht umgebracht, noch weiß ich, wer es gewesen sein könnte oder aus welchem Grund. Dieser Mann war die Verkörperung des Abschaums und muss Dutzende von Feinden gehabt haben. Wenn du den Schuldigen nicht finden kannst, dann führ den Geschworenen wenigstens vor Augen, was für eine Persönlichkeit er war. Aber ruiniere dabei nicht Cardew … bitte.«
    Rathbone fühlte sich, als wäre alle Gewissheit unter seinen Händen zerbröselt. Jetzt hatte er ein Dutzend

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